Sonntag, 22. August 2010

BGH zur Abänderung eines Versäumnisurteils über Kindesunterhalt

Wer (ohne Gegenwehr) ein Versäumnisurteil gegen sich ergehen lässt, mit dem er, weil sein Einkommen zu hoch eingeschätzt wurde, zu überhöhten Unterhaltszahlungen verurteilt wird, bekommt später Schwierigkeiten, dieses Urteil abändern zu lassen. Denn Grundlage für die Abänderung ist nicht das zu hoch eingeschätzte Einkommen, auf dem das damalige Urteil basiert, sondern dasjenige, was der Unterhaltszahler seinerzeit tatsächlich hatte. Das hat der BGH jetzt entschieden.

Ein Unterhaltsurteil kann grundsätzlich nur abgeändert werden, wenn nach Schluss der Tatsachenverhandlung des Verfahrens, in dem dieses Urteil erging, neue Tatsachen entstanden sind, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse ergibt und die auch durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden konnten, § 323 ZPO bzw. § 238 FamFG.
Im Urteil vom 12.5.2010,Az. XII ZR 98/08 = NJW 2010,2437 hat der BGH festgestellt: Ein Versäumnisurteil stützt sich auf Tatsachen, die nur eine der beiden Prozessparteien behauptet und die die andere stillschweigend eingestanden hat, weil sie sich nicht wehrte. Die dem Urteil zu Grunde liegenden Tatsachen müssen aber nicht unbedingt der Realität entsprechen. Wenn es aber daran geht, das Urteil abzuändern, dann ist nur das maßgeblich, was damals wirklich "Sache war",
Im zu entscheidenden Fall waren im ursprünglichen Prozess die Einkünfte des Unterhaltszählers mit monatlich Euro 2255 beziffert worden. Tatsächlich betrug sein durchschnittliches Nettoeinkommen im relevanten Zeitpunkt (Ende der Einspruchsfrist) nur noch Euro 1524. Derzeit beträgt sein Einkommen monatlich Euro 1560.
Fazit: der Unterhaltszahler verdient zwar wesentlich weniger als im Unterhaltsurteil angenommen, aber immer noch mehr als er damals tatsächlich hatte. Deshalb kann er das Urteil nicht abändern lassen.

Quick-Info zum Urteil (zum Vergrößern anklicken):


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Fokus-Familienrecht-Kommentar zum Urteil