Donnerstag, 30. Juni 2011

OLG Hamm: Manchmal zahlt man im Knast mehr Unterhalt als draußen

Er war Vater einer nichtehelichen Tochter und hatte eine Erwerbsunfähigkeitsrente von 736,99 €. Ein wenig verdiente er noch dazu, war aber an sich nicht leistungsfähig für den Kindesunterhalt. Jetzt musste er hinter schwedische Gardinen, und damit änderte sich die Sachlage, so das OLG Hamm:

Denn nun sei der Selbstbehalt des Rentners zu kürzen. Er beträgt einem minderjährigen Kind gegenüber bei einem Erwerbstätigen 950,00 € und bei einem Nichterwerbstätigen 770,00 €. Weil unser Rentner draußen nur sehr wenig nebenher gearbeitet hatte und sein Verdienst im Knast auch nicht gerade üppig war, behandelte ihn das OLG Hamm ( II-2 UF 55/10 = FamRZ 2011, 732) nicht als Voll-Erwerbstätigen, sonden nahm einen Mittelwert von Euro 835,00 als Selbstbehalt an.
In diesem Selbstbehalt sind jedoch Kosten für die Warmmiete (mit 360,00 €) und Kosten für Verpflegung enthalten. Da unser Rentner ja nun auf Staatskosten untergebracht und verpflegt wurde, verminderte sich laut OLG Hamm der Selbstbehalt entsprechend. Das OLG bezifferte die Einsparung bei der Verpflegung auf 200,00 € und zog damit insgesamt Euro 560,00 vom Selbstbehalt ab. Der Restbetrag von 275,00 € sei für einen Inhaftierten bei lebensnaher Betrachtungsweise zur Befriedigung aller notwendigen Ausgaben selbst dann ausreichend, auch wenn er "sämtliche Getränke auf eigene Rechnung beschaffen muss und im Hinblick auf seine Ernährung auf ergänzende Verpflegung angewiesen ist".

Wegen des geringen Selbstbehalts war er nun für den Unterhalt seiner minderjährigen Tochter für den Zeitraum seiner Inhaftierung leistungsfähig.

Fazit: Mütter, die darüber klagen, dass der Vater nicht zahlen könne, weil er im Knast sei, muss man fragen, ob der Vater bereits eine Rente bezieht. Ist das der Fall, kann sich ein Unterhaltsprozess trotzdem lohnen.

(C) Foto Peter Reinäcker auf www.pixelio.de