Donnerstag, 14. Juli 2011

Unterhalt für Minderjährige - BGH: Nicht immer muss "der letzte Groschen" eingesetzt werden.

Wer minderjährigen Kindern Unterhalt zahlt, haftet verschärft, salopp gesagt: mit dem vorletzten Hemd. Er muss alles tun, um wenigstens den Mindestunterhalt nach Düsseldorfer Tabelle herzubringen: Zusatzjob, Nachtarbeit, Umzug für eine bessere Arbeit etc. pp.
Das gilt aber nicht ausnahmslos, wie der BGH (Urteil vom 04.05.2011, Az. XII ZR 70/09 = FamRZ 2011, 1041, 1044, Rz. 39) jetzt noch einmal betont hat.
Die verschärfte Erwerbspflicht nach § 1603 II BGB tritt nach III dieser Vorschrift nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist: vor allem auch der betreuende Elternteil.
Das gilt nach dem BGH in den Fällen in denen

  • beide Elternteile barunterhaltspflichtig sind, also insbesondere bei privilegiert volljährigen Kindern oder beim Wechselmodell
  • beide Elternteile für regelmäßigen Mehrbedarf des Kindes, z.B. den Kindergartenbeitrag haften.
Sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des betreuenden Elternteils deutlich günstiger als die des anderen Elternteils, kann dann die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils entfallen oder sich ermäßigen, wenn er zur Unterhaltszahlung nicht ohne Beeinträchtigung seines eigenen angemessenen Unterhalt in der Lage wäre, während der andere Elternteil neben der Betreuung des Kindes auch dern Barunterhalt leisten könnte, ohne dass dadurch sei eigener angemessener Unterhalt gefährdet würde.
In solchen Fällen entfällt aber lediglich die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 II  BGB, also die Beschränkung auf den notwendigen Selbstbehalt. Maßgeblich ist dann der angemessene Selbstbehalt. Übersteigen die Einkünften des nicht betreuenden Ehegatten auch den angemessenen Selbstbehalt, ist er aus dem überschießenden Betrag natürlich unterhaltspflichtig.

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