Dienstag, 30. August 2011

Ehegattenunterhalt - OLG Brandenburg: Ein während der Trennungszeit geborenes nicht eheliches Kind prägt die ehelichen Lebensverhältnisse

Im Januar diesen Jahres hat das Verfassungsgericht die Drittelmethode des BGH kassiert, und seitdem warten alle gespannt darauf, wie der BGH es nun mit der Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel zwischen alter und neuer Ehefrau halten wird. Veröffentlichte OLG-Entscheidungen zu diesem Thema gibt es aktuell nicht. Offenbar halten alle ihre Verfahren an und warten auf die Patentlösung aus Karlsruhe.
Nun sind wir schon mitten in den Sommerferien, und sie ist immer noch nicht da, die Patentlösung - und ich befürchte, dass der BGH genau dann mit seiner Entscheidung überkommen wird, wenn ich im September auf Hochzeitsreise bin :-)).
Was besonders peinlich wäre, da ich genau zwei Tage nach Rückkehr einen § 15-FAO-Vortrag vor Kollegen zur aktuellen Rechtsprechung des BGH halten darf. Aber es steht zu hoffen, dass es auch in Irland ein Internet gibt; jedenfalls bin ich auf der Suche nach einer günstigen Auslands-Flatrate.

Immerhin hat  das OLG Brandenburg noch einmal zum Thema "Eheliche Lebensverhältnisse" nach § 1578 BGB Stellung genommen. Das Verfassungsgericht hatte festgestellt, dass der Gesetzgeber die Vorschrift weder abgeschafft noch geändert hat (was auch jeder andere durch einen Blick ins Gesetz hätte feststellen können). Das OLG ging nun davon aus, dass diese Vorschrift nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts inklusive Stichtagsprinzip wieder konsequent anzuwenden sei.
In seinem Urteil vom 22.03.2011, Az. 10 UF 85/09 , dort Rz. 79 ff = FamRZ 2011, 1301 kam es zu dem Ergebnis, dass alles, was bis zum Stichtag, also der Rechtskraft der Scheidung passiert, die ehelichen Lebensverhältnisse prägt. Und das bedeutet nichts anderes, als dass auch die Unterhaltsbelastung prägt, die dadurch entsteht, dass während der Trennungszeit ein nichteheliches Kind geboren wird.

Selbst wenn man also den Bedarf der Ehefrau streng nach dem Stichtagsprinzip errechnet, ist in einem solchen Fall das nichteheliche Kind mitzuberücksichtigen.

Frage: Zu einem nichtehelichen Kind gehört im Normalfall immer auch eine nichteheliche Mutter. Aus der Entscheidung des OLG Brandenburg ist nicht zu ersehen, ob der Unterhaltsverpflichtete auch Mutterunterhalt zahlen muss. Dieser wäre dann ebenfalls während der Trennungszeit fällig geworden. Und prägt der dann nicht auch...?
Früher war das kein Thema, weil es Mutterunterhalt im heutigem Umfang nicht gab und die alte Rangfolge für den Mangelfall die nichteheliche Mutter unter "Ferner-Liefen" eingruppierte. Aber das ist jetzt anders, und damit haben wir, wenn der BGH ebenfalls zu einer konsequenten Anwendung des Stichtagsprinzip zurückfindet, hier eine höchst interessante Baustelle: Sollte der Scheidungsanwalt den Unterhaltspflichtigen, der einträchtig Händchen haltend mit seiner neuen Freundin auf der anderen Seite des Schreibtischs sitzt, nun darüber aufklären müssen, dass im Falle neuerlicher Eheschließung die "Neue" zwar wegen fehlender Drittelung nicht ordentlich an seinem Salär beteiligt wird, man dem aber zumindest teilweise abhelfen kann, wenn man sich in der neuen Beziehung so frühzeitig zu einem Kind entschließt, dass dieses noch vor Rechtskraft der angestrebten Scheidung das Licht der Welt erblickt?
Interessante Frage...

(C) Foto Joachim Berga auf www.pixelio.de