Montag, 10. Oktober 2011

Voll arbeiten, sobald das Kind drei Jahre alt ist - die nicht auszurottende Falschmeldung!

Irgendwie ist es aus den Köpfen nicht herauszubekommen. Alle sind der Meinung, dass Elternteile, die ein Kind erziehen, zwingend wieder ganztags arbeiten müssen, wenn das Kind drei Jahre alt wird. In der aktuellen NJW-Spezial (2011, 612) wird das schon in den aktuellen Medien seinerzeit falsch verstandene Urteil des BGH vom 15.6.11 wiederum mit dem den Sachverhalt extrem verkürzenden Titel "Vollzeiterwerbstätigkeit ab dem vierten Lebensjahr des Kindes" präsentiert. Und gerade eben lese ich auf der zur ZDF-Sendung "heute" gehörigen Website einen Artikel mit der Überschrift "Alleinerziehende genießen keine Sonderstatus", in dem ebenfalls - erstaunlicherweise von einem Leiter eines Zentrum für Alleinerziehende, der es wirklich besser wissen müsste - wie selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass ab dem 3. Lebensjahr des Kindes für den erziehenden Elternteil eine Vollerwerbspflicht besteht.

Man kann es nicht oft genug betonen, dass das nicht stimmt! Nochmals kurz die Fakten ( übrigens seit dem 01.01.08 unverändert sind; auch der BGH urteilt nicht anders):
  • Bis zum vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes muss der alleinerziehende Elternteil nicht arbeiten, § 1570 I 1 BGB.
  • Danach muss er beweisen, dass er aufgrund von Umständen, die entweder in der Person des Kindes liegen oder in seiner eigenen Person, nicht voll, sondern nicht oder nur Teilzeit arbeiten kann. 
  • Und das führt dazu, dass es auch jetzt in aller Regel noch zu einem gestuften Übergang von der reinen Phase der Kindererziehung in die Erwerbstätigkeit gibt. Lediglich der betreuende Elternteil muss vortragen und ggf. beweisen, dass der Zeitpunkt für eine Vollzeit-Tätigkeit noch nicht gekommen ist.
Hier nochmal der Wortlaut der BT-Drucks. 16/6980, dort S. 9: "Die Neuregelung verlangt also keineswegs einen abrupten, übergangslosen Wechsel von der elterlichen Betreuung zu Vollzeiterwerbstätigkeit. Im Interesse des Kindeswohls wird vielmehr auch künftig ein gestufter, an den Kriterien von § 1570 Abs. 1 BGB-E orientierter Übergang möglich sein."
So wollte es der Gesetzgeber und so hält es auch der BGH. In seiner aktuellen Entscheidung ( XII ZR 94/09 ) lehnt er nur zum wiederholten Male die Anwendung eines irgendwie gearteten Altersphasenmodells ab - mehr nicht!