Dienstag, 6. März 2012

Verfahrenskostenhilfe: Bei drohendem Sorgerechtsentzug wird regelmäßig ein Anwalt beigeordnet.

Sorgerechtssachen unterliegen nicht dem Anwaltszwang, weshalb das FamFG in § 78 II eine recht hohe Hürde für die Beiordnung eines Anwalts bei Gewährung von VKH errichtet. Nach dem Wortlaut des Gesetzes müssen sowohl die Sachlage als auch die Rechtslage schwierig sein, damit das Gericht einen Anwalt beiordnen kann, etwas, das ganz selten vorkommt.
Die Vorschrift, die die Rechte minderbemittelter Rechtssuchender erheblich verkürzt, wurde seinerzeit aus fiskalischen Gründen auf Drängen der Bundesländer in das Gesetz mit aufgenommen.
Diesem Sparzwang auf Kosten der Rechtsstaatlichkeit hatte schon 2010 der BGH (FamRZ 2010, 1427, wir berichteten hier) drastische Grenzen gesetzt, in dem er postulierte, das Gesetz sei so auszulegen, dass nur entweder die Sach- oder die Rechtslage schwierig sein müsse. Ferner muss jedem "Armen" in den Fällen immer ein Anwalt beigeordnet werden, in denen ein "Reicher" sich vernünftiger der Hilfe eines Advokaten bedient hätte.
Dem ist nun das OLG Saarbrücken ein weiteres Mal gefolgt. Im Beschluss vom 10.02.2012, Az. 6 WF 8/12 = BeckRS 2012, 04926 hält es fest, dass wenn ein Sorgerechtsentzug nach § 1666 BGB droht, dem Elternteil, in dessen (Grund!-)Rechte eingegriffen werden soll, schon im Anhörungstermin nach § 157 FamFG ein Anwalt beizuordnen ist.

Die Entscheidung setzt sich mit der gesamten Rechtslage dezidiert und gründlich auseinander und stellt für alle, die in FG-Sachen eine Beiordnung erreichen wollen und vom Richter den § 78 II FamFG entgegengehalten bekommen, eine gute Argumentationshilfe dar. 

Fokus-Familienrecht Schnell-Info zum Urteil (zum Vergrößern Anklicken):