Montag, 22. April 2013

BGH zur Änderung des § 1578 b BGB: Allein die lange Ehedauer garantiert nach wie vor nicht den ewigen Unterhalt

Mit Wirkung zum 1.3.2013 hat der Gesetzgeber den § 1578b BGB abgeändert. Bei der Begrenzung von Ehegatten-Unterhaltsansprüchen ist nun auch die lange Dauer der Ehe besonders zu berücksichtigen. Im Zusammenhang mit dieser Gesetzesänderung war vielfach darüber spekuliert worden, dass nun eventuell allein eine lange Dauer der Ehe für sich gesehen schon die Begrenzung des Unterhalts hindern kann. Mit anderen Worten: wenn ich erst einmal 15 Jahre verheiratet bin, kann mir niemand mehr den Unterhalt streitig machen, egal wie ich wirtschaftlich sonst aufgestellt bin.

Dem hat sich der BGH jetzt widersetzt,  XII ZR 72/11 v. 20.03.2013. Er hat darauf hingewiesen, dass allein die lange Dauer der Ehe noch nicht ausreicht, ewigen Unterhalt zu garantieren. Hinzukommen müssen entweder ehebedingter Nachteile oder andere Gesichtspunkte, aus denen eine fort geltende nacheheliche Solidarität abgeleitet werden kann. In diesem Zusammenhang hat er ausdrücklich auf Folgendes hingewiesen:

1. Zu seiner bisherigen Rechtsprechung:
" Der Senat hat mehrfach betont, dass auch dann, wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet ist. Es ist Aufgabe des Tatrichters, bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen. In solchen Fällen, in denen die fortwirkende nacheheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, gewinnt die Ehedauer durch die wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch den Verzicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder wegen der Haushaltsführung eingetreten ist. Schon dieser Gesichtspunkt kann in Fällen, in denen keine ehebedingten Nachteile vorliegen, aus Billigkeitsgründen gegen eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts sprechen (vgl. Senatsurteile vom 11. August 2010 XII ZR 102/09 FamRZ 2010, 1637 Rn. 48 und vom 6. Oktober 2010 XII ZR 202/08 FamRZ 2010, 1971 Rn. 33)."
2. Zur Gesetzesänderung:
"Die vorgenannten, von der Rechtsprechung des Senats entwickelten Grundsätze erfahren auch durch die am 1. März 2013 in Kraft getretene Neufassung des § 1578 b Abs. 1 BGB...keine grundlegenden Änderungen. In der  des § 1578 b Abs. 1 BGB eine (lediglich) klarstellende Funktion erfüllt, um einer dem Willen des Gesetzgebers der Unterhaltsrechtsreform 2008 nicht entsprechenden und auch vom Bundesgerichtshof missbilligten Praxis entgegenzuwirken, beim Fehlen ehebedingter Nachteile automatisch zu einer Begrenzung des Unterhaltsanspruches zu gelangen, ohne bei der Billigkeitsabwägung die sonstigen Umstände des Einzelfalls, darunter insbesondere die lange Ehedauer, zu berücksichtigen (BT-Drucks. 17/11885 S. 5 f.). Aus der Begründung des Gesetzes ergibt sich demgegenüber nicht, dass dem Begriff der "Dauer der Ehe" durch die Aufnahme als selbständiges Billigkeitskriterium in § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB ein anderer Inhalt hätte verliehen werden sollen und der Gesetzgeber den Begriff der Ehedauer abweichend von der in der Gesetzesbegründung ausdrücklich in Bezug genommenen Senatsrechtsprechung zur Berücksichtigung der Ehedauer im Rahmen der nachehelichen Solidarität interpretieren wollte (ebenso Borth FamRZ 2013, 165, 167). Es bleibt daher dabei, dass die Ehedauer ihren wesentlichen Stellenwert bei der Bestimmung des Maßes der gebotenen nachehelichen Solidarität aus der Wechselwirkung mit der in der Ehe einvernehmlich praktizierten Rollenverteilung und der darauf beruhenden Verflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse gewinnt (vgl. auch Born NJW 2013, 561, 562). Weiterhin rechtfertigt eine lange Ehedauer für sich genommen insbesondere dann keinen fortdauernden Unterhalt nach den die eigene Lebensstellung übersteigenden ehelichen Lebensverhältnissen, wenn beide Ehegatten während der Ehe vollschichtig berufstätig waren und die Einkommensdifferenz lediglich auf ein unterschiedliches Qualifikationsniveau zurückzuführen ist, das bereits zu Beginn der Ehe vorlag (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 XII ZR 202/08 FamRZ 2010, 1971 Rn. 21).

Die neue Rechtslage in der Übersicht: