Freitag, 23. August 2013

Anrecht beim Versorgungsausgleich vergessen? BGH: keine Korrektur mehr möglich.

Viel öfter als man es wahrhaben will, werden bei der Scheidung im Versorgungsausgleich nicht alle Rentenansprüche erfasst, sei es, dass sich einer der Beteiligten nicht im Klaren darüber ist, welche Ansprüche er eigentlich hat, sei es, dass er einen Teil seiner Ansprüche bei seiner Auskunft einfach unterschlägt.
So ging es einer Ehefrau, die 2007 rechtskräftig geschieden wurde. 2009 starb dann ihr Mann, und im Zuge der Nachlass-Abwicklung erfuhr sie, dass er nicht nur die von ihm im Scheidungsverfahren angegebenen Ansprüche auf Altersvorsorge hatte sondern noch zusätzliche Ansprüche.
Die Frau stellte deshalb bei Gericht den Antrag, den Versorgungsausgleich nach § 51 VersAusglG abzuändern. Damit stieß sie in 2 Vorinstanzen und zum Schluss auch beim BGH ( Beschluss vom 24.7.2013, Aktenzeichen XII ZB 340/11) auf taube Ohren:

Der Versorgungsausgleich können nur in Bezug auf Versorgungsansprüche korrigiert werden, in irgendeiner Form Gegenstand der Ausgangsentscheidung waren, nicht aber auf solche, in die Entscheidung nicht einbezogen waren. Insofern habe sich nämlich der Gesetzgeber in den Materialien zum Versorgungsausgleichsgesetz (BT-Drucks. 16/10144 S. 89) eindeutig geäußert:
"Die §§ 51, 52 VersAusglG ordnen ... eine „Totalrevision“ nach neuem Recht an. In diese sind aber nur diejenigen Anrechte einzubeziehen, die auch Gegenstand der abzuändernden Entscheidung waren. Anrechte, deren Einbeziehung erst das neue Recht ermöglicht, wie etwa Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung (siehe § 1 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG), bleiben außer Betracht. Sie waren nämlich im Scheidungsverfahren über den Zugewinnausgleich zu berücksichtigen; egebenenfalls liegt insoweit eine rechtskräftige Entscheidung vor. Diese kann nicht über ein Abänderungsverfahren im Versorgungsausgleich unter Anwendung des neuen Rechts ausgehöhlt werden. Ebenso wenig kann eine Versorgung, die bei der rstentscheidung übersehen wurde, nun in die Abänderung einbezogen werden, weil diese auch damals nicht Verfahrensgegenstand war."

Dem Manko sei auch mit einem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach § 20 VersausglG nicht beizukommen. Auch diese Vorschrift erfasse nicht Anrechte, die in der Ausgangsentscheidung übersehen, vergessen oder verschwiegen wurden.




Über den Versorgungsausgleich war also hier eine Korrektur nicht möglich. Und offensichtlich griffen auch die allgemeinen Möglichkeiten nicht, die einem ansonsten zu Gebote stehen: Wer nämlich im Fragebogen für den Versorgungsausgleich falsche Angaben macht, versucht und vollendet gegebenenfalls einen Prozessbetrug und kann deswegen schadensersatzpflichtig gemacht werden. Nur: Tote kann man nicht mehr bestrafen; und die Frage ist, ob bei peniblen Nachfrage bzw. entsprechenden Recherchen die Ehefrau nicht schon im Scheidungsverfahren hätte wissen müssen, dass es weitere Ansprüche gibt. Wenn ja, steht sofort die Frage der Verjährung im Raum, § 199 Ziff. 2 BGB.

Donnerstag, 22. August 2013

BGH: Aufpassen beim modifizierten Zugewinnausgleich - er kann ziemlich ungerecht sein!

Die Eheleute wünschten sich ein eigenes Haus, und die Eltern der Frau gaben das Grundstück dazu gern her. Allerdings wollten sie - hellsichtig, wie Eltern manchmal sind - nicht, dass ihr Schwiegersohn von der Schenkung profitiert. Sie schenkten das Grundstück also ihrer Tochter allein und bestanden darauf, dass die Eheleute einen Ehevertrag abschließen, in dem das Hausgrundstück beim Zugewinnausgleich unberücksichtigt bleiben sollte. Im übrigen sollte der Zugewinnausgleich aber nach den gesetzlichen Regeln stattfinden.

Anschließend zogen die Eheleute in das auf dem Grundstück stehende kleine Haus ein und bauten sogar noch einen Anbau an, der dann natürlich ebenfalls im Alleineigentum der Ehefrau stand, § 946 BGB. Und dann kam nach einiger Zeit, in der das Anwesen wesentlich an Wert gewann, die Trennung und die Scheidung daher.

Und nun hatte zwar eigentlich die Ehefrau des erheblich höhere Vermögen, denn ihr gehörten ja Haus und Grund. Die blieben aber bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs außer Betracht. Und zusätzliches weiteres Vermögen hatte sie nicht erworben. Der Ehemann hingegen hatte nicht nur Geld ins Haus gesteckt sondern auch noch einiges auf die hohe Kante gelegt - und davon musste er nun im Wege des Zugewinnausgleichs die Hälfte, genauer gesagt etwa 17.000 € abliefern. Seine Einwände, das sei angesichts des hohen Vermögens seiner Frau ungerecht und damit sittenwidrig, ließ der BGH (Az. XII ZB 143/12 v. 17.07.2013) nicht gelten:

Bei Abschluss des Ehevertrags sei es nämlich den Parteien erkennbar darauf angekommen, dass unabhängig von irgendwelchen wirtschaftlichen Entwicklungen einerseits Haus und Grund bei der Berechnung eines Zugewinnausgleichs außen vor bleiben sollten und andererseits, dass im übrigen der Zugewinnausgleich nach den üblichen Regeln stattfinden solle. Damit sei in den Vorstellungen der Ehegatten auch der jetzt eingetretene Fall enthalten; der Vertrag habe daher keine planwidrige Regelungslücke.
Und da Grundstücke es nun einmal an sich haben, im Laufe der Zeit mehr wert zu werden, sei die Entwicklung, die das Vermögen der Frau genommen habe, auch nicht unerwartet geschehen und der Zugewinnausgleich ohne Berücksichtigung von Haus und Grund auch deshalb nicht sittenwidrig. Er stelle keine einseitige Lastenverteilung dar, die zu einer Anpassung des Ehevertrags führen müsse.

Zusammengefasst: Geplant war, dass die Ehefrau dem Ehemann keinen Zugewinnausgleich zahlen muss. Nicht geplant war, dass auch der Ehemann der Ehefrau keinen Zugewinnausgleich zahlen muss; tatsächlich war diese Zahlung bei Vertragsschluss in gewisser Weise mit einkalkuliert. Und genauso kam es dann auch; und deshalb sah der BGH nicht ein, den Vertrag zu Gunsten des Ehemannes anzupassen.


Mittwoch, 21. August 2013

OLG Köln: Für ein nichteheliches Kind muss im Zweifel auch der Opa zahlen.

Es ist eine jener Geschichten, die das Leben schreibt: die nichteheliche Tochter wird im Dezember 1992 geboren. Knapp 3 Jahre später, nämlich im Juli 2001 wird der Vater zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt.
Jahre später schließt die Tochter die Hauptschule ab und besucht anschließend eine Berufsfachschule für Ernährung und Hauswirtschaft. Im Februar 2011 bricht sie diese Ausbildung jedoch ab, weil sie schwanger ist und bringt am 26.7.2011 selbst eine Tochter zur Welt. Der Kindsvater absolviert ebenfalls gerade eine Ausbildung, die erst im Jahre 2015 endet und kann daher keinen Kindesunterhalt bezahlen. Das Paar trennt sich überdies auch nochim Februar 2013.
Nun will der zwischenzeitliche Großvater aus seiner Unterhaltspflicht heraus. Seine Tochter sei nun volljährig und müsse arbeiten, notfalls Teilzeit und notfalls auch abends und an den Wochenenden. Der Kindsvater könne auf den Enkel aufpassen. Außerdem könne die Tochter ihr Kind ja in eine Betreuungseinrichtung geben. Sie könne damit für ihren Unterhalt selbst aufkommen.

Dem widerspricht das OLG Köln (Beschluss vom 6. 20 3. 2013, Aktenzeichen 25 UF 241/12 = NJW 2013,2448):
Zwar sei die Tochter gehalten, ihre über die Volljährigkeit hinaus fortbestehende Unterhaltsberechtigung und Bedürftigkeit darzulegen und zu beweisen. Sowohl die Berechtigung als auch die Bedürftigkeit stehe aber aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes fest:
Denn der Gesetzgeber gestatte auch einer nichtehelichen Mutter, ihr Kind in den ersten 3 Lebensjahren im vollem Umfange selbst zu betreuen, weshalb er den Basisunterhalt gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB eingeführt habe. Diese Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers gelte nicht nur im Verhältnis zwischen nichtehelicher Mutter und nichtehelichem Vater sondern auch im Verhältnis der Kindsmutter zu deren Eltern.
Das bedeute, dass die Mutter grundsätzlich während der ersten 3 Lebensjahre des Kindes auch von ihren Eltern nicht auf eine Fremdbetreuung verwiesen werden dürfe. Ihre Entscheidung, das Kind selbst zu betreuen, sei grundsätzlich zu respektieren.
Zwar sei sie nicht grundsätzlich von jeglicher Erwerbsverpflichtung entbunden; könne beispielsweise der Kindsvater zu Betreuung des Kindes herangezogen werden (beispielsweise im Falle des Zusammenlebens der Kindeseltern), müsse diese alternative Betreuungsmöglichkeit - weilo familienintern - in Anspruch genommen werden mit der Folge, dass dann eine Teilzeittätigkeit zumutbar sei, allerdings nicht im konkreten Fall.
Denn abgesehen davon, dass die Eltern ohnehin nicht mehr zusammen leben, könne angesichts ihres  Ausbildungsstandes die junge Mutter allenfalls in den Abend-bzw. Nachtstunden oder am Wochenende in der Gastronomie oder als Reinigungskraft arbeiten. Solche Stellen seien aber für Mütter, die ein Kleinkind zu versorgen haben und deshalb voraussichtlich gelegentlich ausfallen, erfahrungsgemäß nur schwer zu erhalten. Zudem war das OLG Köln der Ansicht, eine solche Tätigkeit sei zusätzlich zu der - bereits den vollschichtigen Einsatz der Mutter erfordernden - Betreuung eines Wickelkindes unzumutbar (Hinweis auf OLG Frankfurt, NJW 2009,3105).