Freitag, 25. April 2014

BGH: Wer einem Minderjährigen Unterhalt zahlen muss, hat strenge Anforderungen bezüglich seiner Erwerbpflicht zu erfüllen.

Der Vater ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Herkunft. Er ist im Jahr 2001 nach Deutschland gekommen, verfügt über einen Realschulabschluss, aber nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Er arbeitete jeweils vorübergehend mit geringfügiger Beschäftigung als Aushilfe in einer Bäckerei und als Verkaufs- und Küchenhilfe, nach einer Fortbildung in einem Fortbildungszentrum der HoGa (Hotel und Gastronomie) auch als Aushilfe in einem Café sowie in einem Kebab-Haus und strebte später eine Umschulung an.
Er weigert sich mangels Leistungsfähigkeit, für sein minderjähriges Kind Unterhalt zu zahlen. Der BGH hält im Hinblick auf die verschärfte Erwerbsverpflichtung des Vaters nochmals fest:

"Für die Feststellung, dass für einen Unterhaltsschuldner keine reale Beschäftigungschance bestehe, sind – insbesondere im Bereich der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Absatz II BGB – strenge Maßstäbe anzulegen. Für gesunde Arbeitnehmer im mittleren Erwerbsalter wird auch in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit regelmäßig kein Erfahrungssatz dahin gebildet werden können, dass sie nicht in eine vollschichtige Tätigkeit zu vermitteln seien (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl., § 1 Rn. 784; Botur in Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht, 2. Aufl., § 1603 BGB Rn. 12 mwN). Dies gilt auch für ungelernte Kräfte oder für Ausländer mit eingeschränkten deutschen Sprachkenntnissen (OLG Hamm, FamRZ 2002,  Seite 1427  = BeckRS 2014,  04119 mwN; Botur in Büte/Poppen/Menne, § 1603 BGB Rn. 12). Auch die bisherige Tätigkeit des Unterhaltsschuldners etwa im Rahmen von Zeitarbeitsverhältnissen ist noch kein hinreichendes Indiz dafür, dass es ihm nicht gelingen kann, eine besser bezahlte Stelle zu finden. Das gilt auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige überwiegend im Rahmen von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen iSv §  8 Absatz I SGB IV gearbeitet hat. Zu den insbesondere im Rahmen von  § 1603  II BGB zu stellenden Anforderungen gehört es schließlich auch, dass der Unterhaltspflichtige sich um eine Verbesserung seiner deutschen Sprachkenntnisse bemüht (Wendl/Dose, § 1 Rn.  784 mwN).."

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