Freitag, 17. Juni 2016

OLG Stuttgart: Auch bei einem Netto beider Eheleute von Euro 8.839,00 erfolgt noch keine konkrete Bedarfsbemessung bei der Ermittlung des Ehegattenunterhalts.



Der Ehegattenunterhalt bemisst sich in den meisten Fällen nach dem so genannten Halbteilungsgrundsatz: Vom gemeinsamen Einkommen werden Steuern, Sozialversicherung, notwendige Ausgaben und ein Erwerbstätigenbonus abgezogen. Von der Summe des Restes steht jedem Ehegatten die Hälfte zu.
Davon macht die Rechtsprechung eine Ausnahme, wenn in der Ehe so viel Geld zur Verfügung steht, dass feststeht, dass der zur Verfügung stehende Betrag nicht vollständig für die Lebenshaltung ausgegeben wird. Das ist bei sehr hohen Einkünften der Fall.
In einem solchen Fall muss derjenige, der Unterhalt will, im Einzelnen und unter Vorlage von Belegen nachweisen, wie sich der Lebensstil innerhalb der Ehe gestaltet hat. Das führt häufig zu Schriftsätzen, die inklusive Anlagen die Stärke von (u.U. auch mehreren) Leitzordnern haben.
Was nun die Obergerichte als sehr hohe Einkünfte ansehen, ist regional durchaus unterschiedlich: Nach den Richtlinien der Oberlandesgerichte Hamm und Oldenburg kommt es (schon) dann zu einer konkreten Bedarfsermittlung, wenn das gemeinsame bereinigten Nettoeinkommen der Eheleute den Betrag der Gruppe 10 der Düsseldorfer Tabelle (derzeit Euro 5.100,00) überschreitet, nach OLG Frankfurt und OLG Jena bei einem Elementar-Unterhalt über Euro 2.500,00.
Die süddeutschen Oberlandesgerichte setzen die Grenze höher an, was sicherlich auch daran liegt, dass südlich des Mains die Lebenshaltung deutlich teurer kommt als in Norddeutschland. Über eine Phobie gegen Schriftsätze in Leitzordner-Stärke wollen wir hier nicht spekulieren ;-).
In einer aktuellen Entscheidung bleibt auch das OLG Stuttgart dieser Linie treu. Auch bei bereinigten Gesamteinkünften der Eheleute von Euro 8.839,00 monatlich errechne sich der Unterhaltsanspruch noch nach dem Halbteilung Bedarf. Eine konkrete Bedarfsermittlung sei nicht erforderlich.
OLG Stuttgart vom 17. September 2015,11 UF 100/15 =  FamRZ 2015, 638