Mittwoch, 23. November 2016

OLG Brandenburg: Gemeinsame elterliche Sorge auch bei "unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten".

Auch wenn das Tischtuch zwischen den Eltern komplett zerschnitten ist, sieht das OLG Brandenburg in der Regel noch keinen Anlass, die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben. Solange die Gerichte Meinungsverschiedenheiten durch Entscheidungen gemäß § 1628 BGB noch überbrücken können, soll die gemeinsame elterliche Sorge bestehen bleiben. Überdies könne eine Prognose dahingehend, dass die Eltern überhaupt nicht mehr miteinander können, in der Regel erst getroffen werden, wenn die Eltern entsprechend Hilfe von außen angenommen haben.

Die Leitsätze des Gerichts:

1. Die gemeinsame elterliche Sorge ist nur dann zu versagen, wenn die Voraussetzungen zu deren gemeinsamer Ausübung – nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine tragfähige soziale Beziehung und ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen (vgl. BVerfG, NJW-RR 2004, Seite 577 = FamRZ 2004,Seite 354; FPR 2004, Seite 393 = FamRZ 2004, Seite 1015 ; BGH, NJW 2008, Seite 994 = FamRZ 2008, Seite 592) – fehlen.

2. Selbst unüberbrückbare Meinungsunterschiede in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung stellen eine gemeinsame Sorge noch nicht in Frage, soweit das Gesetz mit § 1628 BGB für diese Fälle unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Übertragung einer Einzelfallentscheidung auf einen Elternteil ermöglicht und damit zugleich verdeutlicht, dass es im Übrigen bei einer gemeinsamen Sorge bleiben kann.

3. Eine Prognose dahin, dass die Eltern wegen schwerwiegender und nachhaltiger Störungen auf der Kommunikationsebene zukünftig außerstande sein könnten, ihre Streitigkeiten in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen, lässt sich in der Regel nicht treffen, bevor die Eltern zur Erlangung einer angemessenen Kommunikation fachkundige Hilfe von außen in Anspruch genommen haben (vgl. BT-Drs. 17/11048).

OLG Brandenburg, Beschluss vom 24.5.2016 – 13 UF 194/15, BeckRS 2016, 15794

Kommentierung dazu von Schmid, NZFam 2016, 1053