Donnerstag, 22. Dezember 2016

LG Heidelberg: Der Anwalt haftet nicht, wenn das Verfahren durch Gerichtsverschulden liegen bleibt - Keine Verjährung der Zugewinnausgleichsanspruchs!

Der beklagte Anwalt sollte einen Zugewinnausgleich gerichtlich geltend machen. Er hatte vor Eintritt der Verjährung Klage auf Zahlung und die für die Zustellung notwendigen Gerichtskosten einbezahlt. Das Gericht legte den Akte irrtümlich weg, weil es davon ausging, dass die Gerichtskosten nicht einbezahlt worden seien.

Das LG Heidelberg, Urteil vom 5.10.2016, 4 O 348/14 stellt hierzu fest:


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Ein Fall des § 204 Abs. 2 S. 2 BGB hat nicht vorgelegen, da das Verfahren nicht durch Untätigkeit der Parteien, insb. der Klägerin vertreten durch den Beklagten, im prozessualen Sinne, sondern durch Untätigkeit des Gerichts wegen der irrigen Annahme der fehlenden Einzahlung des Auslagenvorschusses zum Erliegen kam.

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Nach ständiger Rechtsprechung des BGH führt eine Untätigkeit der Parteien dann nicht zum Stillstand des Verfahrens i.S. des § 204 Abs. 2 S. 2 BGB, wenn die Verfahrensleitung beim Gericht liegt, das für den Fortgang des Prozesses Sorge zu tragen hat. Der diesbezüglichen Pflicht, für den Fortgang des Prozesses Sorge zu tragen, kommt das Gericht insbesondere durch die Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung nach. Insofern enthält die ZPO die allgemeine Regel, dass Termine unverzüglich von Amts wegen zu bestimmen sind (§ 216 Abs. 2 ZPO). Von einer Terminsbestimmung kann das Gericht allerdings absehen, wenn sich die Parteien als Herren des Verfahrens damit einverstanden erklären. Soweit es um die Voraussetzungen von § 204 Abs. 2 S 2 BGB geht, ist nach der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass die Verantwortung für das Betreiben des Prozesses vom Gericht auf den Kläger übergeht, wenn das Gericht mit dessen ausdrücklich oder konkludent erklärtem Einverständnis von einer Terminsbestimmung auf unbestimmte Zeit absieht. Dann ist es Sache des Klägers, dafür Sorge zu tragen, dass seine Ansprüche nicht verjähren, indem er sich um einen Fortgang des Prozesses bemüht, zum Beispiel durch einen Antrag auf Terminsbestimmung (BGH NJW 2013, 1666, 1667).

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Im vorliegenden Fall war der Gerichtskostenvorschuss durch die Klägerin am 11.03.2008 voll eingezahlt gewesen. Die Anspruchsbegründung und die Erwiderung lagen vor. Das Gericht hätte daher gem. § 697 Abs. 2 i.V.m. §§ 272 Abs. 2, 275, 276 ZPO wie bei einer Klage verfahren und Termin bestimmen müssen, wie es beim AG Dorsten vor der Verweisung nach Bemerken des Irrtums bzgl. des Eingangs des Vorschusses auch geschehen war. Das Gericht hat aber hier irrtümlich die Sache einfach weglegen lassen. Der BGH stellt ausdrücklich klar, dass es in solchen Fällen zwar möglich sei, dass die Partei einen Terminsantrag stellt o.ä., dass es aber für die Beurteilung gem. § 204 Abs. 2 S. 2 BGB hierauf nicht ankommt.