Mittwoch, 21. Dezember 2016

OLG Köln: die griechische Mutter darf mit dem Kind nach Griechenland umziehen, auch wenn dort der Krankenversicherungsschutz nicht gewährleistet und die Mutter Zeugin Jehovas ist.

Das Kind ist 7 Jahre alt. Beide Eltern sind Griechen. Die nichterwerbstätigen Mutter will in ihr Heimatland umziehen. Der Vater widersetzt sich dem Umzug. Die Mutter - Zeugin Jehovas - beantragt, ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen.

Dem folgen das Amtsgericht und das OLG Köln mit folgenden Argumenten:

"Die Antragstellerin war und ist für O die Hauptbezugs- und Hauptbetreuungsperson. Er wurde seit der Geburt vornehmlich von der Antragstellerin betreut und erzogen, auch wenn der Antragsgegner sich während kurzer Zeitspannen (kurzfristiges gemeinsames Wohnen; Urlaube) ebenfalls um O gekümmert hat. Er lebte vor und nach der Trennung nur bei der Antragstellerin, eine auf Dauer ausgerichtete gemeinsame „Familienwohnung“ gab es nie. Auch der Verfahrensbeistand attestiert seine starke Bindung an die Mutter...

Der Senat teilt zwar die Bedenken des Amtsgerichts insbesondere mit Blick auf den Krankenversicherungsstatus des Kindes, kann diesen Bedenken aber ebenso wie das Amtsgericht nicht ein solches Gewicht beimessen, dass trotz der bislang geschilderten Erwägungen gleichwohl eine Übertragung der Aufenthaltsbestimmung auf den Antragsgegner geboten wäre. Gleiches gilt für seine sonstigen Sorgen zu schulischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen...

Die Zugehörigkeit der Familie der Antragstellerin zur Glaubensgemeinschaft der „Zeugen Jehovas“ allein lässt sie daher noch nicht als ungeeignet erscheinen, das Sorgerecht bzw. Teile davon zur alleinigen Ausübung zu erhalten, wenn daraus ernsthafte Gefährdungen für das Kindeswohl nicht erwachsen sind bzw. nicht zu erwachsen drohen (vgl. etwa OLG Frankfurt, Beschl. v. 02.12.1993 – 6 UF 105/93, FamRZ 1994, 920; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.02.1995 – 3 UF 1/95, FamRZ 1995, 1511; OLG Köln, Beschl. v. 25.03.1999 - 21 WF 45/99, FamRZ 2000, 1390; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.03.2002 – 2 (20) UF 106/01, FPR 2002, 662)."

Die Entscheidung kommentiert zustimmend Womelsdorf in NZFam 2016,1207, der sich wie das OLG Köln auf BGH NJW 2010, Seite 2805 bezieht und auf die Religionsfreiheit gem. Art. 4 I GG verweist.