Freitag, 2. Dezember 2016

Wer sich am Strand unter griechischen Sternen von einem unbekannten Einheimischen in andere Umstände versetzen lässt, hat trotzdem Anspruch auf Unterhaltsvorschuss gegen das Jugendamt.

Die Kindsmutter beantragte am 8. Juni 2016 beim Jugendamt für ihren am 14. April 2015 geborenen Sohn, C. T., Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG-Leistungen). Zum Vater des Kindes machte sie im Antragsformular keine Angaben. Dem Antrag beigefügt war eine Verhandlungsniederschrift vom 8. Juni 2015. Dort heißt es, die Klägerin habe an diesem Tag vorgesprochen und erklärt, sie habe sich Ende Juli, Anfang August 2014 zu Besuch bei ihrer Tante in U. in Griechenland aufgehalten. Im Urlaub habe sie den Vater von C. kennengelernt. Nachdem sie sich mit ihm ein paar Mal getroffen habe, sei es am Strand zum Geschlechtsverkehr gekommen. Es habe sich bei der Bekanntschaft um einen Urlaubsflirt gehandelt. Sie habe den Mann weder nach seinem Namen noch nach seinem Wohnort gefragt. Es habe zu keiner Zeit die Absicht bestanden, mit diesem Mann eine Partnerschaft aufzunehmen. Das einzige, was sie sagen könne, sei, dass es sich bei dem potentiellen Vater wohl um einen Griechen gehandelt habe. Auch ihrer Tante sei der Mann nicht bekannt. Sie könne keinerlei Angaben zur Person des Mannes machen, eine Handy-Nummer habe sie auch nicht. Sie hätten zwar eine entsprechende Empfängnisverhütung vorgenommen, jedoch sei es diesbezüglich offensichtlich zu einem Unfall gekommen, so dass der Schutz nicht gewährleistet gewesen sei.

Das Jugendamt verweigerte die Leistung mit der Begründung, das Verwaltungsgericht Hannover (Urteil vom 19. November 2013 Az. 3 A 3553/11) habe entschieden, dass die Versagung von UVG-Leistungen gerechtfertigt sei, wenn der das anspruchsberechtigte Kind betreuende Elternteil sich bewusst und freiwillig in eine Situation begeben habe, in der die Möglichkeit schwanger zu werden billigend in Kauf genommen worden sei und dabei keinen Wert darauf gelegt worden sei, die Identität des Kindsvaters zu kennen.

Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Klägerin trotz mehrmaligem Treffen mit dem Kindsvater keine Identitätsangaben machen könne. Sie habe sich durch ihr bewusstes Verhalten dem Risiko einer Schwangerschaft ausgesetzt und in Kauf genommen, dass die Feststellung der Vaterschaft und somit eine entsprechender Rückgriff ausgeschlossen sei. Die Leistungsgewährung werde daher wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt.

Das wollte das VG Düsseldorf so nicht hinnehmen. Es urteilte:

1. Es ist nicht erkennbar, dass die gesetzgeberische Konzeption des UVG von der Erwartung getragen ist, der die Leistung begehrende Elternteil werde bereits vor der Kenntnis von der Existenz des Kindes umfangreiche Vorsorge treffen, um bereits das Risiko einer Situation auszuschließen, in der der Rückgriff auf den barunterhaltspflichtigen Elternteil unmöglich werden könnte. (amtlicher Leitsatz)

2. Die Auffassung, ein Anspruch auf UVG-Leistungen sei ausgeschlossen, wenn sich eine Frau auf Geschlechtsverkehr mit einem unbekannten Mann einlasse - wie dies häufig bei einem sog. One-Night-Stand der Fall sei -, weil eine Schwangerschaft trotz Verhütungsmaßnahmen nie ganz auszuschließen sei, findet weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung eine hinreichende Grundlage. (amtlicher Leitsatz)

Also -  Es besteht weiterhin keine Verpflichtung, sich nach einem One-Night-Stand Name, Adresse und Telefonnummer des schönen Unbekannten aufzunotieren.


VG Düsseldorf, Urteil vom 12.08.2016 - Aktenzeichen 21 K 6480/15 = BeckRS 2016, 51360