Montag, 22. Mai 2017

Kammergericht: Kosten für kieferorthopädische Behandlung sind Sonderbedarf



Im Rahmen des Kindesunterhalts taucht immer wieder die Frage auf, wie die Kosten für kieferorthopädische Behandlungen minderjähriger Kinder einzuordnen sind. Die Rechtsprechung hat diese Kosten bereits mehrfach als unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf qualifiziert, also als überraschenden, nicht im Vorhinein abschätzbaren Aufwand, bei dem es nicht möglich ist, ihn durch entsprechend großzügigere Kalkulation des laufenden Unterhalts aufzufangen. Hinzu kommt, dass gemessen am laufenden Unterhalt die Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung in aller Regel auch außergewöhnlich hoch sind (weitere Voraussetzung für das Vorliegen von Sonderbedarf). 
So haben beispielsweise entschieden: OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Juli 2010 - 4 UF 55/10 = FamRZ 2011, 570 sowie OLG Celle, Urteil vom 14. Dezember 2007 - 10 UF 166/07 = FamRZ 2008, 1884; weitere Nachweise siehe Palandt/Brudermüller, § 1613 Rn. 11.

Dieser Rechtsprechung hat sich nun auch das Kammergericht angeschlossen, vergleiche Urteil vom einen 30.1.2017, Aktenzeichen 13 UF125/16.

Zugleich hat das Kammergericht festgestellt, dass, ist der Unterhaltsschuldner zur Zahlung von Sonderbedarf verpflichtet, sich seine Leistungsfähigkeit nicht allein nach den tatsächlich vorhandenen Einkünften, sondern darüber hinaus auch durch seine Arbeitsfähigkeit und Erwerbsmöglichkeiten bestimmt, so dass eine Zurechnung fiktiver Einkünfte auch für die Bemessung des Sonderunterhalts infrage kommt, wenn der Unterhaltspflichtige eine ihm nach den Umständen des Einzelfalls zumutbare Erwerbstätigkeit nicht wahrnimmt, obwohl er dies könnte.

Im zu entscheidenden Fall war der unterhaltspflichtige Vater seit längerem arbeitslos und wegen einer mittelgeradigen depressiven Episode sowie einer essenziellen Hypertonie in Behandlung gewesen, hatte aber im Unterhaltsprozess über die Auswirkungen seiner Erkrankungen und den Grad seiner Arbeitsfähigkeit nicht ausreichend Auskunft gegeben. Demzufolge gingdas Kammergericht davon aus, dass er erwerbsfähig sei.