Dienstag, 30. Mai 2017

Schutzimpfung oder "Masern-Party" - der BGH entscheidet eindeutig zu Gunsten der Impfung.

Die Meinungen gehen auseinander: Während die einen der Ansicht sind, mit einer Schutzimpfung gegen Masern sei Ihrem Kind gegen diese Krankheit am besten geholfen, gehen die anderen davon aus, dass das Impf-Risiko zu hoch ist. Besser sei es, das Kind erkranken zu lassen. Es erwerbe sich dadurch einen natürlichen Schutz gegen die Krankheit. Einige Eltern gehen sogar so weit, ihr Kind einem direkten Kontakt mit einem erkrankten Kind auszusetzen, um die Erkrankung bewußt beizuführen (sogenannte "Masern-Party").

Manchmal gehen solche Meinungsverschiedenheiten mitten durch die Familie, und einen solchen Fall hatte der Bundesgerichtshof jetzt zu entscheiden.Die nichtehelichen Eltern der im Juni 2012 geborenen Tochter waren sich nicht einig, ob das Kind geimpft werden soll.
Der Vater befürwortete vorbehaltlos die Durchführung altersentsprechender Schutzimpfungen. Er sah sich im Rahmen der elterlichen Gesundheitssorge verpflichtet, sein Kind grundsätzlich gegen Infektionskrankheiten impfen zu lassen, soweit Schutzimpfungen verfügbar seien und durch die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut empfohlen würden. Die Mutter ist der Meinung, das Risiko von Impfschäden wiege schwerer als das allgemeine Infektionsrisiko. Nur wenn ärztlicherseits Impfschäden mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnten, könne sie eine anlassunabhängige Impfung ihrer Tochter befürworten.

Das OLG übertrug die Entscheidungsbefugnis auf den Vater. Dieser sei besser geeignet, über die Frage zu entscheiden. Der von der Mutter erhobene Vorwurf, die Empfehlungen der Kommission seien „das interessengebundene Produkt unheilvoller Lobbyarbeit der Pharmaindustrie und der Ärzteschaft“, sei nicht hinreichend konkretisiert. Für diesen Vorwurf gebe es keine konkreten Anhaltspunkte. Vielmehr sei von den Empfehlungen der Kommission auszugehen, und aus diesem Grunde sei für die Entscheidung, ob das Kind geimpft werden soll oder nicht der Vater besser geeignet.

Dem schließt sich der BGH an und verweist dabei auf eine bereits 17 Jahre alte Entscheidung: "Die Impfempfehlungen der ständigen im Kommission sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als medizinischer Standard anerkannt worden. Daran nimmt die den Empfehlungen zugrunde liegende Einschätzung teil, dass der Nutzen der jeweils empfohlenen Impfung das Impfrisiko überwiegt (vgl. BGHZ 144, Seite 1 = FamRZ 2000,  Seite 809)."

Die Diskussion darüber, ob eine Schutzimpfung oder eine "Masernparty" besser geeignet ist, für die Gesundheit des Kindes zu sorgen, dürfte damit zumindest in rechtlicher Hinsicht erledigt sein.

 BGH, Beschluss vom 03.05.2017 - Aktenzeichen XII ZB 157/16