Dienstag, 8. Juli 2014

Kippt BVerfG Seitensprung-Rechtsprechung des BGH?

Die Parteien führten eine "lockere Beziehung", die eine Schwangerschaft im Gefolge hatte. Noch vor der Niederkunft im Oktober 1991 heiratete man. Damit wurde der Ehemann nach § 1592 Nr. 1 BGB leiblicher Vater.
2005 erfolgte die Scheidung. Danach focht der Ehemann die Vaterschaft an. Tatsächlich stellte ein Gutachter und ihm folgend das Familiengericht fest, dass er nicht der Vater war. Da er zumindest zeitweise für den Unterhalt des Kindes aufgekommen war und jetzt nach § 1607 Abs. 3 BGB Regressansprüche gegen den tatsächlichen Vater geltend machen will, verlangt der Ehemann von der Mutter Auskunft über den tatsächlichen Vater. Familiengericht und OLG verurteilen die Mutter zur Auskunft unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des BGH (zuletzt XII ZB 412/11 = FamRZ 2013, 939): Eine Auskunftspflicht der Mutter bestehe gurndsätzlich, wenn die durch die Ehe begründete Vaterschaft erfolgreich angefochten sei.
Die Mutter erhebt dagegen Verfassungsbeschwerde: Müsse sie Auskunft über sexuelle Beziehungen aus einer Zeit geben, in der sie nicht verheiratet gewesen sei und nur in einer lockeren Beziehung gelebt habe, stelle dies einen prinzipiell unzulässigen Eingriff in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung dar. Selbst wenn die Auskunft grundsätzlich gefordert werden könne, für eine Interessenabwägung im konkreten Fall dazu, dass sie keine Auskunft erteilen müsse. Denn eventuelle Regressansprüche des Scheinvaters gegen den leiblichen Vater seien verjährt oder verwirkt. Dem Ex-Ehemann gehe es nur darum, sie bloßzustellen.

Das BVerfG ( 1 BvR 472/14 = FamRZ 2014, 1097) erlässt eine einstweilige Anordnung zugunsten der Mutter. Bis zur Entscheidung des BVerfG über die Beschwerde muss sie nicht Auskunft geben. Prinzipiell sei nicht völlig ausgeschlossen, dass eine erzwungene Preisgabe der geforderten intimen Informationen gegen das Grundgesetz verstoße.