Mittwoch, 5. Dezember 2012

Düsseldorfer Tabelle 2013: Zahlungen, wie gehabt, aber höhere Selbstbehalte



Das OLG Düsseldorf hat jetzt die aktuelle Düsseldorfer Tabelle für 2013 veröffentlicht: 

 Mit Pressemittteilung vom heutigen Tage teilt das Gericht mit, dass sich die Unterhaltssätze nicht erhöhen, die Selbstbehalte aber wie folgt ansteigen:



Unterhaltspflicht gegenüberSelbstbehalt bisherSelbstbehalt ab 2013
Kindern bis 21 Jahre (im Haushalt eines Elternteils und allgemeine Schulausbildung), Unterhaltspflichtiger erwerbstätig:
  950 €
1.000 €
Kindern bis 21 Jahre (im Haushalt eines Elternteils und allgemeine Schulausbildung), Unterhaltspflichtiger nicht erwerbstätig:
  770 €
  800 €
anderen volljährigen Kinder:
1.150 €
1.200 €
Ehegatte oder Mutter/Vater eines nichtehelichen Kindes:
1.050 €
1.100 €
Eltern:
1.500 €
1.600 €

Damit können bei Unterhaltspflichtigen, die Netto-Verdienste nahe dem bisherigen Selbstbehalt haben, durchaus Neuberechnungen nötig werden, obwohl sich die Sätze der Düsseldorfer Tabelle nicht geändert haben.

Hier die komplette Düsseldorfer Tabelle 2013 als pdf.

Donnerstag, 29. November 2012

Die Terminierung einer Unterhaltssache auf den 11.11. um 11:11 Uhr verstößt nicht gegen die Menschenwürde


Der Amtsrichter hatte die Unterhaltssache auf den 11.11. um 11:11 Uhr terminiert. Die beteiligte Ehefrau hielt den Richter deswegen für voreingenommen und lehnte ihn wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.

Das OLG München (Beschluss vom 10.12.1999 Az.: 26 AR 107/99) wies den Befangenheitsantrag zurück und bewies dabei selbst Humor:  Hätte der Amtsrichter den Termin auf den 11.11. um 11:10 angesetzt, hätte die Antragstellerin dabei sicher nichts gefunden; und auf die zusätzliche Minute könne es nicht ankommen. Ein wenig Humor sei auch in einem Unterhaltsverfahren erlaubt, und die vorgenommene Terminierung sei ein "kleiner Scherz", der die Besorgnis der Befangenheit nicht rechtfertige, und auf den auch die Beteiligten eines Unterhaltsverfahrens gelassen reagieren können.

Mittwoch, 28. November 2012

OLG Bremen: Die Aufnahme eines Bildungskredits für Finanzierung eines Studiums ist unterhaltsrechtlich nicht zumutbar.

Die unterhaltsberechtigte studierendeTochter wollte auf den Bachelor nun auch noch den Master setzen und verlangte eine Unterhaltserhöhung wegen gestiegenen Bedarfs. Der verpflichtete Vater war grundsätzlich zur Unterhaltszahlung bereit, widersetzte sich aber einer Erhöhung. Stattdessen könne die Tochter ihren erhöhten Bedarf auch durch einen Bildungskredit zwischenfinanzieren.

Das OLG Bremen (Beschluss vom 10.09.2012, Az.: 4 UF 94/12) folgte ihm nicht. Zwar müsse ein Unterhaltsberechtigter grundsätzlich auch eine Finanzierung seines Bedarfs durch Aufnahme eines Kredits ins Auge fassen, das allerdings nur, wenn ihm diese Vorgehensweise zumutbar sei. Das sei z.B. bei einem Bafög-Darlehen der Fall, weil es zinslos gewährt werde, weil die Rückzahlungsbedingungen günstig seien und oft die Möglichkeit eines Teilerlasses bestünde. Bei einem Bildungskredit sei das nicht so. Er sei zu verzinsen und sehe keinen Erlass und keine Rückzahlungsvergünstigungen vor. Das OLG folgte dem Amtsgericht und sprach höheren Unterhalt zu.

(C) Foto: www.JenaFoto24.de  / pixelio.de

Freitag, 16. November 2012

OLG Hamm: Wer sich wahrheitsgemäß bewirbt, kann unterhaltsrechtlich leichtfertig handeln...

... wenn er sich auch im Übrigen nicht im besten Lichte darstellt. Das OLG Hamm (II-13 UF 169/11, Rz. 96, Leitsätze in FamRZ 2012, 1734) wies den Unterhaltsanspruch einer langjährig durch Kindererziehung an der Berufsausübung gehinderten Mutter teilweise zurück. Sie habe sich nicht so beworben, dass sie eine ernsthafte Chance auf einen Job gehabt hätte:
"Die Klägerin hat über 15 Monate hinweg einen einzigen Bewerbungstext verwendet. Bereits der erste Satz des Schreibens enthält einen unübersehbaren Schreibfehler, indem das Personalpronomen der Anrede klein geschrieben ist. Dieser Umstand in Verbindung mit der nachfolgenden Betonung der jahrzehntelangen Familienphase muss so gut wie zwangsläufig dazu führen, dass die Bewerbungen bereits in der ersten Vorsortierphase herausfallen. Das im Anschluss verwendete Bewerbungsschreiben weist grammatische Fehler auf und bedingt daher ebenfalls die Erfolglosigkeit der Bewerbung bereits im frühen Stadium der Auswahl. Die Klägerin hat sich durchgehend zu einem ganz erheblichen Teil auf Stellenausschreibungen beworben, die verschiedene zwingende Qualifikationsvoraussetzungen nannten, über die die Klägerin nicht verfügte. Die Bewerbungsschreiben gehen mit keinem Wort darauf ein, warum die Klägerin sich dennoch auf diese Stelle bewirbt und wie sie gegebenenfalls das Fehlen der vorgegebenen Qualifikationen ausgleichen könnte. Es fehlen zudem so gut wie vollständig Bewerbungen bei Zeitarbeitsfirmen, was für die Klägerin als faktisch ungelernte Kraft noch die beste Möglichkeit des Wiedereinstiegs ins Berufsleben gewesen wäre. Die Klägerin hat zudem selbst kein Zeitungsinserat geschaltet, auch nicht als Haushaltshilfe o.ä.. Besonders auffällig, sogar unverständlich ist angesichts der Tätigkeit der Klägerin von April 2004 bis Dezember 2006 der Umstand, dass die Klägerin in keinem einzigen ihrer Bewerbungsschreiben auf dieses Arbeitsverhältnis und die daraus gewonnenen Erfahrungen und Kompetenzen verweist."
(C) Foto: berwis / pixelio.de

Donnerstag, 15. November 2012

Und am Ende der Ehe steht das Haus am See...

Die Parteien hatten 1972 geheiratet, sich 1990 getrennt und erst 2009 scheiden lassen. Im Vermögen des Ehemannes befanden sich drei Grundstücke an einem oberbayerischen See (Einfamilienhaus plus Bootshaus plus Badehaus), die zunächst mit einem Nießbrauch zugunsten seiner Mutter belastet waren, der jedoch 1984 aufgehoben wurde. Dadurch legte das Vermögen des Ehemanns während der Ehe enorm an Wert zug. Der Ehemann wollte nun den Zugewinnausgleich vermeiden mit der Begründung, er sei nach § 1381 BGB unbillig, Das OLG München, Az. 12 UF 777/12 = BeckRS 2012, 21880 vermochte ihm nicht zu folgen und verurteilte ihn zu einer Zugewinnausgleichszahlung von 344.175,90 €. Es stellte fest: 

1. Eine lange Trennungszeit allein genügt nicht für die Annahme einer unbilligen Härte im Sinne des § 1381 Abs. 1 BGB. Es müssen darüber hinaus Umstände vorliegen, die eine unbillige Härte begründen können. (amtlicher Leitsatz)
2. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2002, 606 ff. Rz. 31 und 32) ist dies der Fall, wenn das Vermögen erst nach der Trennung erwirtschaftet wird und somit bei einer Wertsteigerung nach Trennung der Eheleute die innere Beziehung zur ehelichen Lebensgemeinschaft fehlt. (amtlicher Leitsatz)
3. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der einzige Vermögensgegenstand, der eine außergewöhnliche Wertentwicklung erfahren hat, bereits während intakter Ehe angeschafft wurde, auch wenn die maßgebliche Wertsteigerung ohne Zutun der Ehegatten erst nach der Trennung erfolgt. (amtlicher Leitsatz)
4. Der Maßstab der "unbilligen Härte" in § 27 VersAusglG und in § 1381 BGB sind von den Voraussetzungen nicht vollständig vergleichbar. (amtlicher Leitsatz)
 (C) Foto: Stefan Fuesers  / pixelio.de

Mittwoch, 14. November 2012

OLG Stuttgart: Fachschule für Sozialpädagogik gehört nicht mehr zur allgemeinen Schulausbildung i.S. v. § 1603 II BGB

Der Vater klagt auf Wegfall des Kindesunterhalts. Seine volljährige Tochter befinde sich nicht mehr in der allgemeinen Schulausbildung. Sie habe  - jeweils in Baden-Württemberg - zunächst das einjährige Berufskolleg für Praktikantinnen und Praktikanten besucht und gehe nun zwischenzeitlich auf die Fachschule für Sozialpädagogik. Er sei zwei weiteren minderjährigen Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet und müsse daher nichts mehr zahlen. Der besondere Schutz des  § 1603 II S. 1 BGB gelte nicht mehr. Die Tochter trete in der Rangfolge des § 1609 BGB zurück.

Das OLG Stuttgart, 18 WF 229/12 = BeckRS 2012, 21631 gibt ihm Recht:
"Der Begriff der allgemeinen Schulausbildung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung unter Heranziehung der zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG entwickelten Grundsätze auszulegen. Danach hat eine Eingrenzung des Begriffs in drei Richtungen zu erfolgen: Nach dem Ausbildungsziel, der zeitlichen Beanspruchung des Schülers und nach der Organisationsstruktur der Schule. Ziel des Schulbesuchs muss der Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses als Zugangsvoraussetzung für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder den Besuch einer Hochschule oder Fachhochschule sein, also jedenfalls der Hauptschulabschluss, der Realschulabschluss, die fachgebundene oder die allgemeine Hochschulreife. Diese Voraussetzung ist beim Besuch der Hauptschule, der Realschule, der Gesamtschule, des Gymnasiums und der Fachoberschule immer erfüllt. Anders zu beurteilen ist der Besuch einer Schule, die neben allgemeinen Ausbildungsinhalten bereits eine auf ein konkretes Berufsbild bezogene Ausbildung vermittelt (BGH FamRZ 2002, 815)."
 Und die besuchten Einrichtungen seien nicht auf einen allgemeinen Schulabschluss ausgerichtet sondern auf den Zugang zu einem konkreten Beruf. Daher befinde sich die volljährige Tochter nicht mehr in der allgemeinen Schulausbildung und geniesse den Schutz des § 1603 II S. 1 BGB nicht mehr.

(C) Foto: Gerd Altmann  / pixelio.de

Dienstag, 13. November 2012

OLG Nürnberg: Familienrechtlicher Ausgleichsanspruch trotz gegenläufigem Jugendamtstitel

Einem Elternteil, der Unterhaltsleistungen für den anderen mit übernimmt, gesteht der BGH seit geraumer Zeit einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch zu, vgl. z.B. BGH FamRZ 1994, 1102. Das gitl z.B. für Kindergartenkosten, die der eine zahlt und an denen sich der andere eigentlich mitbeteiligen müsste. Das gilt aber auch für den Regelunterhalt in den Fällen, in denen das Kind plötzlich vom einen Elternteil zum anderen umzieht und der Alleingelassene sich (zunächst) weigert, Unterhalt zu zahlen.
Diesem Ausgleichsanspruch setzt der BGH allerdings eine Grenze: Er besteht nicht, wenn der vom zahlenden Elternteil geleistete Barunterhalt einer in einem rechtskräftigen Urteil festgestellten Unterhaltsverpflichtung dieses Elternteils entspricht. Also: Existiert aus der Zeit vor dem Umzug des Kindes ein Unterhaltsurteil gegen den Elternteil, bei dem das Kind jetzt wohnt, hat dieser Elternteil im Zweifel auf das Urteil geleistet und nicht eine Verpflichtung des anderen erfüllt. Denn der Ausgleichsanspruch sei  lt. BGH nicht dazu bestimmt, gerichtlich festgesetzte Unterhaltsverpflichtungen, die auf einer Abwägung der Leistungsfähigkeit beider Eltern beruhen, durch einen Ausgleich von Unterhaltsanteilen im Verhältnis der Eltern zueinander abzuändern. In solchen Fällen muss man also einerseits einen Titel gegen den alleingelassenen Elternteil erwirken und andererseits die Abänderung des gegen einen selbst gerichteten Titels auf Null beantragen.
Von dieser Ausnahme macht das OLG Nürnberg (Beschluss vom 24.10.2012, Az.: 7 UF 969/12 = BeckRS 2012, 22466) nun wiederum eine Ausnahme: Handelt es sich nicht um ein Urteil sondern um einen Jugendamtstitel, besteht der Ausgleichsanspruch trotzdem.
Das Gericht argument wie folgt:
"Allerdings kommt dieser Urkunde, anders als einer gerichtlichen Entscheidung, keine Rechtskraftwirkung zu, um deren Schutz es dem BGH mit der wiedergegebenen Argumentation in den genannten Entscheidungen offensichtlich geht. ...
Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass die Existenz der Jugendamtsurkunde ... der Annahme, dass der Antragsteller im vorliegenden Fall mit der - angesichts der ausbleibenden Zahlungen der Antragsgegnerin notgedrungenen - Übernahme des Barunterhalts für das Kind S. eine Verbindlichkeit erfüllt hat, die sich im Verhältnis zum Kind als Verpflichtung der Antragsgegnerin darstellt, nicht entgegensteht."
 (C) Foto .Michael Staudinger / pixelio.de

Montag, 12. November 2012

OLG Nürnberg: Kein "Querschussrecht" des Ehebrechers, wenn die Familie funktioniert.

Eigentlich steht's ja so schon im Gesetz: Der mutmaßliche biologische Vater (also der, mit dem die Ehefrau fremdgegangen ist) kann die Vaterschaft des rechtlichen Vaters (also des Ehemanns) zwar anfechten, allerdings so lange nicht, wie zwischen Scheinvater, Ehefrau und Kind eine sozial-familiäre Gemeinschaft besteht, § 1600 II, IV BGB. Und weiter: Auch wenn Mutter und Scheinvater inzwischen getrennt leben, bleibt es dabei, wenn vorher über längere Zeit hinweg die häusliche Gemeinschaft zwischen den dreien bestanden hat. Und schließlich: Der nichteheliche Scheinvater(also der Lover, der im guten Glauben die Vaterschaft anerkannt hat), ist in gleicher Weise geschützt.

Schon das BVerfG hatte gegen diese gesetzliche Regelung nichts einzuwenden, vgl. zuletzt BVerfG NJW 2009, 423. Der Antragsteller im vom OLG Nürnberg zu entscheidenden Fall (Az.: 11 UF 1141/12 vom 06.11.2012 = BeckRS 2012, 22634) verwies jedoch auf die Menschenrechtskonvention und zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofs - allerdings ohne Erfolg. Das OLG Nürnberg urteilte:

"Die gesetzliche Regelung steht im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Antragstellers auch in Einklang mit der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers in § 1600 Abs. 2 und 3 BGB ausdrücklich bestätigt. Zwar hat der EGMR in Bezug auf das Umgangsrecht des leiblichen Vaters mit seinem bei den rechtlichen Eltern lebenden Kind die geltende deutsche Rechtslage beanstandet und eine Verletzung des mutmaßlichen leiblichen Vaters in seinem Recht auf Achtung des Privatlebens gemäß Art. 8 EMRK gesehen, wenn ihm ein Umgangs- und Auskunftsrecht hinsichtlich des Kindes, das mit seiner Mutter und dem rechtlichen Vater zusammen lebt, wegen des Fehlens einer sozial-familiären Beziehung verweigert wird, ohne zu prüfen, ob der Umgang des leiblichen Vaters mit dem Kind im Einzelfall dem Kindeswohl entspricht (EGMR NJW 2012, 2781).

Der EGMR hat in zwei Entscheidungen vom 22.03.2012 (Az.: 45071/09 und 23338/09; bei Juris) jedoch klargestellt, dass es sich um ein gänzlich anderes und viel weitergehendes Ziel handelt, den Status als rechtlicher Vater eines Kindes zu erhalten und die Vaterschaft eines anderen Mannes zu beenden, als lediglich zum Zweck des Umgangs mit dem Kind die biologische Vaterschaft klären zu lassen. Es sei zwar konventionsrechtlich verpflichtend, sicherzustellen, dass der biologische Vater nicht vollständig aus dem Leben des Kindes ausgesperrt werden könne, wenn es keine einschlägigen Kindeswohlgründe dafür gebe. Aus Art. 8 EMRK könne jedoch nicht die Verpflichtung abgeleitet werden, dem biologischen Vater zu erlauben, die Vaterschaft des rechtlichen Vaters anzufechten oder ein statusunabhängiges Verfahren zur Klärung der leiblichen Vaterschaft zur Verfügung zu stellen (vgl. auch die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nichtrechtlichen Vaters). Der EGMR hat in den beiden genannten Entscheidungen vom 22.03.2012 ausdrücklich betont, dass die Entscheidung, ob dem vermeintlichen biologischen Vater die Vaterschaftsanfechtung zu gestatten ist, innerhalb des staatlichen Ermessens- und Beurteilungsspielraums liegt (vgl. EGMR, Az. 23338/09 Rn. 79; Az. 45071/09 Rn. 75). "
 (C) Foto: Carsten Jünger  / pixelio.de

Dienstag, 30. Oktober 2012

BGH: Auch nach der Scheidung Ererbtes Vermögen kann für den Unterhalt haften.



Die Ehe wurde 1996 geschieden. 1998 erbte der unterhaltspflichtige Ehemann DM 72.000,00. Er legte das Geld zinsgünstig an. Die unterhaltsberechtigte Ehefrau verlangte, dass die Zinseinnahmen bei der Berechnung des Unterhalts mit berücksichtigt werden.

Der BGH (XII ZR72/10 = Forum Familienrecht 2012, 399) stellte fest, dass solche Zinseinkünfte grundsätzlich mit berücksichtigt werden können und zwar auch dann, wenn der Erbfall erst nach der Scheidung eintritt. Allerdings muss dann schon zu Ehezeiten festgestanden haben, dass der ererbte Betrag sicher in das Vermögen des Unterhaltspflichtigen übergehen würde. Die Erwartung des künftigen Erbes musste also schon während des Bestehens der Ehe so wahrscheinlich sein, dass die Eheleute ihren Lebenszuschnitt vernünftigerweise darauf einrichten konnten und sich auch tatsächlich (etwa durch den Verzicht auf eine an sich angemessene Altersvorsorge und den Verbrauch der dadurch ersparten Mittel zur Erhöhung des ehelichen Lebensstandards) darauf eingerichtet haben.

Waren solche Kapitaleinkünfte in der Ehe nicht angelegt, erhöhen sie den Bedarf nicht sondern können nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden. 

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Montag, 29. Oktober 2012

BGH zur Erwerbspflicht bei Unterhalt: Auch zwei Teilzeitjobs können zumutbar sein.

Die durch Kinderbetreuung nicht mehr an einer Erwerbstätigkeit gehinderte geschiedene Ehefrau hatte bei der Caritas einen (sicheren) 25-Stunden-Job, der sich aber nicht ausweiten ließ. Nebenher arbeitete sie als Pflegerin in einem Privathaushalt und betreute vier Jahre lang einen schwer Pflegebedürftigen. Als dieser starb, fand sie keinen vergleichbaren Ersatzjob. Sie trug vor, das sei ihr nicht anzulasten. Der Job sei ohne ihr Verschulden weggefallen.
Das sah der BGH (XII ZR 72/10 =Forum Familienrecht 2012, 399)nicht so: Wer voll erwerbspflichtig ist, hat sich um einen nachhaltig gesicherten Fulltime-Job zu bemühen. Ist so ein Job beim derzeitigen (Teilzeit-)Arbeitgeber nicht zu bekommen, muss der Job gewechselt werden. Ist das nicht zumutbar, weil der Teilzeit-Job sicher ist, muss man sich um einen weiteren sicheren Teilzeit-Job bemühen. Kann man nicht nachweisen, dass man das über vier Jahre hinweg erfolglos getan hat, muss der Unterhaltspflichtige das Risiko des Wegfalls des unsicheren zweiten Teilzeitjobs nicht mehr mittragen.

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Freitag, 26. Oktober 2012

Wann darf ein Unterhaltsvergleich abgeändert werden? - Die Vereinbarung darüber ist lt.BGH ein weiterer Weg aus der Präklusionsfalle!

Die Parteien hatten "unter Aufrechterhaltung der beiderseitigen Rechtsstandpunkte" vergleichsweise Zahlung von Unterhalt bis Februar 2007 vereinbart. Danach sollte "jede der Parteien Abänderung beantragen" können.
Im anschließenden Abänderungsverfahren stritten sie darum, ob die gesetzlichen Voraussetzung einer Abänderung (Störung der Geschäftsgrundlage, wesentliche Änderung der Verhältnisse) gegeben seien.

Der BGH (XII ZR 72/10 vom 11.07.2012, Rz. 17 ff. = FF 2012, 399/401 f.) war der Meinung, dass die Parteien eines Rechtsstreit die Abänderung eines Vergleichs durch Vereinbarung erleichtern oder erschweren können. Aus der Vereinbarung selbst oder aus dem zu Grunde liegenden Parteiwillen könne sich deshalb ergeben, dass der Vergleich jederzeit, das heißt ohne einen Zusammenhang mit einer Änderung der bei Vergleichsschluss obwaltenden Verhältnisse abgeändert werden kann.
Zwar komme eine solche Auslegung mit Rücksicht auf die von den Parteien typischerweise angestrebte Rechtssicherheit oft nicht in Betracht. Ausgeschlossen sei ein solcher Parteiwille aber nicht,
insbesondere wenn die Parteien wesentliche Streitpunkte des durch Vergleichsabschluss beendeten Verfahrens nicht beilegen konnten und sich für die Zukunft nur im Sinne einer einstweiligen Regelung an den Vergleich binden wollten.

Also: Es bringt etwas, sich im Vergleich vorzubehalten, eine Abänderung auch ohne die üblichen gesetzlichen Voraussetzungen vornehmen zu können. Insbesondere ist dann die Flucht aus der Präklusionsfalle gelungen.

Fokus-Familienrecht Schnell-Info zum Urteil (zum Vergrößern anklicken):




Freitag, 21. September 2012

Steuersparmodell Ehe - noch nicht am Ende...

Immer häufiger wird angesichts der aktuellen Rechtsprechung des BVerfG die Abschaffung des Ehegattensplittings gefordert. Es sei ein überkommenes Modell; denn einerseits heiraten viele Paare gar nicht mehr, können das Splitting also nicht in Anspruch nehmen und werden damit benachteiligt; andererseits kommen auch viele verheiratete Paare ihrer bevölkerungspolitischen Ehrenpflicht (Erhalt der Menschheit) nicht nach, und das sollte ja nach Ansicht vieler genau das sein, was mit dem Splittingtarif gefördert werden sollte. Es gehe, so der allgemeine Tenor, nicht an dass DINKS (double income, no kids) die Belastung des Kindergroßziehens vermeiden und trotzdem die dafür vorgesehene Förderung kassieren.

In diese Diskussion wirft der - wie immer hervorragende - Notar Prof. Dr. Grziwotz ein paar alternative Argumente hinein, über die es sich nachzudenken lohnt.
Der Splittingtarif - so seine Ansicht - prämiert nicht nur das Kinderkriegen, sondern die Familiensolidarität allgemein. Denn wer heiratet, geht z.B. das nicht zu vernachlässigende Risiko ein, irgendwann einmal einen kranken Partner pflegen und unterhalten zu müssen. Ferner gehe es um Familiensolidarität allgemein, z.B. also auch um die Versorgung kranker und gebrechlicher Eltern und Schwiegereltern.
Diesen Familienpflichten stellt Grziwotz den Splittingvorteil gegenüber, der sich beispielweise für ein Paar ergibt, bei dem der eine 60.000,00 und der andere 15.000,00 jährlich verdient. Er beträgt sage und schreibe 1.050,00 € jährlich - ein mickriges Trinkgeld.

Grziwotz wehrt sich nicht gegen eine Reform des Familiensteuerrechts, jedoch dagegen, einer Abschaffung des Ehegattensplittings das Wort zu reden, bevor nicht ein alternatives Modell entworfen ist.

Den sehr nachdenkenswerten und guten Beitrag von Grziwotz finden sie in der aktuellen Ausgabe der Legal Online Tribune.

Donnerstag, 26. Juli 2012

OLG Celle: Kein Pauschalabzug von 5 % für berufsbedingte Aufwendungen bei der VKH.

Was dem Unterhaltsrechtler seit Jahren in Fleisch und Blut übergegangen ist, mag zwar für den Unterhalt gelten, nicht aber für die Berechnung des Einkomens, wenn es um die Verfahrenskostenhilfe geht:
Jeder, der eigenen Verdienst hat oder ALG I bezieht, kan bei der Berechnung des Unterhalts für berufsbedingte Aufwendungen pauschal 5 % vom Einkommen abziehen - es sei denn, er weist höhere Aufwendungen nach, dann sind diese abzugsfähig, vgl. z.B. die süddeutschen Leitlinien zum Unterhalt, Ziff 10.2.1.
Das OLG Celle, 10 WF 212/12 vom 20.07.2012 = BeckRS 2012, 15920 macht jetzt klar, dass diese Pauschale nicht für die Ermittlung des Einkommens im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe gilt; dort genehmigt es nur 5,20 € mtl. als Abzug:

"Bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens im Rahmen der PKH-/VKH-Bewilligung besteht keine rechtliche Grundlage für einen - im Unterhaltsrecht bekannten - pauschalen Abzug in Höhe von 5% des Nettoeinkommens für berufsbedingten Aufwand. Soweit höhere Kosten nicht konkret glaubhaft gemacht werden, können vielmehr entsprechend § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII i. V. m. § 3 Abs. 5 der Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII lediglich 5,20 € pro Monat für Arbeitsmittel berücksichtigt werden." (amtlicher Leitsatz)

Dienstag, 24. Juli 2012

BGH: Stufenklage auf Zugewinnausgleich hemmt die Verjährung, auch wenn der Stichtag falsch angegeben ist.

Die Parteien hatten in einem Notarvertrag den Stichtag für den Zugewinnausgleich abweichend vom Gesetz festgelegt auf den 4.7.1994. In einer Stufenklage auf Auskunft und Zahlung von Zugewinnausgleich, erhoben am  06.02.2002 hatte die Ehefrau jedoch als Stichtag den gesetzlichen (Zustellung de Scheidungsantrags, § 1384 BGB), nämlich den 28.5.1998 angegeben. Von der Rechtskraft der Scheidung erfuhr sie im Laufe des März 1999.

  • Nach aktuellem Recht verjähren Zugewinnausgleichsansprüche nach den allgemeinen Regeln, also nach §§ 194 ff BGB.
  • Nach § 199 BGB beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis erlangt hat oder erlangen musste.
  • Nach § 1378 III BGB entsteht die Zugewinnausgleichsforderung mit der Beendigung des Güterstands, also mit Rechtskraft der Scheidung (lediglich berechnet wird sie bezogen auf den Tag der Zustellung des Scheidungsantrags, § 1384 BGB).
Die Verjährung wäre somit am 31.12.2002 eingetreten. An sich hemmt die vorher erhobene Klage die Verjährung.
Im Stufenantrag gab die Ehefrau jedoch einen - für die Berechnung des Zugewinnausgleichs natürlich wesentlich maßgeblichen - falschen Stichtag an. Der Ehemann berief sich deswegen auf Verjährung. Dem erteilte der BGH (IX ZR 168/11 = NJW 2012, 2180, Rz. 16 ff.) eine Absage, und zwar mit folgender Begründung:

"Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 BGB wird die Verjährung durch die Erhebung einer Leistungsklage gehemmt. Dem liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass der Gläubiger durch aktives Betreiben seines Anspruchs seinen Rechtsverfolgungswillen so deutlich macht, dass der Schuldner gewarnt wird und sich auf eine Inanspruchnahme auch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist einstellen muss... Eine Klage, welche die Geltendmachung des Anspruchs nur vorbereitet, hemmt hingegen die Verjährung dieses Anspruchs nicht, insbesondere auch nicht eine Klage, deren Ziel sich in der Erteilung der Auskunft und gegebenenfalls Rechnungslegung erschöpft."
Letzterer Fall lag hier nicht vor, da wir es ja mit einen Stufenklage, also einer Klage auf Auskunft und Leistung zu tun haben. Eine reine Auskunftsklage reicht also nicht, jedoch...

"...löst eine wirksame wenn auch mit Fehlern behaftete Klageschrift die Hemmung aus, gleich ob sie unzulässig oder unbegründet ist (BGH, Urteile vom 26. März 1981 und vom 5. Mai 1988, aaO; MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 21 ff, Erman/ Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 204 Rn. 3). Denn auch eine unzulässige oder unschlüssige Klage macht für den Schuldner den Rechtsverfolgungswillen des Gläubigers deutlich."
Mochte die Forderung der Klägerin also auch teilweise unbegründet sein, weil sie ihren Zugewinnausgleich bezogen auf einen falschen Zeitpunkt geltend machte. Jedenfalls machte sie auch mit einer fehlerhaften Klage ihren Rechtsverfolgungswillen deutlich. Und das reicht, um die Verjährung zu hemmen.




Montag, 23. Juli 2012

Wer wegen Unterhaltspflichtverletzung angeklagt ist, hat Anspruch aufeinen Pflichtverteidiger.

Nach § 140 II StPO ist dem Angeklagten ein Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn die Sachlage schwierig ist. Das ist nach Ansicht des LG Bielefeld, FamRZ 2012, 1175 in Unterhaltssachen immer der Fall.

§ 170 StGB sei eine äußerst komplexe Vorschrift. Strafbar mache sich nach dieser Vorschrift nur, wer grundsätzlich zur Zahlung in der Lage sei. Um das festzustellen, müsse der Strafrichter eigene Unterhaltsberechnungen anstellen, die der Angeklagte  wiederum nachvollziehen können müsse. Da dies in Zivilsachem im aller Regel mit Hilfe eines Anwalts geschehe (Anwaltszwang nach §§ 114 I, 111 Nr. 8 FamFG), müsse auch imStrafsachen ein Pflichtverteidiger beigeordmet werden.

Sonntag, 22. Juli 2012

Update zum Thema Sauklaue und Unterschrift

 Wir hatten hier neulich die hohe Ehre, einem aktuellen Urteil des BGH zur Frage, ob die Unterschrift eines Anwalts lesbar sein muss zur gebührenden Aufmerksamkeit zu verhelfen.
Das Thema ist tiefgründiger, als man meinen sollte. Die Tiefen und Untiefen lotet der Kollege Wolf Reuter auf Reuter: Arbeitsrecht wunderbar aus. Rechtsprechung vielfältig und vom Feinsten.

Leseempfehlung!

Das "Kieler Kostenkästchen" - Gefährliche Bemessung der Betragsrahmengebühren nach Schema F

Im Sozialgerichtsverfahren fallen unter bestimmten Umständen ( wie im Strafverfahren) Betragsrahmengebühren an, vgl. z.B. VV-RVG 3204 oder 3205. Wo im gesteckten Rahmen der Rechtsanwalt die bei ihm angefallene Gebühr verortet, bestimmt er
"...unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen.", § 14 RVG.
Dabei hat er Spielräume, die einer Beurteilung durch die Gericht nicht zugänglich sind, so zuletzt erst wieder der BGH. Wir berichteten hier.
Das Kieler Sozialgericht hält davon nicht viel. Es hat sich vielmehr ein Schema, das sog. "Kieler Kostenkästchen" (welch niedlicher Name für einen derartigen Eingriff in die anwaltschaftliche Entscheidungsfreiheit!) einfallen lassen, mit dem es unter Mißachtung des anwaltschaftlichen Gebührenbestimmungsrechts die Kosten selbst in den vorgegebenen Rahmen einordnen will. Hält sich der Anwalt daran nicht, ist seine Bestimmung automatisch unbillig.
Das "Kieler Kostenkästchen" ist ein Punktesystem, das wie folgt funktionieren soll (zitiert nach SG Kiel, BeckRS 2012, 70778):

Im ersten Schritt ordnet das Gericht die oben genannten Kriterien des § 14 RVG  in 5 Stufen ein, nämlich
• deutlich unterdurchschnittlich
• unterdurchschnittlich
• durchschnittlich
• überdurchschnittlich
• deutlich überdurchschnittlich
Den einzelnen Kriterien 1. - 4. ordnet die Kammer sodann einen Wert von je 1 - 5 Punkten zu, wie aus der folgenden Tabelle ersichtlich:

deutlich unterdurchschnittlichunterdurchschnittlichdurchschnittlichüberdurchschnittlichdeutlich überdurchschnittlich
Umfang12345Punkt(e)
Schwierigkeit12345Punkt(e)
Bedeutung12345Punkt(e)
wirtschaftliche Verhältnisse12345Punkt(e)
Anschließend werden die Punkte für die einzelnen Kriterien addiert und aus der Gesamtpunktzahl nach folgender Tabelle die billigen Gebühren (auf 5 € aufgerundet) ermittelt.

Punktzahl
nicht unbillige GebührGebühr für
VerfahrenTerminEinigung/Erledigung
3102
VV-RVG
3103
VV-RVG
3106
VV-RVG
1006
VV-RVG






4 - 5Mindestgebühr40,00 €20,00 €20,00 €30,00 €
6 - 71/3 der Mittelgebühr85,00 €60,00 €70,00 €65,00 €
8 - 92/3 der Mittelgebühr170,00 €115,00 €135,00 €130,00 €
10 - 14Mittelgebühr250,00 €170,00 €200,00 €190,00 €
15 - 161/3 über der Mittelgebühr335,00 €230,00 €270,00 €255,00 €
17 - 182/3 über der Mittelgebühr420,00 €285,00 €335,00 €320,00 €
19 - 20Höchstgebühr460,00 €320,00 €380,00 €350,00 €

Dabei nimmt das Sozialgericht zusätzlich die folgenden Vor-Beurteilungen vor:

"Die Schwierigkeit einer Untätigkeitsklage ist deutlich unterdurchschnittlich.
Die Bedeutung einer Untätigkeitsklage ist unterdurchschnittlich.
Bei Empfängern von Grundsicherungsleistungen liegen deutlich unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse vor.
Daneben ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Dies ist aber wegen des im sozialgerichtlichen Verfahren herrschenden Amtsermittlungsgrundsatzes und der Möglichkeit von Überprüfungsanträgen in der Regel zu vernachlässigen. Aufgrund der - insbesondere in Verfahren wegen Grundsicherungsleistungen - objektiv niedrigen Gegenstandswerte hätte die Berücksichtigung des anwaltlichen Haftungsrisikos eher gebührensenkende Auswirkungen."

Wen wundert da noch, dass hier eine Kollegin für eine Untätigkeitsklage nur 208,25 € incl. MWSt. zugesprochen bekam.
Immerhin: Der Kostenbeamte wollte ihr sogar für das ganze Verfahren nur 85,68 € incl. MWSt. genehmigen.

Liebe Leute! So geht's einfach nicht!
  1. Zu solchen Sätzen kann ein Anwalt nicht einmal dann arbeiten, wenn er seine Kanzlei in einer aufgelassenen Frittenbude im Kieler Hafen betreibt!
  2. Wieso bitte ist die Bedeutung einer Untätigkeitsklage automatisch immer unterdurchschnittlich? Wenn die Behörde Monate lang nicht in die Socken kommt, und ich als Grundsicherungsempfänger warte dringend auf Unterstützung, dann ist die Sache für mich von existentieller Bedeutung!
  3. Wieso mindert sich beim Anwalt das Haftungsrisiko, wenn im Verfahren Amtsermittlungsgrundsatz herrscht? Weil Behörden und Gerichte immer alles richtig machen und ich mich als Anwalt deshalb um nichts mehr kümmern muss?
  4. Unterstellt, der Anwalt muss für eine arme Kirchenmaus arbeiten wie ein Stier, trotzdem hat die Sache aber nur unterdurchschnittliche Bedeutung und ist auch eigentlich nicht rechtlich schwierig. Es braucht nur einen Haufen Zeit und Arbeit, um alle Belege herbeizubringen und für das Gericht zu sortieren. Hat der Anwalt dann wirklich nur Anspruch auf 2/3 der Mittelgebühr, obwohl er seine volle Power in die Sache investiert hat?
 Also das ist sehr ungut! Das führt dazu, dass man nur, weil man Grundsicherungsempfänger ist, keine wirksame anwaltschaftliche Unterstützung mehr bekommen kann - und das ist eine Aushöhlung unseres Rechtsstaatsprinzips, das dem Armen wie dem Reichen gleiche Behandlung vor Gericht gewähren soll.


Also Vorsicht vor dem "Kieler Kostenkästchen" und eventuellen Bemühungen, solche Schemata auch auf andere Rahmengebühren (in Strafsachen!? Rechtsschutzversicherer hätten sicher Freude an solcherart Rechenspielchen!) anzuwenden. Da werden wir uns entschlossen wehren müssen!



Samstag, 21. Juli 2012



Ausgabe 12/09: Form einer Unterhaltsvereinbarung, Betreuungsunterhalt auch bei ältern Kindern, Auskunftspflichten von Verwandten untereinander, Mitsorge des nichtehelichen Vaters, Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz
 
  • OLG Oldenburg: Die gerichtlich protokollierte Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt im Rahmen eines Verfahrens auf Trennungsunterhalt ist formwirksam. Dass das allerdings nicht selbstvertändlich ist, darauf weist der Kollege Wille zu Recht hin. Vorsicht ists geboten.
  •  Betreuungsunterhalt muss u.U. auch dann noch gezahlt werden, wenn alle drei Kinder schon 12  Jahre und älter sind, hat der BGH jetzt entschieden. Darauf weist ebenfalls der Kollege Wille im Unterhalt24-blog hin, ebenso Hans Otto Burschel auf dem Beck-Blog.
  • Die ebenso unterhaltsame wie richtige Entscheidung des AG Lüdinghausen über Informationspflichten von Verwandten untereinander war nicht nur bei uns Thema, sondern auch im Beck-Blog: Geheimsache Oma - ein lesenswerter Beitrag von H. O. Burschel.
  • Auch nach der revolutionären Rechtsprechung des BVerfG muss dem nichtehelichen Vater nicht zwingend die elterliche Mitsorge eingeräumt werden, entschied das OLG Brandenburg und kommentiert der Beck-Blog.
  • Zum Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz äußert sich der Kollege Munzinger - und nimmt dabei die Bestrebungen der Politik, die Qualitätsstandards der Kinderbetreuung herabzusetzen, kritisch ins Visier. 

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen
Fokus Familienrecht
RA & FAFam Gerhard Kaßing - München

Freitag, 20. Juli 2012

Krähenfuß? Oder doch eine Unterschrift? Das aktuelle Sauklauen-Urteil des BGH.

Der geschätzte Kollege M. hatte so unterschrieben, wie er das immer macht - seit Jahrzehnten. Plötzlich war das OLG damit nicht mehr zufrieden und meinte, das unter der Berufung befindliche Kunstwerk sei mangels Lesbarkeit gar keine Unterschrift. Und daher sei die Berufung nicht unterschrieben und damit nicht wirksam eingelegt.

In der Tat: Jahrzehnte hinterlassen Spuren an einer Unterschrift, wie der BGH (VII ZB 36/10 v. 26.04.2012 = FamRZ 2012, 1133, Ls.) treffend ausführt:
"Sie (die Unterschrift) besteht, wie die vom Beklagten zur Akte gereichten Schriftproben zeigen, nach einem jahrzehntelangen, sukzessiven Abschleifungsprozess nur noch aus den stilisierten Überbleibseln einer Reihenfolge von Buchstaben, aus denen sich der Vor- und Nachname Rechtsanwalt M.s zusammensetzt."
Allerdings...
"...weist der vom Berufungsgericht zutreffend als Abfolge aus Strichen, Punkten und Haken beschriebene Schriftzug starke individuelle Merkmale auf, die insbesondere wegen der ungewöhnlichen Kombination der Schriftzeichen keinen ernsthaften Zweifel daran aufkommen lassen, dass es sich um eine von ihrem Urheber zum Zwecke der Individualisierung und Legitimierung geleistete Unterschrift handelt. Rechtsanwalt M. unterschreibt, wie er durch seine ebenso unterzeichnete eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht hat, seit Jahren in dieser Weise. Auch dem Berufungsgericht liegen aus anderen Verfahren Schriftstücke vor, welche seine gleich geartete Unterschrift tragen, ohne dass dies beanstandet worden wäre. "
Und das veranlasste den BGH schließlich zu folgendem - jeden Zweifel ausschließenden - Leitsatz:
 "Ein aus unleserlichen Zeichen bestehender Schriftzug am Ende einer Berufungsschrift stellt jedenfalls dann eine Unterschrift im Sinne des § 130 Nr. 6 ZPO dar, wenn seine individuellen, charakteristischen Merkmale die Wiedergabe eines Namens erkennen lassen und aufgrund einer Gesamtwürdigung aller dem Berufungsgericht bei Ablauf der Berufungsfrist zur Verfügung stehenden Umstände die Identifizierung des Ausstellers ermöglichen (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 17. November 2009 XI ZB 6/09, NJW-RR 2010, 358)."
Jawoll!

Gezeichnet
(Rechtsanwalt)

Donnerstag, 19. Juli 2012

OLG München: Keine Einsicht ins Grundbuch, nur weil man vermutet, der Eigentümer sei dement

Der Sohn begehrte Einsicht ins Grundbuch hinsichtlich des Anwesen seines Vaters. Er habe ein berechtiges Interesse, denn er habe erfahren, dass sein Vater, der bis vor kurzem noch Eigentümer des Anwesens war, auf Wohnungssuche sei. Durch einen Blick ins Grundbuch wolle er erfahren, ob sein Vater das Anwesen vielleicht auf eine seiner Töchter übertragen habe, ohne sich ein lebenslanges Wohnrecht zu sichern. Sei das der Fall, sei der Vater bei der Übertragung sicher nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen und benötige Betreuung. Er, der Sohn wolle dann entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Der Rechtspfleger lehnte die Einsicht ins Grundbuch ab und das OLG München, Az. 34 Wx 253/11 = FamRZ 2012, 1081 gab ihm Recht: Es bestehe kein berechtigtes Interesse i.S.v. § 12 I GBO.
Nur derjenige habe ein Einsichtsrecht, der im Anschluss daran im Vertrauen auf die Eintragung ein konkretes Handeln beabsichtige. Zwar beabsichtige der Sohn, eine Betreuung anzuregen. Jedoch könnten die im Grundbuch festgehaltenen  Rechtsverhältnisse dafür nicht der Grund sein.Selbst wenn der Vater nicht mehr Eigentümer des Anwesens sei, könne allein aus dieser Tatsache noch nicht auf seine Hilfsbedürftigkeit oder eine Übervorteilung geschlossen werden. Bloße Verdachtsmomente, es könne nicht mit rechten Dingen zugegangen sein, reichen nicht. Auch die Überlassung eines Anwesens an Dritte ohne Absicherung durch ein Wohnrecht könne nachvollziehbare, vernünftige Gründe haben und lasse als solche einen Schluss auf eine Übervorteilung nicht zu.

Die Mindmap zum Urteil (zum Vergrößern anklicken):


Mittwoch, 18. Juli 2012

BGH bestätigt nochmals 1,5 Geschäftsgebühr nach VV 2300

Schon Anfang 2011 hatte der BGH erstmals anwaltsfreundlich entschieden: Der Ansatz einer 1,5 Geschäftsgebühr nach VV-RVG 2300 sei nicht zu beanstanden, wenn die Sache nicht ersichtlich unterdurchschnittliche Bedeutung habe - wie berichteten hier.  Dagegen lief vor allem die Versicherungswirtschaft Sturm, da nun der Weg frei war, in Unfallregulierungssachen statt einer 1,3 eine 1,5 Gebühr zu berechnen und diese Erhöhung der Nachprüfung durch die Gerichte entzogen war. Trotz dieser Protestwelle hat der BGH nun diese Rechtsprechung mit Urteil vom 08.05.2012, VI ZR 273/11 = ZfS 2012, 402 erneut bestätigt. Er führt aus:
"Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt bei Rahmengebühren, zu denen die Geschäftsgebühr im Sinne der Nr. 2300 VV RVG zählt, der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, "nach billigem Ermessen". Ist die Gebühr - wie hier - von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG (nur dann) nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Dabei steht dem Rechtsanwalt nach überwiegender Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 % zu (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, VersR 2007, 265 Rn. 5; BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603 Rn. 18; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., § 14 Rn. 12; AnwK-RVG/Onderka, 5. Aufl., § 14 Rn. 80 ff. mwN; Winkler in Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl., § 14 Rn. 54 mwN; Römermann in Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 14 Rn. 89 f.). Hält sich der Anwalt innerhalb dieser Grenze und ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit unterdurchschnittlich war, ist die von ihm festgelegte Gebühr jedenfalls nicht im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG unbillig und daher von dem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen (BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, aaO Rn. 16, 18; Senatsurteil vom 31. Oktober 2006 - VI ZR 261/05, aaO Rn. 9). Da nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Anhaltspunkte dafür, dass es sich vorliegend um eine unterdurchschnittlich schwierige Angelegenheit handelt, nicht vorliegen, hält sich die Erhöhung der Regelgebühr um 0,2 innerhalb der Toleranzgrenze und ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden."



Dienstag, 17. Juli 2012

Verkehrte Welt! Enkelin will Umgang mit der Oma - aber Oma will angeblich nicht!?

Einen etwas abseitigen Fall hatte jetzt das AG Lüdinghausen, BeckRS 2012, 14938 zu entscheiden: Der Vater zahlte zwar Unterhalt, wollte aber mit seiner Tochter nichts zu tun haben. Als die Tochter in die Schule kam, erfuhr sie von Mitschülerin, dass es so etwas wie Großeltern gibt, bei denen es ganz toll ist! Sie fragte die Mutter, warum sie denn keine Oma und keinen Opa habe.
Oma und Opa mütterlicherseits waren weit weg, nämlich in Peru. Deshalb fragte die Mutter beim Vater an, ob nicht die Oma väterlicherseits Interesse an einem Kontakt habe. Der Vater lehnte das strikt ab mit der Behauptung, aus Alters- und Gesundheitsgründen wolle die Oma die süße Enkelin nicht sehen - recht unwahrscheinlich. Die Adresse der Oma gab er nicht preis. Daraufhin klagten Mutter und Enkelin auf Bekanntgabe der Adresse - und bekamen beim AG Lüdinghausen Recht.
Tatsächlich besteht ein Auskunftsanspruch des Vaters, der aus § 1618 a BGB folgt: Nach dieser Vorschrift sind Eltern und Kinder einander Beistand und Rücksicht schuldig. Das Gericht bezog sich dabei auf eine Entscheidung des LG Münster NJW 1999, 726 und stellte fest, im Rahmen der Anwendung einer derartigen Generalklausel habe das Gericht einen weiten Ermessensspielraum, um die gegenseitigen Interessen und Bedürfnisse der Beteiligten gegeneinander abzuwägen (vgl. hierzu und zu den Anforderungen BVerfGE 96, 56).
Weiter stellte das Amtsgericht fest:
"Ein schutzwürdiges persönliches Interesse der Antragstellerin an der Kenntnis der Personalien ihrer Großmutter ist nicht von vornherein dadurch ausgeschlossen, dass der Antragsteller behauptet, seine Mutter wolle keinen Kontakt. Zwar kann ein persönlicher Kontakt, geschweige denn ein Umgang, weder gegen den Willen des Großelternteils erzwungen werden noch wäre ein solcher Umgang kindeswohldienlich i. S. v. § 1685 BGB. Jedoch muss der Antragstellerin möglich sein, dies selbst zu überprüfen, was jedenfalls die Kenntnis der Personalien der Großmutter voraussetzt. Außerdem ist die Reaktion der Großmutter bei einer tatsächlichen Kontaktaufnahme nicht vorherzusagen. Bereits die Chance zu einer Kontaktaufnahme ist schützenswert (vgl. LG Münster a. a. O.)
Selbst wenn es nicht zu persönlichen Kontakten kommen sollte, ist die Kenntnis der Person ihrer Großmutter für die Entwicklung der Antragstellerin von Bedeutung. Die mit der Kenntnis der eigenen Herkunft einhergehende Identifikation mit sich selbst ist für die Persönlichkeitsentwicklung förderlich und damit ebenfalls ein schützenswertes Interesse (vgl. LG Münster a. a. O.). Zur für die Identitätsentwicklung förderlichen Kenntnis der eigenen Wurzeln gehört nicht nur die Kenntnis der Eltern, sondern auch diejenige der weiteren Familie. In diesem Rahmen haben insbesondere Großeltern in der Vorstellungswelt von Kindern eine wichtige, die Rolle der Eltern ergänzende, Funktion."
 Festzuhalten ist vor allem: Es gibt einen allgemeinen familienrechtlichen Auskunftsanspruch aus § 1618a BGB - und damit kann man doch arbeiten...

(C) Foto urulaia auf www.pixelio.de

Montag, 16. Juli 2012

OLG Hamm: Die Adoption von Erwachsenen unterliegt nicht den gleichen strengen Anforderungen wie diejenige von Minderjährigen

Die Tante und ihre zwei Nichten hatten bereits ein enges Verhältnis zu einander, dass von gegenseitiger Hilfeleistung und Betreuung geprägt war. Schon zu Lebzeiten des - inzwischen verstorbenen - Onkels hatten Onkel und Tante ein Testament zugunsten der Nichten aufgesetzt.
Nun wollte die Tante die Nichten (deren Eltern auch schon Jahre verstorben waren) adoptieren, als Ausdruck besonderer Verbundenheit und - erklärtermaßen -, um durch die damit verbundene Änderung der Steuerklasse Erbschaftsteuer zu sparen. Das wollte das AG Gladbeck so nicht akzeptieren und wies den Adoptionsantrag zurück: Es sei bereits zweifelhaft, ob zwischen der Annehmenden und den Anzunehmenden eine Eltern-Kind-Beziehung bestehe oder nur eine gute verwandtschaftliche Beziehung zu einer alleinstehenden Tante. Indes könne dies dahinstehen, da die Adoption sittlich nicht gerechtfertigt sei. Die sittliche Rechtfertigung fehle dann, wenn wirtschaftliche Interessen das Hauptmotiv für die Adoption seien. Verbleibende Zweifel an der Motivationslage wirkten sich dabei zulasten der Antragsteller aus. Die persönliche Anhörung habe ergeben, dass die gewünschte Einsparung der Erbschaftssteuer den Hauptgrund für den Adoptionsantrag darstelle.

Die Beschwerde zum OLG Hamm hatte Erfolg: Das OLG entschied mit Beschluss vom28.06.2012, Az. II-2 UF 274/11 = BeckRS 2012, 15238:
1. Die Anforderungen, die an die Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses zu stellen sind, müssen im Rahmen der Erwachsenenadoption nicht dieselben sein wie bei der Minderjährigenadoption. (amtlicher Leitsatz)
2. Bei der Annahme von Personen vorgerückten Alters sind an die Unterhaltung dauernder persönlicher Beziehungen weniger weitgehende Anforderungen zu stellen als bei der Adoption minderjähriger Kinder, wie auch bei leiblichen Verwandten die Familienbeziehungen sich im Lauf der Jahre zu lockern oder andere Formen anzunehmen pflegen. (amtlicher Leitsatz)

Im Übrigen sei es unschädlich, wenn die Adoption auch einen wirtschaftlichen Hintergrund hätte - wie hier das Einsparen der Erbschaftsteuer. Sie dieser Effekt allenfalls erwünschte Nebenfolge der begehrten Annahme ist, stehe dies der Annahme eines natürlichen Eltern-Kind-Verhältnisses nicht im Weg.


 

Sonntag, 15. Juli 2012

OVG Lüneburg: PKH darf nicht deswegen versagt werden, weil das Hauptsacheverfahren verloren wurde

Wie vor kurzem schon der BGH hats nun auch das OVG Lüneburg entschieden, dass die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht vom Ausgang des Hauptsacheverfahrens abhängig gemacht werden darf:

Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der von der Klägerin vor dem Verwaltungsgericht geführten Klage ... war auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife ihres Prozesskostenhilfeantrags abzustellen. Verweist stattdessen - wie hier - ein Gericht zur Begründung der Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags auf die Ausführungen in der zeitgleich ergangenen Hauptsacheentscheidung, überspannt es die an eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu stellenden Anforderungen (BVerfG, Beschl. v. 13.7.2005 - 1 BvR 175/05 -, NJW 2005, 3489, juris; Beschl. v. 26.6.2003 - 1 BvR 1152/02 -, NJW 2003, 3190, juris).

Die Mindmap für die Schnell-Übersicht (zum Vergrößern anklicken):


Freitag, 13. Juli 2012

Sie fährt den Wagen, aber auf ihn läuft die Versicherung - OLG Hamm zum Verbleib des Schadensfreiheitsrabatts nach der Trennung

Eins der heiß umstrittenen Themen bei einer Trennung von Eheleuten ist oft der Schadensfreiheitsrabatt für den PKW. Wem steht er zu? Muss ihn der eine auf den anderen übertragen? Dazu hat sich jetzt das OLG Hamm wieder geäußert. Der Leitsatz:
Gem. § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB kann die Rechtspflicht der Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft und zur Verantwortung füreinander dazu führen, dass ein Ehegatte verpflichtet sein kann, den vom anderen tatsächlich erzielten Schadensfreiheitsrabatt einer Kraftfahrzeugversicherung im Falle der Trennung auf den anderen rechtlich zu übertragen.
Das Urteil: II-8 WF 105/11 = NJW-RR 2011, 1227 ,dort auch weitere Fundstellen und auch zur Frage, ob ein in der Ehe bereits übertragener Schadensfreiheitsrabatt rückzuübertragen ist.

 Die Facts in Kürze (Mindmap zum Vergrößern anklicken):


Montag, 23. April 2012

Der Feind in Deinem Bett: OLG Hamm zur Unterhaltsverwirkung bei Fremdgehen

Das hat man von seiner sozialen Ader: Das Ehepaar hatte den langjährigen gemeinsamen Freund bei sich daheim aufgenommen, weil er in einer finanziellen Notlage war und sich keine eigene Wohnung leisten konnte. Der Ehemann war Fernfahrer und häufig und lange unterwegs. Und es dauerte lange, bis er die Affäre zwischen seiner Frau und dem "Hausfreund" aufdeckte, die sich alsbald nach dem Einzug entwickelt hatte. Und die Decouvrierung führte nun nicht zur Reue und zur Abkehr: Ehefrau und Freund setzten die Affäre nun offen fort - nach wie vor unter dem gemeinsamen Dach. Der Mann trennte sich nun und verweigerte die Zahlung von Trennungsunterhalt mit dem Hinweis darauf, die SAche stelle ein grob ehewidriges, eindeutiges Fehlverhalten dar; die Zahlung jedweden Unterhalts sei unbillig.

Das OLG Hamm, Az. II-13 UF 3/11 vom 19.07.2011 gab ihm Recht. Der Ehefrau stehe kein Trennungsunterhalt nach §§ 1361 III BGB zu. Er sei nach § 1579 Nr. 7 BGB verwirkt. Zwar sei nicht jede ehewidrige Beziehung geeignet, den Unterhaltsanspruch zu beseitigen. Hier jedoch führe die Abwägung des Gesamt-Sachverhalts dazu, dass eine Inanspruchnahme des Ehemanns unerträglich wäre.



Donnerstag, 19. April 2012

OLG Karlsruhe: Gewalttätiger nichtehelicher Vater bekommt VKH im Sorgerechtsverfahren in gegen die Mutter

Auf Antrag des Jugendamtes soll der Mutter die elterliche Sorge entzogen werden. Sie könne ihr Kind gegen die Gewalteinwirkung des nichtehelichen Vaters nicht ausreichend schützen. Der Vater wird am Verfahren beteiligt und beantragt Verfahrenskostenhilfe. Obwohl alles dafür spricht, dass der Vater sowohl gegen die Mutter als auch gegen das Kind Gewalt ausgeübt hat, gewährt ihm das OLG VKH.

Werde der Mutter das Sorgerecht entzogen, sei zunächst der Vater an der Reihe, es zu bekommen, wenn dies dem Wohl des Kindes dient, § 1680 III, II S. 2 BGB. Diese gesetzliche Regelung begründet ein subjektives Recht des Vaters, BGH FamRZ 2010, 1242. Steht also die Entziehung des Sorgerechts der Mutter nach § 1666 BGB an, ist der Kindsvater unmittelbar in seinen eigenen Rechten betroffen. Soll auch ihm die elterliche Sorge versagt werden, kann allein dieser erhebliche Eingriff in sein Grundrecht gemäß Art. 6 II GG gebieten, Verfahrenskostenhilfe zu gewähren, so OLG Karlsruhe, Beschluss vom 02.03.2012, Az. 2 WF 20/12 = BeckRS 2012, 05822.

Fokus-Familienrecht Schnellinfo zum Urteil (zum Vergrößern anklicken):

Mittwoch, 18. April 2012

OLG Oldenburg: Nur ein Jahr mit dem neuen Partner zusammen gelebt: Kein Unterhalt mehr.

Wer von seinem Ehegatten getrennt und zwei Jahre lang mit einem neuen Partner zusammenlebt, der riskiert, dass ihm sein Unterhaltsanspruch nach § 1579 Nr. 2 BGB gekürzt oder gestrichen wird, so die übliche Rechtsprechung. Das OLG Oldenburg hat diese Frist jetzt für Sonderfälle sogar auf ein Jahr gekürzt.

Freitag, 13. April 2012

OLG Brandenburg spricht lebenslangen Ehegattenunterhalt zu...

...und das ist nicht einmal sensationell! Zwar war das Urteil des OLG - 10 UF 253/11 vom 21.02.2012 - sogar Legal Online Tribune eine Top-Schlagzeile wert: "Unbefristeter Anspruch bei 30 Jahren Ehe und Ausbildungsabbruch". Wer allerdings die aktuelle Rechtsprechung des BGH zu diesem Thema verfolgt, die übrigens im OLG-Urteil umfassend und korrekt zitiert wird, der sieht sogleich, dass das OLG beim gegebenen Sachverhalt zu keinem anderen Ergebnis kommen konnte:

Freitag, 30. März 2012

OLG Schleswig: Verfahrenskostenhilfe umfasst immer auch die Verfahrensdifferenzgebühr

Zwischen den Parteien war ein (isoliertes) Sorgerechtsverfahren betreffend ihre zwei Kinder anhängig.

Im Verhandlungstermin wurde – wie das so häufig der Fall ist – vor allem auch der Umgang des Antragsgegners zu diesen Kindern geregelt, insbesondere auch der Umgang zu einem dritten, ebenfalls bei der Antragstellerin lebenden Kind. Das Sorgerecht für dieses Kind war nicht einmal verfahrensgegenständlich gewesen. Die Parteien verglichen sich dann auch über diesen Umgang, also über einen Sachverhalt, der bis dahin nicht verfahrensgegenständlich war.

Das Amtsgericht gewährte den Parteien dann „Verfahrenskostenhilfe auch für den Vergleichsschluss zu den bisherigen Bedingungen“. Es widersetzte sich anschließend allerdings der Festsetzung einer Verfahrensdifferenzgebühr.

Mittwoch, 28. März 2012

Anwendung der Scharia in Deutschland - Ein Überblick

Das Thema ging in letzter Zeit durch die Medien - die Anwendung der Scharia ( also des islamischen Rechts) in Deutschland - speziell im Familienrecht - war einer der "Aufreger". Für den IPR-Fachmann ist die Anwendung dieser Rechtsordnung jedoch nichts Besonderes. Sie ist - natürlich im Rahmen des orde public gem .Art 6 EGBGB - seit jeher Realität. Überblick über dieses Thema gibt ein sehr guter Blog-Beitrag auf juraexamen .info. Lesenswert für die erste Information.


OLG Hamm: Gemeinsame Sorge trotz mangelnder elterlicher Kommunikation möglich.


Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 21.07.2010, Az. 1 BvR 420/09 = NJW 2010, 3008) hatte festgestellt, dass die gemeinsame elterliche Sorge nicht angeordnet oder aufrecht erhalten werden dürfe, wenn zwischen den Eltern keine ausreichende Kommunikation bestehe.

Diesen pauschalen Ansatz hat jetzt das OLG Hamm (Beschluss vom 01.02.2012, Az. II-2 UF 168/11 = Beck RS 2012, 05166) eingeschränkt. Lägen die Gründe für die mangelhafte Kommunikation zwischen den Parteien auf der Paar-Ebene, handele es sich nicht um unüberwindliche Zerwürfnisse im Hinblick auf die Interessen des Kindes. Das gelte auch, wenn die Kommunikation wegen einer objektiv nicht nachvollziehbaren Totalverweigerung der Kindsmutter nicht stattfinde. Finde der Konflikt nur auf der Paar-Ebene statt, sei davon auszugehen und sei den Eltern abzuverlangen, um des Kindes willen ihre Kommunikation nach und nach zu verbessern. Den Eltern sei grundsätzlich eine Konsensbereitschaft im Hinblick auf das Kind zuzumuten, insbesondere, wenn wie hier die Kindsmutter zwar in einer Verweigerungshaltung verharre, jedoch grundsätzlich intellektuell beweglich sei und auch dann, wenn der Kindsvater sich nicht immer beanstandungsfrei verhalten habe (der hier trotz einer Durchfallerkrankung dem Kind Erdbeerkuchen verabreicht hatte).

Im Vordergrund müsse der Gedanke stehen, dass das Kind zu beiden Eltern Kontakt halten müsse und die gemeinsame Sorge hierzu besser geeignet sei als die alleinige Sorge (BGH vom 15.11.2007, Az. XII ZB 136/04 = FamRZ 2008, 251).

Fokus-Familienrecht Schnell-Info zur Entscheidung ( zum Vergrößern anklicken):

Dienstag, 27. März 2012

Betrüger am Werk bei Filesharing-Abmahnungen - Kanzlei Dr. Kroner gibt es nicht!

Wenn Sie in den letzten Tagen eine Abmahnung wegen eines angeblichen illegalen Downloads erhalten haben und Absender eine "Kanzlei Kroner und Kollegen" in München ist: Werfen Sie sie weg und zahlen Sie nicht! Es handelt sich um einen Betrug.

Die Polizei Bayern warnt inzwischen vor dieser Masche, denn:

Die Kanzlei Kroner gibt es gar nicht. Sie ist schlicht nicht existent. Das einzige, was es von dieser Kanzlei vermutlich geben wird ist das Konto, auf das Leute mit schlechtem Gewissen lieber schnell den verlangten Betrag von € 146,45 überweisen, um nicht mit einem Gerichtsverfahren überzogen zu werden. Und dieses Konto befindet sich nach Auskunft der Polizei auch noch auf einer slowakischen Bank ;-)

Liebe Betrüger: Wenn Ihr sowas das nächste Mal macht, dann achtet doch bitte auf folgende Details:
  • Nehmt Euren Sitz nicht in München in der Maximilianstr. Das ist eine der teuersten Einkaufsmeilen Europas. Da sitzen zwar Anwälte, aber die sind so top-exklusiv, dass sie sich mit "Straßengeschäft" wie der Abmahnung von Musik- oder Film-Downloads nicht abgeben.
  • Wenn ihr schon Euren Sitz in der Maximilianstr. nehmt, dann gebt als Telefonnummern nicht nur Handynummern an. Kanzleien, die dort sitzen, können sich ein richtiges Telefon mit Festnetz-Nummer leisten und zusätzlich jemanden, der auch den Hörer abnimmt.
  • Bitte gebt nicht an, beim Kammergericht Berlin als "Inkassodienstleister registriert" zu sein. Anwälte dürfen nämlich Inkasso betreiben, ohne sich irgendwo registrieren lassen zu müssen. Und sie machen es besser als all die "registrierten" Inkasso-Dienstleister: Sie haben nämlich die entsprechende Ausbildung.
  • Und Schließlich: Gebt nicht an, dass ihr Rechtsanwälte und "Notar" seid. Das kommt in Bayern ganz blöd. Hier gibt es nämlich keine Anwaltsnotare und auch keine Bürogemeinschaften zwischen Anwälten und Notaren, sondern ausschließlich handverlesene "Nur-Notare".

Montag, 26. März 2012

PKH wegen fehlender Unterlage abgelehnt - In der Beschwerdeinstanz nachholbar

Vor dem Arbeitsgericht hatte der Kläger Prozesskostenhilfe beantragt und war aufgefordert worden, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen vorzulegen. Darauf hatte er nicht reagiert.
Das Arbeitsgericht hatte die zunächst gewährte Prozesskostenhilfe dann wieder aufgehoben. Der Kläger legte Beschwerde ein. Auf Aufforderung des Landesarbeitsgerichts legte er dann die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Belege dazu vor.

Freitag, 23. März 2012

OLG Brandenburg: In Abstammungsverfahren wird im Rahmen der VKH regelmäßig ein Anwalt beigeordnet.


In Abstammungssachen besteht grundsätzlich kein Anwaltszwang. Ist das der Fall, ist im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe ein Rechtsanwalt nur beizuordnen, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage eine Vertretung erforderlich erscheint, § 78 Abs. 3 FamFG.

Das OLG Brandenburg stellt fest, dass in Abstammungssachen einerseits schon die Schwere des Eingriffs in die Rechte der Beteiligten die Beiordnung eines Rechtsanwalts rechtfertigt (Bezugnahme auf OLG Dresden, FamRZ 2010, 2007), im Übrigen kommt es in Abstammungssachen immer wieder zu Schwierigkeiten im Rahmen der Beweisführung. Die Familiengerichte haben im Umgang mit den strengen Beweisanforderungen des Bundesgerichtshofs zum Teil erhebliche Probleme. Jedenfalls, wenn die Beteiligten des Verfahrens entgegengesetzte Ziele verfolgen, ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts angebracht, um eine sachgerechte Verfahrensführung zu ermöglichen, OLG Brandenburg, Beschluss vom 31.01.2012, Az. 13 WF 186/10 = Beck RS 2012, 04423. 


Donnerstag, 22. März 2012

OLG Karlsruhe: Wer ein freiwilliges soziales Jahr macht, verfolgt seine Ausbildung nicht konsequent!


Grundsätzlich bleibt der Kindesunterhalt volljähriger Kinder auch dann erhalten, wenn sich in die Ausbildung entweder unverschuldete oder nicht allzu lange andauernde Unterbrechungen einschleichen. So hatte der BGH (XII ZR 124/08 = NJW 2011, 226) zuletzt entschieden, dass der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt erhalten bleibt, wenn sich das Studium der Tochter wegen Schwangerschaft und Niederkunft um drei Jahre verzögert.

Das OLG Karlsruhe (Beschluss vom 08.03.2012, Az. 2 WF 174/11) will dieses Prinzip aber nicht uneingeschränkt gelten lassen. Es stellt fest, dass der Unterhaltsanspruch nur in Pausen zwischen zwei Ausbildungsabschnitten weiter gezahlt werden muss, nicht aber in einer Übergangesphase zwischen einer Ausbildung und einem Lebensabschnitt, der mit einer Ausbildung nichts zu tun hat.

Das Gericht stellt (entgegen OLG Celle, Az. 10 WF 300/11 = Beck RS 2011, 24574) fest, dass ein Anspruch auf Fortzahlung von Ausbildungsunterhalt grundsätzlich im freiwilligen sozialen Jahr nicht gilt, weil dieses freiwillige soziale Jahr keine Ausbildung im Sinne des Unterhaltsrechts sei. Folglich könne Unterhalt auch in einer Übergangsphase zwischen Ausbildung und freiwilligem sozialem Jahr bzw. diesem Jahr und einer sich daran anschließenden weiteren Ausbildung nicht gewährt werden.

Der Antragsteller, der nach dem Abitur das freiwillige soziale Jahr absolvierte, anschließend (in der im Verfahren streitigen „Wartezeit“) einen Rettungssanitäter-Lehrgang gemacht hatte und zur Überbrückung der restlichen Wartezeit zu seinem Medizinstudium anschließend eine dreijährige Ausbildung zum Krankenpfleger absolvierte, bekam daher für die Übergangszeit (Rettungssanitäterlehrgang) keinen Kindesunterhalt.

Nach Ansicht des OLG Karlsruhe stellte der vom Antragsteller eingeschlagene Ausbildungsweg keinen einheitlichen Ausbildungsgang dar; der Antragsteller habe seine Ausbildung nicht zügig durchgeführt. Es fehle an einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Abitur und Studium und damit an den Voraussetzungen des § 1610 Abs. 2 BGB. 


Mittwoch, 21. März 2012

Der neutrale Richter - nur eine Illusion?

Nur die Fakten sehen - und dann entscheiden. Das wäre des Advokaten Idealvorstellung von einem guten und vor allem neutralen Richter. Dass das in der Praxis so nicht läuft, ist eine Tatsache, und darüber gibt es jetzt sogar eine Untersuchung.

Dienstag, 20. März 2012

Du? Der Vater meines Kindes?? Vergiss es!! Oder... lieber doch nicht!

In der nichtehelichen Beziehung war ein Kind zur Welt gekommen, und er hatte die Vaterschaft anerkannt und sogar die elterliche Sorge bekommen. Als die Beziehung auseinander ging, gab es um eben diese Sorge Streit. Und nun behauptete die Kindsmutter im privaten Gespräch (mehrmals und unvorsichtigerweise in Gegenwart seiner neuen Lebensgefährtin), er sei gar nicht der Vater, sondern jemand ganz anderes...

Freitag, 16. März 2012

BGH kürzt den Kindesunterhalt, wenn das Kind schon mal auf eigenen Füßen gestanden hat.

Die Tochter hatte ihre Ausbildung abgeschlossen und war schon berufstätig gewesen. Dann erkrankte sie und konnte wegen einer Behinderung nicht mehr arbeiten, bezog Erwerbslosenrente und nebenher Sozialleistungen. Der Sozialhilfeträger versuchte, im Wege des Regresses den Vater in die Pflicht zu nehmen. Dieser hatte etwas mehr als 1.400,00 € Rente.

Diesem Begehr setzten sowohl das OLG Köln ( 25 UF 48/09) als auch der BGH (Urteil vom 18.01.2012 Az.: XII ZR 15/10) nun enge Grenzen: Eltern müssen zwar regelmäßig damit rechnen, ihren Kindern auch über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus zu Unterhaltsleistungen verpflichtet zu sein, bis diese ihre Berufsausbildung abgeschlossen haben und wirtschaftlich selbstständig sind. Haben die Kinder danach aber eine eigene Lebensstellung erlangt, in der sie auf elterlichen Unterhalt nicht mehr angewiesen sind, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass sie ihre Unabhängigkeit von den Eltern auch behalten. Darauf dürfen sich die Eltern, wenn nicht bereits eine andere Entwicklung absehbar ist, auch einstellen.
Verliert das erwachsene Kind dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder seine wirtschaftliche Selbstständigkeit, werden die Eltern nur noch sehr eingeschränkt wieder in die Pflicht genommen. Sie können mindestens einen erhöhten Selbstbehalt (wie gegenüber dem Elternunterhalt) geltend machen, das sind derzeit Euro 1500,00. Dieser Selbstbehalt erhöht sich außerdem nach den gleichen Regeln wie beim Elternunterhalt. Die Hälfte des über den Selbstbehalt verbleibenden Betrages bleibt ebenfalls vor dem Zugriff des Unterhaltsgläubigers bewahrt.
Beispiel: Die Eltern haben ein bereinigtes Nettoeinkommen von Euro 1.800,00. Der Mindest-Selbstbehalt beträgt Euro 1.400,00, die Differenz Euro 400,00. Von dieser Differenz dürfen die Eltern nochmals in die Hälfte behalten, so dass sich in diesem Beispiel der Selbstbehalt auf Euro 1.600,00 erhöht.

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Donnerstag, 15. März 2012

Pubertät ist, wenn die Eltern schwierig werden... und das kann teuer werden für Papa!

Was macht man als halbwüchsiger Teenager, wenn Papa einem gar nichts mehr erlauben will? Wenn die Eltern getrennt leben, gibt es die Möglichkeit, einfach zu Mama zu ziehen. Aber das kann teuer werden für Papa, wenn die Eltern gerade wegen des Kindesunterhalts prozessieren.

In dem vom OLG Rostock entschiedenen Fall hatte Papa beim Mama Kindesunterhalt eingeklagt. Nach Klageerhebung wechselte die Tochter die Fronten und zog zur Mutter, und das OLG entschied, dass die Befugnis des Vaters zur Vertretung des Kindes gemäß § 1629 II S. 2 BGB erloschen sei, und zwar rückwirkend! ( Beschluss vom 14. 01. 2012, 10 UF 146/10 = BeckRS 2012, 02958). Das hatte auch zur Folge, dass dem Vater rückwirkend die Vollmacht abhanden gekommen war, für das Kind einen Anwalt zu beauftragen. Die erhobene Klage sei unzulässig geworden, der Vater habe die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Diese Kostenfolge wäre aber - so das OLG - vermeidbar gewesen, hätte der Vater nach dem Umzug der Tochter, also nach dem Wegfall seiner alleinigen Vertretungsmacht den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Dann hätte das Gericht die Möglichkeit gehabt, die Kosten des Verfahrens der Mutter aufzuerlegen. Nach dem in erster Instanz vom Gericht kein entsprechender Hinweis kam und der Anwalt des Vaters über die Möglichkeit der Erledigterklärung offenbar nicht informiert war, blieben die Kosten am Vater hängen. Immerhin schlug das OLG die Gerichtskosten zweiter Instanz nieder; sie wären seines Erachtens nicht entstanden, hätte die erste Instanz den Vater ordnungsgemäß aufgeklärt.

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Mittwoch, 14. März 2012

Die Kinder kriegen Unterhalt - Welche Steuerklasse muss ich wählen?

Normalerweise: Die Günstigste für die Kinder. Denn zu Lasten minderjähriger Kinder darf ich nicht mutwillig mein Einkommen verringern - ich muss mich also möglichst günstig versteuern.Und das bedeutet auch, dass ich, wenn ich wieder verheiratet bin, wenn möglich die Steuerklasse 3 zu wählen habe. Es sei denn...

Dienstag, 13. März 2012

OLG Hamm: Auch mit einem VKH-Antrag kann die Frist des § 137 II FamFG gewahrt werden

Inzwischen hat sich's rumgesprochen: Scheidungsfolgesachen müssen spätestens 14 Tage vor dem Verhandlungstermin anhängig gemacht werden, andernfalls kommen sie nicht mehr in den Verbund und können insbesondere die Scheidung nicht mehr verzögern.

Freitag, 9. März 2012

OLG Köln: Keine sofortiges Anerkenntnis im Hauptsacheverfahren mehr, wenn man sich im VKH-Verfahren gewehrt hat.

Gelegentlich versucht man ja, das Gericht "anzutesten", in dem man einen Verfahrenskostenhilfeantrag stellt oder sich im VKH-Verfahren wehrt. Je nach dem, ob das Gericht dann Aussichten für den Erfolg sieht, kann man ja dann immer noch die Segel streichen oder weitermachen.

Dieser Art von "Probelauf"  hat das OLG Köln jetzt eine empfindliche Grenze gesetzt. Im Beschluss vom 23.01.2012, Az.: 4 WF 212/11 = BeckRS 2012, 04712 stellt es unter Bezugnahme auf Thomas-Putzo, § 93 Rz. 9 fest, dass derjenige, der sich im VKH-Verfahren gegen die Klageforderungen gewehrt hat, anschließend nach Gewährung der VKH und Zustellung der Klage nicht mehr "sofort" im Sinne von § 93 ZPO die Klageforderung anerkennen kann.
Was bei genauerem Hinsehen auch nachvollziehbar ist. Denn nach § 93 ZPO muss der Kläger die Verfahrenskosten tragen, wenn der Beklagte sofort anerkennt. Allerdings kommt diese Wohltat nur dem Beklagten zugute, der durch sein Verhalten keinen Anlass für die Klage gegeben hat. Und wer sich im VKH-Verfahren noch wehrt, anschließend aber dann aufgibt, der gibt natürlich Anlass für das Hauptsacheverfahren...

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Mittwoch, 7. März 2012

OLG Celle: Grundsätzlich haben Kinder auch im freiwilligen sozialen Jahr einen Kindesunterhaltsanspruch

Lange war die Rechtsprechung anderer Meinung: Ein freiwilliges soziales Jahr stellte keine angemessene Vorbildung zu einem Beruf dar, weshalb es während dieses Jahres auch keinen Kindesunterhalt gab. Seit 2008 ist das freiwillige soziale Jahr jedoch gesetzlich neu geregelt.

Dienstag, 6. März 2012

Verfahrenskostenhilfe: Bei drohendem Sorgerechtsentzug wird regelmäßig ein Anwalt beigeordnet.

Sorgerechtssachen unterliegen nicht dem Anwaltszwang, weshalb das FamFG in § 78 II eine recht hohe Hürde für die Beiordnung eines Anwalts bei Gewährung von VKH errichtet. Nach dem Wortlaut des Gesetzes müssen sowohl die Sachlage als auch die Rechtslage schwierig sein, damit das Gericht einen Anwalt beiordnen kann, etwas, das ganz selten vorkommt.

Montag, 5. März 2012

OLG Celle: Rücknahme des Scheidungsantrags - Zustimmung kann nicht erst verweigert und dann doch erklärt werden

Beide Eheleute hatten Scheidungsantrag gestellt, und beide waren mit der Regelung nicht zufrieden, die der Amtsrichter zum Versorgungsausgleich getroffen hatte, weshalb auch beide Berufung einlegten. Als das OLG signalisierte, dass die Ehefrau wohl würde Recht behalten, wollte der Ehemann nun seinen Scheidungsantrag zurücknehmen, weil er die drohende erhebliche Kürzung seiner Rente nicht hinnehmen wollte.

Freitag, 2. März 2012

Ehevertrag sieht "lebenslangen Unterhalt" vor - BGH: Trotzdem Abänderung möglich

Auch ein Ehevertrag, in dem ein lebenslanger Unterhalt vereinbart ist, schützt den Unterhaltsberechtigten nicht vor einem Abänderungsbegehr des Pflichtigen.Im vorliegenden Fall hatte anläßlich der Scheidung im Jahre 1999 ein Zahnarzt mit seiner Frau vereinbart, ihr lebenslang erst 50, später dann 40 % seiner Praxis-Einnahmen als Unterhalt zu zahlen.
Also sich 2008 das Gesetz änderte und insbesondere der § 1578 b BGB eingeführt wurde, klagte der Zahnarzt auf Reduzierung des Unterhalts. Die Frau berief sich auf die vertragliche Vereinbarung. Der BGH, XII ZR 139/09 stellte fest, dass trotz des Vertrags eine nachträgliche Anpassung grundsätzlich möglich ist. Die Gesetzesänderung könne zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen.

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Donnerstag, 1. März 2012

OLG München: Bei Verzicht auf den Versorgungsausgleich fällt die Einigungsgebühr an.

Noch bis vor kurzem waren die Obergerichte weithin der Meinung, ein Verzicht auf den Versorgungsausgleich löse eine Einigungsgebühr nicht aus; den ein Verzicht sei eine einseitige Sache, eine Einigung setze jedoch zwei korrespondierende Willenserklärungen voraus. Nun hat sich aber die Rechtslage zum Versorgungsausgleich per 01.09.2012 grundlegend geändert.

Mittwoch, 29. Februar 2012

Trotz Gütertrennung Zugriff aufs Vermögen durch die Hintertür

In einer aktuellen Entscheidung vom 18.01.2012 stellt der BGH fest, dass derjenige, der nicht aufpasst, trotz vereinbarter Gütertrennung einen guten Teil seines Vermögens verlieren kann - nämlich beim Versorgungsausgleich.

Dienstag, 28. Februar 2012

BGH: Fettabsaugung ist kein trennungsbedingter Mehrbedarf

In der inzwischen geschiedenen Ehe spielte Geld offenbar nur eine Nebenrolle. Die bei Scheidung 54 Jahre alte Ehefrau hatte daher schon in der Ehe Schönheitsoperationen an sich vornehmen lassen. Die Kosten hierfür machte sie nun im Rahmen eines Unterhaltsprozesses geltend.