Dienstag, 10. Dezember 2013

Kindesunterhalt: Verpflichteten zum Jugendamtstitel auffordern oder gleich klagen?

Der Vater behauptete, nicht einmal den Mindestunterhalt leisten zu können und reagierte auch auf Hinweise der Kindsmutter nicht, er sei seinem minderjährigen Kind gegenüber verschärft erwerbspflichtig.

Diese forderte ihn nun gar nicht mehr auf, einen Unterhaltstitel beim Jugendamt zu erstellen, sondern stellte gleich VKH-Antrag für ein gerichtliches Unterhaltsverfahren.
Normalerweise sehen die Gerichte das als mutwillig an. Erst wenn man den Pflichtigen aufgefordert hat, einen Jugendamtstitel zu erstellen und er dem in angemessener Frist nicht nachgekommen ist, darf das Gericht mit Kindesunterhaltsforderungen belästigt werden. Kommt man vorher damit daher, ist das mutwillig, und es gibt keine Verfahrenskostenhilfe.

Das gilt allerdings nicht im oben geschilderten Fall, wie das OLG Hamm, Beschluss vom 10.10.2013 - II-2 WF 213/13 = BeckRS 2013, 18762 entschieden hat. Es führt aus:
"Die Verfahrenskostenhilfe ist vorliegend auch nicht wegen Mutwilligkeit zu versagen. Eine Rechtsverfolgung ist dann mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 114 ZPO Rn. 30 m. W. N.).
Danach kann hier eine Mutwilligkeit nicht deswegen angenommen werden, weil die Antragstellerin es versäumt hat, den Antragsgegner zur Erstellung einer kostenfreien Jugendamtsurkunde aufzufordern. Nach den vorprozessualen Ausführungen des Antragsgegners hält dieser sich nur in Höhe von monatlich gerundet 83 € für leistungsfähig. Wegen des Differenzbetrages von monatlich (222 - 83 =) 142 € müsste also ohnehin der Rechtsweg beschritten werden. Vor diesem Hintergrund würde eine nicht hilfsbedürftige Partei den Pflichtigen ebenfalls sogleich in voller Höhe auf gerichtlichem Wege in Anspruch nehmen."

(C) Foto: S. Hofschlaeger  / pixelio.de

Montag, 9. Dezember 2013

BGH zu "vergessenen" Anrechten im Versorgungsausgleich

Werden im Versorgungsausgleich Anrechte übersehen, vergessen oder verschwiegen, wirft dies erhebliche Probleme auf. Nach einer aktuellen Entscheidung des BGH (vom 24.7.2013, XII ZB 340/11 = FamRZ 2013,1662) können solche Anrechte auch dann nicht im Wege des Abänderungsverfahrens nach § 51 VersAusglG nachträglich ausgeglichen werden, wenn das Abänderungsverfahren wegen der Wertänderung eines anderen, in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts eröffnet ist.

Zwar sei einerseits demjenigen, der im Versorgungsausgleich zu kurz gekommen sei, ein gewisses Rechtsschutzinteresse an eine Abänderung der Entscheidung zuzubilligen. Jedoch habe auch im vorliegenden Falle das Prinzip Vorrang, nachdem die Rechtskraft einer Entscheidung nur in Ausnahmefällen durchbrochen werden dürfe. Dass sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebende Prinzip der Rechtssicherheit habe hier mehr Gewicht als das Interesse an einer Fehlerkorrektur ein Versorgungsausgleich.

Freitag, 6. Dezember 2013

BGH: Berechtigter muss auch beim Trennungsunterhalt in Ausnahmefällen seinen Vermögensstamm verwerten.

Der unterhaltsverpflichtete Ehemann war unbegrenzt leistungsfähig und verfügte über erheblich höheres Vermögen als seine unterhaltsberechtigte Ehefrau. Diese hatte aus der Veräußerung eines gemeinsamen Anwesens ebenfalls Barvermögen erworben.

Des Verwertung zum Zwecke der Bedarfsdeckung lehnte der BGH im konkreten Fall ab. Er schloss sich dem OLG an, das entschieden hatte, zur Verwertung des Vermögensstammes sei die Klägerin im Rahmen des Trennungsunterhalts noch nicht verpflichtet, weil die Unterhaltsberechnung das Ziel habe, der Klägerin den in der intakten Ehe erworbenen Lebensstandard zu sichern und dies auch hinsichtlich des aus der Veräußerung erzielten Erlöses gelte, weil der Beklagte über ein deutlich höheres Vermögen verfüge und unbegrenzt leistungsfähig sei.

Merke: Der Ehemann war hier noch erheblich vermögender als die unterhaltsberechtigte Frau und überdies aus dem laufenden Einkommen unbegrenzt leistungsfähig; man befand sich also im Bereich der konkreten Bedarfsbemessung.
Das legt nahe, dass der BGH zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre, wenn die Eheleute im wesentlichen ein gleich hohes Vermögen gehabt, das Einkommen des Verpflichteten nicht unbegrenzt weit gereicht hätte und im Übrigen durch Trennung von Wohnsitz und Vermögen schon während der Trennungszeit zwischen den Eheleuten eine wirtschaftliche Entflechtung stattgefunden hätte, die die Verhältnisse während der Trennungszeit an diejenigen nach Rechtskraft der Ehe angeglichen hätte.

BGH XII ZR 177/09 = FamRZ 2012, 514, Rz. 14 und 36

Mittwoch, 4. Dezember 2013

OLG Brandenburg zur Beiordnung eines Anwalts im Abstammungsverfahren

In Abstammungsverfahren ist nicht nur dem Vater, sondern auch allen weiteren Beteiligten  in der Regel ein Anwalt beizuordnen. Bei der nach § 78 II FamFG vorzunehmenden Güterabwägung "...sei zu berücksichtigen, dass in kaum einem anderen Verfahren als dem Vaterschaftsfeststellungsprozess eine Partei gehalten sei, ihre Privat- und Intimsphäre zu offenbaren, weshalb es nachvollziehbar und verständlich mache, dass sie sich einer Person ihres Vertrauens, nämlich ihres Verfahrensbevollmächtigten, bedienen möchte..." so OLG Brandenburg vom 10.10.2013, Az.: 3 WF 116/13 = BeckRS 2013, 18145.

Wie vernünftig ist DAS denn...?  :-))

(C) Foto: Stephanie Hofschlaeger  / pixelio.de

Dienstag, 3. Dezember 2013

OLG Saarbrücken: Was der Richter beachten muss, wenn er den Umgang regelt:

In einem amtlichen Leitsatz von bisher nicht gekannter Länge legt das OLG Saarbrücken (6 UF 128-13 v. 11.10.2013 = Beck RS 2013, 18509) fest, was der Amtsrichter bei einer Umgangsregelung alles beachten muss, will er nicht in die Falle einer unzulässigen Teilentscheidung tappen:
"Wird ein Umgang nicht konkret, vollständig und vollstreckbar nach Art, Ort und Zeit des Umgangs geregelt oder - soweit es das Kindeswohl erfordert - konkret eingeschränkt oder ausgeschlossen (sog. Konkretheitsgebot), so liegt eine unzulässige Teilentscheidung vor. Die Regelung des Umgangs darf nur soweit in die Hände eines Dritten gelegt werden, wie das Gesetz diese Möglichkeit ausdrücklich eröffnet. Letzteres ist jedenfalls hinsichtlich der Frage, ob die Umgangskontakte begleitet oder unbegleitet stattfinden, bei der Umgangspflegschaft nicht der Fall. Die Vollstreckbarkeit einer periodischen Umgangsregelung setzt voraus, dass der erste Umgangstermin kalendermäßig genannt ist. Im Rahmen des Umgangsrechts nach § BGB § 1684 Abs. BGB § 1684 Absatz 1 BGB ist grundsätzlich die Einräumung von Ferienumgang angezeigt. Wenn das Gericht hiervon absieht, stellt dies jedenfalls bei einem Kind im Alter von acht Jahren grundsätzlich keine Umgangsregelung nach § BGB § 1684 Abs. BGB § 1684 Absatz 1 BGB mehr dar, sondern eine Umgangseinschränkung i. S. d. § BGB § 1684 Abs. BGB § 1684 Absatz 4 S. 1 oder 2 BGB. Die Anordnung einer Umgangspflegschaft ist auf Fälle beschränkt, in denen es der betreuende sorgeberechtigte Elternteil ist, der seine § BGB § 1684 Abs. BGB § 1684 Absatz 2 S. 1 BGB entspringende Loyalitätspflicht dauerhaft oder wiederholt verletzt (Anschluss BGH FamRZ 2012, 533, juris Rz. 19). Da die Umgangspflegschaft einen erheblichen Sorgerechtseingriff bedeutet, müssen ihre Voraussetzungen strikt beachtet werden. Sie ist kein Allheilmittel, so dass der Umstand, dass die Sachverständige, der Verfahrensbeistand, das Jugendamt und die Eltern mit ihrer Einrichtung einverstanden sind, das Familiengericht nicht von der gründlichen Prüfung ihrer Voraussetzungen enthebt, zumal durch sie erhebliche Kosten entstehen. Beruht hinsichtlich eines von mehreren beteiligten Kindern das Umgangsrecht nur auf § BGB § 1685 Abs. BGB § 1685 Absatz 2 BGB, so kommt die Einrichtung der Umgangspflegschaft insoweit wegen § BGB § 1685 Abs. BGB § 1685 Absatz 3 S. 2 BGB nur bei Vorliegen der Voraussetzungen von § BGB § 1666 BGB in Betracht. Die Formulierung "ab dem 4. Lebensjahr" des Kindes bedeutet in Abwesenheit gegenteiliger Anhaltspunkte ab Vollendung seines 3. Lebensjahres. (amtlicher Leitsatz)."

Puuhh! Welcher Richter würde da nicht ultimativ und heftig auf den Abschluss eines Vergleichs drängen :-))

(C) Foto: Maryline Weynand  / pixelio.de

Montag, 2. Dezember 2013

OLG Brandenburg: Wie man im VKH-Verfahren für eine Sorgerechtsübertragung schlüssig vorträgt...

"Wer die alleinige elterliche Sorge im Rahmen des § 1671 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 BGB beansprucht, braucht im Rahmen des Verfahrens der Verfahrenskostenhilfe nur substantiiert vorzutragen, dass zwischen den beteiligten Eltern die Kooperationsfähigkeit fehlt, zum Wohle des Kindes die notwendigen Entscheidungen von erheblicher Bedeutung gemeinsam zu treffen. Allein der Umstand, dass ein Elternteil den anderen bei der Entscheidung über wichtige Angelegenheiten des Kindes gewähren lässt, rechtfertigt aber die Aufhebung der gemeinsamen Sorge grundsätzlich nicht. Gleiches gilt für unterschiedliche Auffassungen zur Gestaltung des Umgangsrechts. (amtlicher Leitsatz)", so OLG Brandenburg, 3 WF 115/13 v. 15.10.2013 = BeckRS 2013, 18887.

(C) Foto: Helene Souza  / pixelio.de

Freitag, 29. November 2013

OLG Brandenburg: Aufforderung zum Verzicht auf Unterhalt muss sich an § 1613 I BGB ausrichten

Nach § 1613 I BGB kann der Berechtigte für die Vergangenheit die Erfüllung eines Unterhaltsanspruchs oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur von dem Zeitpunkt an fordern, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist.
§ 1613 BGB stellt also an die Mahnung des Berechtigten dem Verpflichteten gegenüber bestimmte inhaltliche Anforderungen.
Ähnliche - spiegelbildliche, wie das OLG Brandenburg formuliert - Voraussetzungen muss die Mitteilung das Verpflichteten an den Berechtigten erfüllen, in der der Verpflichtete den anderen Teil auffordert, für die Zukunft auf Unterhalt zu verzichten: " Das Verzichtsverlangen im Sinne von § 238 Absatz 3 Satz 3 FamFG unterliegt spiegelbildlich den Voraussetzungen der Mahnung in § 1613 Absatz 1 Satz 1 Fall 2 BGB. Es ist eine sogenannte negative Mahnung erforderlich, also die Aufforderung an den Unterhaltgläubiger, teilweise oder vollständig auf den titulierten Unterhalt zu verzichten. Diesen Anforderungen genügt eine Mitteilung des Unterhaltsschuldners an den Unterhaltsgläubiger, in welcher der Unterhaltsschuldner schlüssig darlegt, dass nunmehr nur noch ein geringer Unterhalt geschuldet sei, und den Unterhaltsgläubiger ernsthaft zu der Erklärung auffordert, die Herabsetzung des Unterhalts zu akzeptieren." (amtlicher Leitsatz von OLG Brandenburg vom 15.10.2013, Az. 3 WF 98/13 = BeckRS 2013, 18893).

(C) Tony Hegewald  / pixelio.de

Donnerstag, 28. November 2013

BGH: Fehlverhalten in der Trennungszeit rechtfertigt Ausschluss des Versorgungsausgleich nur im Ausnahmefall

Das tunesische Ehepaar ließ sich scheiden. Während der Trennungszeit "...veröffentlichte die Ehefrau unter einem Pseudonym ein mit Unterstützung einer Journalistin verfasstes Buch, in dem sie im Stil einer Autobiographie ihre zwölfjährige Ehe mit dem Ehemann als Zwangsehe beschreibt, in deren Verlauf der Ehemann ihr die Kinder entzogen und sie laufend misshandelt und vergewaltigt habe..."
Der entrüstete Ehemann meinte nun, damit habe die Ehefrau ihr Recht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verwirkt.

Dem folgte der BGH (XII ZB 176/12 v. 16.10.2013 = BeckRS 2013, 19687) nicht: "Das persönliche Fehlverhalten eines Ehegatten in der Zeit nach der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft rechtfertigt den Ausschluss des Versorgungsausgleichs, der die verfassungsrechtlich geschützte Teilhabe an dem während der Ehe gemeinsam geschaffenen Versorgungsvermögen gewährleisten soll, nur ausnahmsweise und nur dann, wenn das Fehlverhalten besonders krass ist oder sonst unter den Ehepartnern besonders belastenden Umständen geschieht und die Durchführung des Versorgungsausgleichs unerträglich erscheint...".
Zwar habe der Ehemann "...ein allgemeines Interesse daran, dass Einzelheiten des Zusammenlebens der Ehegatten nicht gegen oder ohne seinen Willen in der Öffentlichkeit ausgebreitet werden, sondern innerhalb der Abgeschlossenheit der Ehe verbleiben. Dabei käme es nicht einmal darauf an, ob die von der Ehefrau geschilderten Verhaltensweisen des Ehemanns zutreffend geschildert wurden oder nicht..."
Allerdings habe das OLG trotzdem richtig geurteilt, wenn es die Durchführung des Versorgungsausgleichs zugelassen habe: Es komme nämlich maßgeblich darauf an, inwieweit das Verhalten der Ehefrau den Ehemann tatsächlich beeinträchtigt habe. Insoweit dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Frau das Buch unter einem Pseudonym veröffentlicht und im Buch die Klarnamen der Eheleute nicht erwähnt habe. Aus der Tatsache, dass der Ehemann vom Ganzen erst drei Jahre nach Veröffentlichung des Buchs erfahren habe, ergebe sich, dass sein Ruf auch im näheren Bekanntenkreis, der Rückschlüsse aus der Story auf die Beteiligten hätte ziehen können, nicht gelitten habe. Daher sei auch in diesem Fall der Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht gerechtfertigt.


(C) Foto Sternschuppe1 auf www.pixelio.de

Mittwoch, 27. November 2013

OLG Frankfurt: Verfahrensbeistand und Dolmetscherkosten

Das Gericht hatte im Sorgerechtsverfahren den Kindern eine Verfahrensbeiständin zur Seite gestellt und diese beauftragt, mit den Eltern Gespräche zu führen. Die jedoch sprachen nur spanisch. Die Verfahrensbeiständin bat bei Gericht um Genehmigung, einen Dolmetscher beiziehen zu dürfen und bekam sie auch. Sie beauftragte den Übersetzer, der seine Kosten dem Gericht direkt in Rechnung stellte.
Nun trat der Bezirksrevisor auf den Plan und wehrte sich gegen die Erstattung der Dolmetscherkosten. Die Verfahrensbeiständin habe ihn beauftragt und müsse daher dessen Kosten aus ihrem - bekanntlich über die Maßen üppigen - Beistands-Salär bestreiten.

Das ging dem OLG Frankfurt (5 WF 249/13 v. 17.10.2013 = BeckRS 2013, 18897) gegen den Strich. Wenn das Gericht der Verfahrensbeiständin schon genehmige, einen Dolmetischer hinzuziehen zu dürfen, dann müsse diese auch davon ausgehen dürfen, dass dessen Kosten vom Staat übernommen werden.

(C) Foto: Andreas Morlok / pixelio.de

Dienstag, 26. November 2013

OLG Bremen: Kein Versorgungsausgleich ohne rechtskräftige Scheidung

Beide Eheleute hatten die Staatsangehörigkeit von Bosnien-Herzegowina und ließen sich dort gerade auch scheiden. Zugleich beantragte die Ehefrau in Deutschland, den Versorgungsausgleich durchzuführen; denn die Eheleute hatten etliche Jahre in Deutschland gewohnt und hier erhebliche Altervorsorgeansprüche erworben, deren Ausgleich ja auch in solchen Fällen von einem deutschen Gericht nach Art. 17 III S. 2 EGBGB durchgeführt werden kann.
Allerdings: Voraussetzung für das VA-Verfahren in Deutschland ist - jedenfalls nach Ansicht des OLG Bremen, (Az, 4 WF 134/13 v. 21.10.2013 = BeckRS 2013, 18729), dass die Scheidung im Ausland rechtskräftig ist. Logisch: Würde nämlich nach Durchführung des VA im Inland der ausländische Scheidungsantrag zurückgenommen, gäbe es einen VA ohne Scheidung - ein nicht gewolltes Ergebnis!

Und da die Ehefrau sich auch auf Nachfrage des Gerichts nicht substantiiert zur Frage äußern wollte, ob das Scheidungsverfahren in Bosnien-Herzegowina noch lief oder schon abgeschlossen war, wurde ihr Antrag auf Durchführung des VA zurückgewiesen - mangels Voraussetzungen. 

(C) Foto: S. Hofschlaeger  / pixelio.de

Montag, 25. November 2013

OLG Celle zu Verfahrenskostenvorschuss und Verfahrenskostenhilfe

Wenn ein Ehegatte vom anderen Trennungsunterhalt beansprucht und zugleich auch noch einen Verfahrenskostenvorschuss will, treten süddeutsche Gerichte diesem Begehr häufig mit dem Argument entgegen, man könne den Pflichtigen mit diesem zusätzlichen Unterhaltsanspruch nicht auch noch belasten, weil hierdurch das Halbteilungsprinzip durchbrochen würde. Entweder man finanziere also das Verfahren selbst oder aber man habe Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe ( vgl. z.B. Handbuch FaFam/Geißler, 16. Kap., Rz. 209).

Das mag für Unterhaltsverfahren stimmen, wird aber vom BGH ( XII ZA 6/04 = FamRZ 2004, 1633) und auch von vielen Obergerichten auf andere familiengerichtliche Verfahren nicht übertragen. So hat auch aktuell wieder das OLG Celle (am 4.11.2013, 17 WF 203/13 = BeckRS 2013, 19901) in einem Scheidungsverfahren entschieden:
Nach Abzug des Kindesunterhalts verbleiben dem Ehemann für den Ehegattenunterhalt noch knapp 50 Euro. Da er keinen Trennungsunterhalt zahlte, stellte sich das OLG auf den Standpunkt, er könne einen Verfahrenskostenvorschuss leisten und lehnte mit dieser Begründung der Ehefrau deren VKH-Antrag ab bzw. gewährte die VKH nur gegen eine Ratenzahlung von 50,00 €.
Die Ehefrau sei verpflichtet, sich vom Ehemann im Rahmen von dessen Leistungsfähigkeit einen Verfahrenskostenvorschuss zu holen. Könne er nur in Raten von 50,00 € mtl. zahlen, sei ihr VKH mit Raten in dieser Höhe einzuräumen. Um ihr die Möglichkeit zu geben, sich den Vorschuss im Wege der einstweiligen Anordnung zu besorgen, könne die Ratenzahlung auch erst ein paar Monate später beginnen. Dann habe die Ehefrau die Möglichkeit, das Vorschussverfahren durchzuziehen und beziehe anschließend vom Mann Raten, die sie im Rahmen der VKH leisten könne.

(C) Foto Andreas Morlok / pixelio.de

Donnerstag, 21. November 2013

Unterhaltsvorschuss nach UVG auch für im Ausland lebende Kinder.

Mutter und Kind leben auf Mallorca, der Vater in Deutschland. Der Vater bezieht Hartz IV und die Mutter macht für das in Spanien lebende Kind beim Jugendamt am Wohnsitz des Vaters Unterhaltsvorschuss nach dem UVG geltend. Das Jugendamt bezieht sich auf § 1 Abs. 1 Nr 2 UVG, wonach Unterhaltsvorschuss nur derjenige bekommt, der auch in Deutschland wohnt. Es lehnt den Antrag der Mutter ab. Diese klagt und bekommt vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt (5 K 409/11. DA = Fam RZ 2013, 1691 - Ls.) tatsächlich Recht.

Begründung: Zwar ist nach nationalem Recht die Gewährung von Unterhaltsvorschuss durch die oben genannte Vorschrift gehindert. Allerdings geht EG- Recht, nämlich die VO 1408/71. vor. Gemäß Art. 74 dieser Verordnung erhält ein arbeitsloser Arbeitnehmer oder ein arbeitsloser Selbstständiger, der Leistungen bei Arbeitslosigkeit nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats bezieht, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen, Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des 1. Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnen.

Und nachdem Mallorca zu Spanien gehört und Spanien Mitglied der EG ist, bekommt damit ein auf Mallorca lebendes Kind von deutschen Behörden UVG, solange der Vater in Deutschland arbeitslos gemeldet ist und entweder ALG 1 oder ALG 2 bezieht.

(C) Foto: CFalk  / pixelio.de

Mittwoch, 20. November 2013

Wechselmodell auch bei Dissens der Eltern

Nach herrschender Meinung darf das Wechselmodell (das Kind hält sich zeitlich gleich lang bei jedem derf getrennten lebenden Elternteile auf) nur angeordnet werden, wenn beide Eltern damit einverstanden sind. Das Amtsgericht Erfurt ( Az. 36 F 141/11 = FamRZ 2013, 1590) hat das Wechselmodell nun auch für einen Fall angeordnet, in dem sich die Mutter dagegen sträubte. Der fehlende Konsens der Eltern sei nicht das allein entscheidende Kriterium. Es komme auf die Qualität des Dissenses an. Wenn die Gemeinsamkeiten weiter überwiegen und ist den Eltern weiterhin möglich ist, kindorientiert zu entscheiden kommt es auf einzelne Meinungsverschiedenheiten nicht mehr an.
Im vorliegenden Fall hatte sich der sechsjährige Sohn das Wechselmodell ausdrücklich gewünscht. Er stand außer Frage, dass beide Eltern erziehungsfähig und in der Erziehung hoch engagiert waren. Das Gericht hatte keine Zweifel daran, dass, sollte sich das Wechselmodell nicht bewähren, die Eltern beide übereinstimmend zu einer anderen Lösung finden würden.
Erstaunlich: Das Gericht regelte das Wechselmodell als Umgang (entgegen OLG Brandenburg, FamRZ 2012, 1886, vgl. a. OLG Nürnberg).

(C) Foto: Rolf Handke  / pixelio.de

Freitag, 15. November 2013

Aschaffenburger Unterhaltstage - Die "Gutdeutsch"-Dateien

Liebe Kollegen,

hier wie versprochen die Unterlagen zu den drei Gutdeutsch-Berechnungen des Seminars zum download:

1. Beteiligung des betreuenden Elternteils an der Barunterhaltspflicht
    - Die BGH-Entscheidung
    - kurze Zusammenfassung des Sachverhalts und Problemstellung
    - Gutdeutsch-Datei
    - Gutdeutsch-Ausdruck

2. "Der kleine Italiener" - eine einfache Elternunterhaltsberechnung
    - Die BGH-Entscheidung
    - kurze Zusammenfassung des Sachverhalts und Problemstellung
    - Gutdeutsch-Datei
    - Gutdeutsch-Ausdruck

3. Wechselwirkungen zwischen Familienunterhalt und Elternunterhalt - Geschwisterhaftung
    - Die BGH-Entscheidung
    - kurze Zusammenfassung des Sachverhalts und Problemstellung
    - Gutdeutsch-Datei
    - Gutdeutsch-Ausdruck 

Donnerstag, 24. Oktober 2013

Bundessozialgericht erschwert die Anrechnungsmöglichkeit von Unterhalt auf die Grundsicherung

Das psychisch erkrankte Kind hatte Antrag auf Grundsicherung gestellt, und die Sozialbehörde hatte das Kind darauf verwiesen, zunächst Unterhaltsansprüche bei seinen Eltern geltend zu machen. Diese würden nämlich beide zusammen in Summe mehr als Euro 100.000,00 jährlich brutto verdienen. Damit sei die Obergrenze des § 43 III SGB XII überschritten. Die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen die Eltern sei nicht mehr geschützt sondern müssten auf die Grundsicherung angerechnet werden.

Dieser Rechtsansicht erteilte das Bundessozialgericht eine Absage. Bei der Bemessungsgrenze des § 43 Abs. 3 SGB XII komme es nicht auf das Gesamt-Brutto-Einkommen beider Eltern an. Die Vorschrift greife nur, wenn einer der Elternteile allein mehr als brutto Euro 100.000,00 jährlich habe. Das sei hier nicht der Fall. Und damit stand es dem Kind frei, gegen seine Eltern Unterhaltsansprüche geltend zu machen oder nicht; jedenfalls waren die Ansprüche nicht auf die Grundsicherung zu verrechnen.
Und nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bedeutet dies nichts anderes, dass jeder Elternteil knapp Euro 100.000,00 brutto verdienen darf, und trotzdem die Unterhaltsansprüche des Kindes bei der Grundsicherung unberücksichtigt bleiben.

Bundessozialgericht vom 25. 4. 2013, Az.: B 8 SO 21/11 R

(C) Foto: Oliver Neumann / pixelio.de

Montag, 23. September 2013

BGH gesteht beim Elternunterhalt großzügigen "Notgroschen" zu.

Auch derjenige, der seinen Eltern Unterhalt zahlen muss, wird nicht nur danach beurteilt, welches Einkommen er hat. Reicht nämlich sein Einkommen zur Zahlung von Unterhalt nicht aus, besteht auch beim Elternunterhalt die Pflicht, eventuell vorhandenes Vermögen Vermögen für die Zahlung des Unterhalts einzusetzen.
Allerdings gelten beim Elternunterhalt dafür andere Maßstäbe als beim sonstigen Verwandtenunterhalt. Unter anderem darf derjenige, der Elternunterhalt bezahlen muss, sich darauf berufen, dass er einen "Notgroschen", also eine Reserve für einen unerwarteten Bedarf aufgrund von Wechselfällen des Lebens behalten darf, der für die Unterhaltszahlung nicht zur Verfügung steht.
Lange Jahre hatte der BGH diesen "Notgroschen" recht knauserig beziffert. Er hatte nämlich Mitte der Neunzigerjahre entschieden, dass ein Vermögen in Höhe von 4.500,00 DM behalten werden dürfe und seitdem seine Rechtsprechung nicht mehr maßgeblich geändert.
Nun hat er zu Gunsten der Unterhaltspflichtigen einen großen Schritt nach vorn getan. In einer aktuellen Entscheidung vom 7.8.2013, Aktenzeichen XII ZB 269/12 (Hier die Pressemeldung zum Urteil) hält er fest, dass ein Arbeiter, dessen Bruttoverdienst unter 25.000,00 € jährlich liegt, der aber über eine abgezahlte Eigentumswohnung verfügt und außerdem einen Anteil an einer Ferienwohnung in Italien hat und der schließlich sogar noch sonstiges Vermögen in Höhe von etwa Euro 40.000,00 hatte, verlangen durfte, dass - Sonstige Freibeträge einmal außen vor - von diesem Vermögen ein Betrag von Euro 10.000,00 als "Notgroschen" für den Elternunterhalt nicht verwendet zu werden braucht.

Der BGH hält dabei ausdrücklich fest, dass dieser Betrag nicht grundsätzlich und immer als Pauschale gilt. Vielmehr hängt es von den Umständen des Einzelfalls, beispielsweise von den Einkommensverhältnissen und den sonstigen Unterhaltsverpflichtungen ab, wie hoch der "Notgroschen" sein dürfe. Im vorliegenden Fall hatte der Unterhaltspflichtige ein geringes Einkommen und ansonsten keine weiteren Unterhaltsverpflichtungen. Das bedeutet nichts anderes, als dass bei höheren Einkünften und weiteren Unterhaltsberechtigten sich auch der "Notgroschen" erhöhen kann.

C) Foto: birgitH  / pixelio.de

Freitag, 20. September 2013

BGH: die selbstgenutzte Immobilie bleibt beim Elternunterhalt grundsätzlich unberücksichtigt.

Wer Elternunterhalt zahlen muss, muss dafür im Zweifel auch mit seinem Vermögen herhalten, wenn sein Einkommen für die Zahlung nicht ausreicht. Von diesem Vermögen darf er aber einen erheblichen Teil als Freibetrag behalten. Dabei war lange Zeit streitig, ob auf diesen Freibetrag die selbstgenutzte Immobilie mit ihrem Wert anzurechnen ist oder ob diese Immobilie zusätzlich unberücksichtigt bleibt. Diese Frage hat der BGH nun im Sinne der Unterhaltspflichtigen entschieden.

Mit Urteil vom 7. August 2013, Aktenzeichen XII ZB 269/12 (Hier die Pressemeldung zum Urteil) hat er entschieden, dass der Wert einer selbstgenutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Ehegattenunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt bleibt. Davon kann es zwar Ausnahmen geben, z.B.wenn die selbstgenutzte Immobilie überdimensioniert ist. Handelt es sich aber um einen nach den jeweiligen Verhältnissen angemessenen Wohnraum, ist dieser vor dem Zugriff des Unterhaltsberechtigten geschützt.

Wer also Gefahr läuft, Elternunterhalt zahlen zu müssen, muss hierfür eine normale, von ihm selbst bewohnte  Eigentumswohnung nicht einsetzen, sondern darf sie zusätzlich zu allen anderen Freibeträgen behalten.

(C) Foto: birgitH  / pixelio.de

Mittwoch, 18. September 2013

OLG Hamm zum Verfahrenswert bei "steckengebliebenem" Stufenantrag

Ein häufiges Problem: jemand macht sich Hoffnungen auf Unterhalt und stellt bei Gericht Stufenantrag: In der ersten Stufe begehrt er Auskunft über das Einkommen des Gegners und in der zweiten Stufe Zahlung auf der Basis der Auskunft.

Und dann ergibt die Auskunft, dass der Gegner gar nicht leistungsfähig ist, das Verfahren also um des "Kaisers Bart" geführt wurde. Es gibt keinen Raum mehr für einen Zahlungsantrag.

Welchen Wert hat so ein Verfahren, in dem buchstäblich nichts herauskommt? Null? Nein: Das OLG Hamm, Aktenzeichen II-11 W F3/13 = FamRZ 2013, 1420 gibt auch einem solchen Verfahren einen Wert; er ist nach den realistischen Erwartungen aufgrund der Antragsbegründung zu bemessen. Maßgeblich ist also nicht dasjenige, was der Antragsteller vorgerichtlich vom Gegner verlangt ( sich  also gewissermaßen "erträumt") hat sondern das, was er realistisch zu Beginn des Verfahrens erwarten konnte.

Lässt sich dieser Wert nicht ermitteln, geht das OLG vom "Auffangwert" des § 42 Abs. 3 FamFG KG aus, also von einem Wert von Euro 5000,00.

Interessant ist die Entscheidung auch deswegen, weil Sie einen Überblick über die Rechtsprechung zu dieser Problematik gibt. Es gibt nämlich Gerichte, die durchaus anderer Ansicht sind: Teilweise wird vertreten, dass der Wert anhand der vorgerichtlich geäußerten Erwartungen ( also doch nach dem "Erträumten") zu schätzen ist (zum Beispiel OLG Stuttgart, FamRZ 2012, 393). Teilweise soll, wenn sich ein Zahlungsanspruch nicht mehr ergibt, der Wert der Auskunftsstufe maßgeblich sein (zum Beispiel KG  NJW-RR 1998, 1615). In der vom OLG Hamm gelieferten Rechtsprechungsübersicht ist sozusagen für jeden was dabei ;-)

(C) Foto: birgitH  / pixelio.de

Dienstag, 17. September 2013

OLG Saarbrücken: In Familiensachen keine automatische Kostenaufhebung bei Vergleich

Im allgemeinen Zivilrecht ist die Sache klar geregelt: Schließen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, in dem keine Kostenregelung enthalten ist, gelten die Kosten als gegeneinander aufgehoben, § 98 ZPO.

Anders ist es im Familienrecht, wie das OLG Saarbrücken, Aktenzeichen 6 WF 77/13 = FamRZ 2013, 1419 jetzt feststellt. Enthält ein Vorbericht in einer Familiensache abgeschlossener Vergleich keine Kostenregelung, wohl aber eine übereinstimmende Erledigterklärung, so spricht das dafür, dass die Beteiligten der Auffassung sind, dass die Kosten nicht nach § 98 ZPO, sondern nach billigem Ermessen zu verteilen sind. Denn grundsätzlich entscheidet das Familiengericht nach § 243 Satz 1FamFG über die Kosten abweichend von den ZPO-Vorschriften nach billigem Ermessen. Deshalb kommt die in § 98 ZPO vorgenommene Wertung nicht zwingend zum Tragen. Vielmehr habe insbesondere bei übereinstimmender Erledigungserklärung das Gericht Spielraum für billiges Ermessen

Montag, 16. September 2013

KG: keine gemeinsame Sorge bei Fehlen einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen den Eltern.

Der nichteheliche Vater beantragte, ihm die gemeinsame Sorge einzuräumen. Die Mutter wendet sich dagegen und trägt unbestritten vor, der Vater habe seit der Geburt des Kindes keine Verantwortung für das Kind übernommen und die Mutter auch nicht unterstützt. Nachdem die Mutter dem Kind nicht den Namen des Vaters gegeben habe, sei es zum Kontaktabbruch gekommen. Der Vater ignoriere die Mutter bei persönlichen Kontakten; es bestünde lediglich ein E-Mail Kontakt zwischen den Eltern. Der Vater habe auch kein Interesse am täglichen Leben des Kindes.
Das Jugendamt spricht sich gegen die gemeinsame Sorge aus. Es sei vorauszusehen, dass anstehende Entscheidungen von erheblicher Bedeutung ohne Streit von den Eltern nicht getroffen werden könnten.

Unter diesen Umständen verweigerte das Kammergericht, Aktenzeichen 18 UF 215/11 = FamRZ 2013, 1409 dem Vater die gemeinsame elterliche Sorge. Die Installation des gemeinsamen Sorgerechts komme jedenfalls dann nicht infrage, wenn zwischen den Eltern keine tragfähige soziale Beziehung bestehe und der Vater auch kein Interesse daran habe, mit der Mutter eine tragfähige Kommunikationsbasis aufzubauen. Zudem droht die Gefahr, dass das Kind auch in Zukunft erneut gerichtlichen Verfahren in einzelnen Sorgerechtsfragen ausgesetzt sein wird.


Freitag, 13. September 2013

OLG Hamm legt Begriff der Erstausbildung weit aus und spricht Ausbildungsunterhalt auch noch nach mehrfachem Wechsel zu.

Studiert das Kind, bekommt es Ausbildungsunterhalt von seinen Eltern nur, wenn es sein Studium konsequent verfolgt. Wann das der Fall ist - darüber kann man trefflich streiten. Das OLG Hamm ist in einer aktuellen Entscheidung, Az.: II-7 UF 166/12 = FamRZ 2013, 1409 dem studierenden Kind sehr weit entgegengekommen - vielleicht zu weit:

Die Tochter hatte an einer Gesamtschule in NRW ihr Abitur mit nicht gerade glorreichen 3,2 bestanden und wollte Journalistik studieren, ein Fach, bei dem man entweder eine erstklassige Note für den Numerus Clausus braucht oder entsprechend lange warten muss.
Die Frau begann zunächst ein FH-Studium für Tourismus-und Freizeit Management, absolvierte dann ein Praktikum bei einer Fernseh-Produktionsfirma, ließ anschließend einen "Work and Travel"-Aufenthalt in Australien folgen, absolvierte anschließend ein weiteres Praktikum bei einer Tageszeitung und wurde schließlich für das Journalistik-Studium angenommen.
Das OLG Hamm sah diese Kette von Tätigkeiten noch als "Erstausbildung" an, wobei es besonders berücksichtigte, dass die Tochter "... eine nicht einfache Kindheit mit häufigem Wechsel des sozialen und schulischen Umfeldes..." hinter sich hatte.
Selbst die Tatsache, dass sie ihren Eltern einige der oben beschriebenen Umwege vorsätzlich verschwieg und überdies auch eigenen Verdienst nicht angab, konnte das OLG Hamm nicht dazu veranlassen, den Unterhalt zu versagen. Möglicherweise sei früherer Unterhalt verwirkt; das gelte aber nicht für den jetzigen neuen Ausbildungsabschnitt.

Die Entscheidung wird kritisiert von Borth, FamRZ 2013, 1409, der vor allem moniert, dass das OLG den unterschied zwischen erst-und Zweitausbildung verkennt und die Voraussetzungen des Unterhaltsanspruchs nicht systematisch durchprüft.

Donnerstag, 12. September 2013

Kammergericht: Wann muss Papa das Auslands-Studium des Kindes bezahlen?

Kosten für ein Studium des Kindes müssen Eltern grundsätzlich übernehmen, soweit die Ausbildung zügig absolviert wird. Gilt das aber auch für ein Auslandsstudium? Vor allem dann, wenn es wesentlich teurer ist als ein Studium im Inland?

Das Kammergericht, Aktenzeichen 17 WF 232/12 = FamRZ 2013,1407 hat dazu noch einmal Stellung genommen und wie folgt entschieden:

Ist zwischen Eltern und Kind abgesprochen, dass das Kind im Ausland studieren darf, müssen die Eltern die Kosten von Haus aus übernehmen.
Gibt es eine solche Absprache nicht, müssen die Eltern die Mehrkosten nur übernehmen, wenn ihnen die finanzielle Mehrbelastung wirtschaftlich zumutbar ist, wenn der Auslandsaufenthalt sachlich begründet und sinnvoll ist, um das angestrebte Ausbildungsziel zu erreichen und wenn der zusätzliche Unterhaltsbedarf unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles insgesamt angemessen ist.

Ähnliche Entscheidungen: BGH, FamRZ 1992, 1064, OLG Karlsruhe, FamRZ 2011,1303; OLG Dresden, 21 UF 619/05 und Amtsgericht Köln, FamRZ 2002,482.

Mittwoch, 11. September 2013

OLG Braunschweig: Wer sich billig einmietet, muss deshalb nicht mehr Unterhalt zahlen.

Mieter zu sein ist heutzutage meist ein kostspieliges Vergnügen. Die ständige Mietbelastung wird bei einer Unterhaltsberechnung deshalb auch mit einkalkuliert. Wer aber nicht Mieter sondern Eigentümer ist und deshalb keine Miete zahlt, muss deshalb umgekehrt einen Wohnvorteil gegen sich gelten lassen.
Die Leitlinien der Oberlandesgerichte sehen vor, dass in den jeweiligen Selbstbehalten des Unterhaltsverpflichten ein Mietanteil enthalten ist, im notwendigen Eigenbedarf gemäß Düsseldorfer Tabelle beispielsweise monatlich Euro 360,00.
Wer mehr zahlen muss, muss glaubhaft machen, sich nicht billiger einmieten zu können, dann wird sein Selbstbehalt erhöht.

Manchmal kommt es aber auch dazu, dass jemand weniger als Euro 360,00 Miete zahlt. Muss nun der Selbstbehalt um die weniger gezahlte Miete ermäßigt werden?

Das OLG Braunschweig, Aktenzeichen 1 UF 158/12 = FamRZ 2013, 1404 hat sich dagegen ausgesprochen. Wer in den Genuss einer billigen Miete kommt, muss deswegen nicht mehr Unterhalt zahlen. Denn gleich, ob man so Zahlung von Unterhalt verpflichtet ist, darf man mit dem verbleibenden Geld seine Lebenssphäre so gestalten, wie man das für richtig hält, zum Beispiel nur ganz wenig Geld für das Wohnen auszugeben.
Fazit: Eine billige Miete des Unterhaltspflichtigen erhöht den Unterhaltsanspruch des Berechtigten nicht, ähnlich auch BGH XII ZR 26/04 = FamRZ 2006, 1664, 1666


Freitag, 23. August 2013

Anrecht beim Versorgungsausgleich vergessen? BGH: keine Korrektur mehr möglich.

Viel öfter als man es wahrhaben will, werden bei der Scheidung im Versorgungsausgleich nicht alle Rentenansprüche erfasst, sei es, dass sich einer der Beteiligten nicht im Klaren darüber ist, welche Ansprüche er eigentlich hat, sei es, dass er einen Teil seiner Ansprüche bei seiner Auskunft einfach unterschlägt.
So ging es einer Ehefrau, die 2007 rechtskräftig geschieden wurde. 2009 starb dann ihr Mann, und im Zuge der Nachlass-Abwicklung erfuhr sie, dass er nicht nur die von ihm im Scheidungsverfahren angegebenen Ansprüche auf Altersvorsorge hatte sondern noch zusätzliche Ansprüche.
Die Frau stellte deshalb bei Gericht den Antrag, den Versorgungsausgleich nach § 51 VersAusglG abzuändern. Damit stieß sie in 2 Vorinstanzen und zum Schluss auch beim BGH ( Beschluss vom 24.7.2013, Aktenzeichen XII ZB 340/11) auf taube Ohren:

Der Versorgungsausgleich können nur in Bezug auf Versorgungsansprüche korrigiert werden, in irgendeiner Form Gegenstand der Ausgangsentscheidung waren, nicht aber auf solche, in die Entscheidung nicht einbezogen waren. Insofern habe sich nämlich der Gesetzgeber in den Materialien zum Versorgungsausgleichsgesetz (BT-Drucks. 16/10144 S. 89) eindeutig geäußert:
"Die §§ 51, 52 VersAusglG ordnen ... eine „Totalrevision“ nach neuem Recht an. In diese sind aber nur diejenigen Anrechte einzubeziehen, die auch Gegenstand der abzuändernden Entscheidung waren. Anrechte, deren Einbeziehung erst das neue Recht ermöglicht, wie etwa Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung (siehe § 1 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG), bleiben außer Betracht. Sie waren nämlich im Scheidungsverfahren über den Zugewinnausgleich zu berücksichtigen; egebenenfalls liegt insoweit eine rechtskräftige Entscheidung vor. Diese kann nicht über ein Abänderungsverfahren im Versorgungsausgleich unter Anwendung des neuen Rechts ausgehöhlt werden. Ebenso wenig kann eine Versorgung, die bei der rstentscheidung übersehen wurde, nun in die Abänderung einbezogen werden, weil diese auch damals nicht Verfahrensgegenstand war."

Dem Manko sei auch mit einem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach § 20 VersausglG nicht beizukommen. Auch diese Vorschrift erfasse nicht Anrechte, die in der Ausgangsentscheidung übersehen, vergessen oder verschwiegen wurden.




Über den Versorgungsausgleich war also hier eine Korrektur nicht möglich. Und offensichtlich griffen auch die allgemeinen Möglichkeiten nicht, die einem ansonsten zu Gebote stehen: Wer nämlich im Fragebogen für den Versorgungsausgleich falsche Angaben macht, versucht und vollendet gegebenenfalls einen Prozessbetrug und kann deswegen schadensersatzpflichtig gemacht werden. Nur: Tote kann man nicht mehr bestrafen; und die Frage ist, ob bei peniblen Nachfrage bzw. entsprechenden Recherchen die Ehefrau nicht schon im Scheidungsverfahren hätte wissen müssen, dass es weitere Ansprüche gibt. Wenn ja, steht sofort die Frage der Verjährung im Raum, § 199 Ziff. 2 BGB.

Donnerstag, 22. August 2013

BGH: Aufpassen beim modifizierten Zugewinnausgleich - er kann ziemlich ungerecht sein!

Die Eheleute wünschten sich ein eigenes Haus, und die Eltern der Frau gaben das Grundstück dazu gern her. Allerdings wollten sie - hellsichtig, wie Eltern manchmal sind - nicht, dass ihr Schwiegersohn von der Schenkung profitiert. Sie schenkten das Grundstück also ihrer Tochter allein und bestanden darauf, dass die Eheleute einen Ehevertrag abschließen, in dem das Hausgrundstück beim Zugewinnausgleich unberücksichtigt bleiben sollte. Im übrigen sollte der Zugewinnausgleich aber nach den gesetzlichen Regeln stattfinden.

Anschließend zogen die Eheleute in das auf dem Grundstück stehende kleine Haus ein und bauten sogar noch einen Anbau an, der dann natürlich ebenfalls im Alleineigentum der Ehefrau stand, § 946 BGB. Und dann kam nach einiger Zeit, in der das Anwesen wesentlich an Wert gewann, die Trennung und die Scheidung daher.

Und nun hatte zwar eigentlich die Ehefrau des erheblich höhere Vermögen, denn ihr gehörten ja Haus und Grund. Die blieben aber bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs außer Betracht. Und zusätzliches weiteres Vermögen hatte sie nicht erworben. Der Ehemann hingegen hatte nicht nur Geld ins Haus gesteckt sondern auch noch einiges auf die hohe Kante gelegt - und davon musste er nun im Wege des Zugewinnausgleichs die Hälfte, genauer gesagt etwa 17.000 € abliefern. Seine Einwände, das sei angesichts des hohen Vermögens seiner Frau ungerecht und damit sittenwidrig, ließ der BGH (Az. XII ZB 143/12 v. 17.07.2013) nicht gelten:

Bei Abschluss des Ehevertrags sei es nämlich den Parteien erkennbar darauf angekommen, dass unabhängig von irgendwelchen wirtschaftlichen Entwicklungen einerseits Haus und Grund bei der Berechnung eines Zugewinnausgleichs außen vor bleiben sollten und andererseits, dass im übrigen der Zugewinnausgleich nach den üblichen Regeln stattfinden solle. Damit sei in den Vorstellungen der Ehegatten auch der jetzt eingetretene Fall enthalten; der Vertrag habe daher keine planwidrige Regelungslücke.
Und da Grundstücke es nun einmal an sich haben, im Laufe der Zeit mehr wert zu werden, sei die Entwicklung, die das Vermögen der Frau genommen habe, auch nicht unerwartet geschehen und der Zugewinnausgleich ohne Berücksichtigung von Haus und Grund auch deshalb nicht sittenwidrig. Er stelle keine einseitige Lastenverteilung dar, die zu einer Anpassung des Ehevertrags führen müsse.

Zusammengefasst: Geplant war, dass die Ehefrau dem Ehemann keinen Zugewinnausgleich zahlen muss. Nicht geplant war, dass auch der Ehemann der Ehefrau keinen Zugewinnausgleich zahlen muss; tatsächlich war diese Zahlung bei Vertragsschluss in gewisser Weise mit einkalkuliert. Und genauso kam es dann auch; und deshalb sah der BGH nicht ein, den Vertrag zu Gunsten des Ehemannes anzupassen.


Mittwoch, 21. August 2013

OLG Köln: Für ein nichteheliches Kind muss im Zweifel auch der Opa zahlen.

Es ist eine jener Geschichten, die das Leben schreibt: die nichteheliche Tochter wird im Dezember 1992 geboren. Knapp 3 Jahre später, nämlich im Juli 2001 wird der Vater zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt.
Jahre später schließt die Tochter die Hauptschule ab und besucht anschließend eine Berufsfachschule für Ernährung und Hauswirtschaft. Im Februar 2011 bricht sie diese Ausbildung jedoch ab, weil sie schwanger ist und bringt am 26.7.2011 selbst eine Tochter zur Welt. Der Kindsvater absolviert ebenfalls gerade eine Ausbildung, die erst im Jahre 2015 endet und kann daher keinen Kindesunterhalt bezahlen. Das Paar trennt sich überdies auch nochim Februar 2013.
Nun will der zwischenzeitliche Großvater aus seiner Unterhaltspflicht heraus. Seine Tochter sei nun volljährig und müsse arbeiten, notfalls Teilzeit und notfalls auch abends und an den Wochenenden. Der Kindsvater könne auf den Enkel aufpassen. Außerdem könne die Tochter ihr Kind ja in eine Betreuungseinrichtung geben. Sie könne damit für ihren Unterhalt selbst aufkommen.

Dem widerspricht das OLG Köln (Beschluss vom 6. 20 3. 2013, Aktenzeichen 25 UF 241/12 = NJW 2013,2448):
Zwar sei die Tochter gehalten, ihre über die Volljährigkeit hinaus fortbestehende Unterhaltsberechtigung und Bedürftigkeit darzulegen und zu beweisen. Sowohl die Berechtigung als auch die Bedürftigkeit stehe aber aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes fest:
Denn der Gesetzgeber gestatte auch einer nichtehelichen Mutter, ihr Kind in den ersten 3 Lebensjahren im vollem Umfange selbst zu betreuen, weshalb er den Basisunterhalt gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB eingeführt habe. Diese Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers gelte nicht nur im Verhältnis zwischen nichtehelicher Mutter und nichtehelichem Vater sondern auch im Verhältnis der Kindsmutter zu deren Eltern.
Das bedeute, dass die Mutter grundsätzlich während der ersten 3 Lebensjahre des Kindes auch von ihren Eltern nicht auf eine Fremdbetreuung verwiesen werden dürfe. Ihre Entscheidung, das Kind selbst zu betreuen, sei grundsätzlich zu respektieren.
Zwar sei sie nicht grundsätzlich von jeglicher Erwerbsverpflichtung entbunden; könne beispielsweise der Kindsvater zu Betreuung des Kindes herangezogen werden (beispielsweise im Falle des Zusammenlebens der Kindeseltern), müsse diese alternative Betreuungsmöglichkeit - weilo familienintern - in Anspruch genommen werden mit der Folge, dass dann eine Teilzeittätigkeit zumutbar sei, allerdings nicht im konkreten Fall.
Denn abgesehen davon, dass die Eltern ohnehin nicht mehr zusammen leben, könne angesichts ihres  Ausbildungsstandes die junge Mutter allenfalls in den Abend-bzw. Nachtstunden oder am Wochenende in der Gastronomie oder als Reinigungskraft arbeiten. Solche Stellen seien aber für Mütter, die ein Kleinkind zu versorgen haben und deshalb voraussichtlich gelegentlich ausfallen, erfahrungsgemäß nur schwer zu erhalten. Zudem war das OLG Köln der Ansicht, eine solche Tätigkeit sei zusätzlich zu der - bereits den vollschichtigen Einsatz der Mutter erfordernden - Betreuung eines Wickelkindes unzumutbar (Hinweis auf OLG Frankfurt, NJW 2009,3105).


Freitag, 19. Juli 2013

OLG Celle:Vergleich nach § 278 VI ZPO kann oft die notarielle Form nicht ersetzen

Die Parteien hatten per Vergleich nach § 278 VI ZPO ein Erbe verteilt und im Vergleich auch gleich die Auflassung einer Immobilie vereinbart. Das Grundbuchamt verweigerte die Eintragung:
Die gemäß § 2033 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Form der notariellen Beurkundung für die Erbteilsübertragung sei durch den gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich nicht gewahrt.

Das Gericht führte aus:
"Der Sinn und Zweck einer notariellen Beurkundung, die Parteien vor übereilten Entscheidungen zu schützen und sie auf eventuelle Gefahren hinzuweisen, ist durch einen im schriftlichen Verfahren geschlossenen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO kaum zu gewährleisten. Dies mag allenfalls der Fall sein, wenn entweder die Prozessbevollmächtigten der Parteien diese Funktion übernehmen oder aber das Gericht einen eigenen Vorschlag unterbreitet und darüber hinaus den Parteien durch entsprechende Anmerkungen vor Augen geführt hat, welche Verpflichtung sie mit dem Abschluss des Vergleichs eingehen und welche Risiken bestehen. Letztlich braucht vorliegend aber nicht entschieden zu werden, ob dies für die Wahrung der Form der notariellen Beurkundung im Sinne von § 127 a BGB ausreichend ist. Denn aus dem zugrunde zu legenden Sachverhalt ergibt sich nicht, dass die damaligen Prozessbevollmächtigten oder das Gericht eine solche Belehrung vorgenommen hätten."

OLG Celle 4 W 65/13 


Montag, 15. Juli 2013

BGH: Kindesunterhalt auch dann noch, wenn sich die Ausbildung wegen Praktika um drei Jahre verzögert.

Die 1989 geborene Tochter lebte nach der Trennung ihrer Eltern im Jahr 1997 zunächst im Haushalt des Vaters in den Niederlanden, bevor sie 2003 zu ihrer Mutter nach Deutschland wechselte. Dort erwarb sie 2007 die mittlere Reife mit einem Notendurchschnitt von 3,6. Anschließend trat sie als ungelernte Kraft in verschiedene Beschäftigungsverhältnisse ein und leistete Praktika zum Teil in der Erwartung, auf diese Weise Zugang zu einem Ausbildungsplatz zu erhalten. Dadurch deckte sie ihren Unterhaltsbedarf in der Zeit von Juli 2007 bis Juli 2010 selbst ab. Im August 2010 begann sie eine Ausbildung als Fleischereifachverkäuferin und wollte nun vom Vater Ausbildungsunterhalt.

Dieser verweigerte die Zahlung mit dem Argument, die Tochter habe die Ausbildung zu lange unterbrochen und deswegen nun keinen Anspruch mehr darauf, dass er die nun fortgesetzte Ausbildung finanziere.

Der BGH, XII ZB 220/12  war anderer Ansicht. Hier ein Ausschnitt aus der Pressemitteilung: "Auch eine dreijährige Verzögerung der Aufnahme einer Erstausbildung infolge zwischenzeitlich geleisteter Praktika und ungelernter Tätigkeiten ...(kann)... noch der Obliegenheit des Kindes entsprechen... , seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen.
Bewerber mit schwachem Schulabgangszeugnis seien verstärkt darauf angewiesen, durch Motivation und Interesse an dem Berufsbild zu überzeugen. Dies könne auch durch vorgeschaltete Berufsorientierungspraktika oder mittels eines Einstiegs über eine (zunächst) ungelernte Aushilfstätigkeit gelingen. Die Aufnahme solcher vorgelagerter Beschäftigungsverhältnisse bedeute daher jedenfalls dann keine nachhaltige Obliegenheitsverletzung, wenn sie in dem Bemühen um das Erlangen eines Ausbildungsplatzes geschehe" 


Samstag, 13. Juli 2013

BGH nochmals: Detektivkosten für GPS-Überwachung nicht erstattungsfähig

Der unterhaltspflichtige Ehemann vermutete, dass die Ehefrau eine Beziehung zu einem anderen Mann hatte und deshalb der Unterhalt nach § 1578 Nr. 2 BGB verwirkt sein. Er ließ sie zum Nachweis durch einen Detektiv überwachen. Dieser brachte, um ein Bewegungsprofil zu erstellen, einen GPS-Sender am Fahrzeug der Ehefrau an.
Auch der 12. Senat entschied nun, dass diese Art der Übeerwachung gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Ehefrau verstoße. Die Ergebnisse seien nicht verwertbar und die Kosten für die Überwachung daher nicht zu erstatten, BGH XII ZB 107/08. Hier die Pressemeldung zum Urteil.

Schon zuvor hatte der 1. Strafsenat des BGH und das LG Mannheim ähnlich entschieden.


Mittwoch, 10. Juli 2013

Im Rahmen des Verfahrens nach § 1598 a BGB hat das Kind gegen den vermuteten Vater keinen Anspruch auf Abgabe eines genetischen Fingerabdrucks

So jedenfalls das OLG Nürnberg, BeckRS 2013, 10703: "Das Verfahren und der Anspruch auf Einwilligung in eine genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung des Kindes gemäß § BGB § 1598 a Abs. BGB § 1598a  Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 BGB sind nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgericht (FamRZ 2007,  Seite 441) ausschließlich auf die Klärung der Frage gerichtet, ob der rechtliche auch der leibliche Vater des Kindes ist. Deshalb hat auch ein Kind keinen Anspruch gegen den vermuteten leiblichen Vater auf Abgabe einer geeigneten Körperprobe zur genetischen Abstammungsuntersuchung. Dem Kind ist es zuzumuten, innerhalb der Anfechtungsfrist wenigstens ein Verfahren nach § BGB § 1598 a BGB gegen den rechtlichen Vater einzuleiten (§ BGB § 1600 b Abs. BGB § 1600B Absatz 1 Satz 2, Abs. BGB § 1600B Absatz 3 Satz 3, Abs. BGB § 1600B Absatz 5 BGB) und sich so gegebenenfalls mit Hilfe eines anschließenden Vaterschaftsfeststellungsverfahrens (§ BGB § 1600 d BGB) Kenntnis von seiner Abstammung zu verschaffen. Für eine erweiternde verfassungskonforme Auslegung von § BGB § 1598 a BGB oder eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. GG Artikel 100 GG besteht kein Raum."

Dienstag, 9. Juli 2013

OLG Koblenz: Die Regelstreitwerte des § 48 FamGKG gelten auch, wenn ein Ehegatte beim anderen Nutzungsentschädigung geltend macht

Bei Streitigkeiten um die Ehewohnung sieht § 48 FamGKG feste Werte vor: Vorläufige Regelungen während des Getrenntlebens haben einen Gegenstandswert von 3000,00 und endgültige nach der Scheidung einen solchen von 4.000,00 €.
Das OLG Koblenz Beck RS 2013, 10431 hat sich nun auf den Standpunkt gestellt, dass diese Werte auch dann gelten, wenn ein Ehegatte beim anderen Nutzungsentschädigung geltend macht. Und das selbst dann, wenn  eine Nutzungsentschädigung im Höhe von insgesamt 8450,00 im Raum steht.

Mit anderen Worten: Der Rechtsanwalt hat ein Haftungsrisiko von € 8450,00, verdient sein Honorar aber nur aus € 3000,00. Warum das OLG unter diesen Umständen keinen Sonderfall i.S.v. § 48 III FamGKG gesehen hat, ist nicht recht verständlich.

Montag, 8. Juli 2013

BGH: Keine vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung mehr in der Revision

Wer sich bereits in zweiter Instanz um die Herabsetzung oder den Wegfall von Unterhalt bemüht und auch hier auf Granit zu beißen scheint, der muss - auch wenn er noch nicht weiss, wie die Sache ausgeht und ob er in Revision geht, jetzt beizeiten Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung stellen. Denn vorm BGH ist es dafür zu spät: 
BGH XII ZB 19/13 = BeckRS 2013, 11314 "Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wie sie zum Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ergangen ist, kommt eine Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das Revisionsgericht nicht in Betracht, wenn der Schuldner es versäumt hat, im Berufungsrechtszug einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § ZPO § 712 ZPO zu stellen, obwohl ihm ein solcher Antrag möglich und zumutbar gewesen wäre (vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. April 2011 - XII ZR 111/10 - FamRZ 2011, FAMRZ Jahr 2011 Seite 884; vom 24. November 2010 - XII ZR 31/10 - NJW-RR 2011, NJW-RR Jahr 2011 Seite 705; vom 4. Juni 2008 - XII ZR 55/08 - NJW-RR 2008, NJW-RR Jahr 2008 Seite 1038; vom 6. Juni 2006 - XII ZR 80/06 - NJW-RR 2006, NJW-RR Jahr 2006 Seite 1088 und vom 4. September 2002 - XII ZR 173/02 - NJW-RR 2002, NJW-RR Jahr 2002 Seite 1650). Zumutbar ist ein solcher Antrag unabhängig davon, ob die Partei damit rechnet, dass das Berufungsgericht die Revision zulassen werde."

Mittwoch, 5. Juni 2013

Kein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss bei anonymer Samenspende

Die Klägerin hatte 2005 einen Sohn geboren, der im Wege der heterologen Insemination mit dem von einer dänischen samenbankbezogenen Schwärmer eines anonymen und der Klägerin daher unbekannten Spenders gezeugt wurde. Die Feststellung des Vaters ist unmöglich.
Die Klägerin verlangte nun Unterhaltsvorschuss nach dem UVG.
Die zuständige Behörde versagte die Leistung und das BVerwG (Urteil vom 16.5.2013, Az.5 C 28.12, hier die Pressemitteilung) schloss sich dem an. Unterhaltsvorschuss nach dem UVG soll grundsätzlich die Ausnahme sein. Ein Anspruch auf diese Leistung besteht nicht, wenn sich nach der Geburt des Kindes der allein erziehende Elternteil weigert, an der Feststellung der Vaterschaft mitzuwirken. Das war hier zwar nicht der Fall, jedoch ist der hier vorliegende Sachverhalt identisch zu beurteilen: die Mutter hat von vornherein bewusst und gewollt die Feststellung des Unterhaltspflichtigen anderen Elternteils vereitelt; deshalb besteht kein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. 


Dienstag, 4. Juni 2013

OLG Hamm zu den Bedingungen, unter denen Kindern ein Zweitstudium finanziert werden muss.

Die Tochter hatte im Oktober 2011 ein Journalistikstudium aufgenommen. Das war allerdings nicht der erste Studiengang. Sie hatte zuvor ein Studium für Tourismus und Freizeitmanagement abgebrochen und danach mehrere Praktika und einen längeren Auslandsaufenthalt in Australien absolviert. Das OLG Hamm (Beschluss vom 5.2.2013, Aktenzeichen 7 UF 166/12 = BeckRS 2013,05265) entschied, dass die Tochter auch unter diesen Umständen gemäß § 1610 BGB Anspruch auf angemessenen Unterhalt für den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten für die angemessene Berufsausbildung habe. Auch ein solcher Fall fällt nach Ansicht des Gerichts noch unter die dem Studierenden zustehende „Orientierungsphase“.


Freitag, 3. Mai 2013

Gemeinsames Sorgerecht trotz Kommunikationsstörungen

Das Bundesverfassungsgericht hatte festgestellt, dass die gemeinsame elterliche Sorge nicht angeordnet oder aufrecht erhalten werden dürfe, wenn zwischen den Eltern keine ausreichende Kommunikation bestehe (zu den Details und zur weiteren Rechtsprechung Handbuch FAFam, Kap 4. Rz. 202)..

Dieses Urteil gab unwilligen Müttern die Möglichkeit, dem Vater die elterliche Sorge zu nehmen oder sie ihm zu verweigern, indem sie sich einfach weigerten, mit dem Vater zu reden. Die fehlende Kommunikation war dann der sichere Weg, an die alleinige Sorge zu kommen.

Diese Rechtsprechung wollten viele Amtsgerichte (darunter auch das Amtsgericht München) von Anfang an nicht folgen. Im Jahr 2011 erließ das OLG Hamm ein salomonisches Urteil dahingehend, dass es auf die Intelligenz beider Partner abhob, feststellte, dass zwar die Kommunikation auf der Paarebene nicht mehr möglich sei, gleichwohl aber von intelligenten Eltern erwartet werden könne, dass sie zum Wohle des Kindes auf der Sorgerechtsebene kommunizieren. Dadurch erhielt es dem Vater seinen Teil der elterlichen Sorge. Im Vordergrund müsse der Gedanke stehen, dass das Kind zu beiden Eltern Kontakt halten müsse und die gemeinsame Sorge hierzu besser geeignet sei als die alleinige Sorge (BGH vom 15.11.2007, Az. XII ZB 136/04 = FamRZ 2008, 251).

Ähnlich hat nun auch das Kammergericht (Beschluss vom 28. 11.2012, 18 UF 35/12 = FamRZ 2013, 635) entschieden. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass trotz der bestehenden Kommunikationsschwierigkeiten die Eltern in der Lage sein, eine geeignete Kommunikationsbasis für ein gemeinsames Sorgerecht aufbauen zu können. Hierzu seien sie auch gehalten, insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Kommunikationsprobleme der Eltern im Schwerpunkt allein auf die Mutter zurückzuführen seien, die sich im übrigen auch jeder weiteren Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und der Verfahrensbeiständin entziehe. Der Vater hingegen habe in der jüngeren Vergangenheit viel unternommen, um zur Mutter eine bessere Kommunikationsbasis aufzubauen. Dem Jugendamt gegenüber habe er nie ein schlechtes Wort über die Mutter geäußert; soweit ersichtlich habe auch er auch gegenüber dem Kind die Mutter nie schlecht gemacht. Demzufolge sei die Mutter hier gehalten, sich auf der Sorgerechts-Ebene um eine ordentliche Kommunikation zu bemühen.


Donnerstag, 2. Mai 2013

BGH: Erst für die Kinder sorgen, dann für's Alter

Wer minderjährige Kinder zu versorgen hat und so wenig verdient, dass er nicht einmal den Mindestunterhalt zusammenbringt, der muss nach einer aktuellen Entscheidung des BGH (XII ZR 158/10 vom 30. Januar 2013 = FamRZ 2013,616) auf eine zusätzliche Altersversorgung und auch auf eine Zusatzkrankenversicherung verzichten.

Zwar steht fest, dass man durch die gesetzliche Rentenvorsorge eine angemessene Altersvorsorge nicht mehr erreichen kann (Rz. 16 des Urteils). Deshalb hält es der BGH auch grundsätzlich für angemessen, dass man zusätzlich zur gesetzlichen Altersvorsorge bis zu 4 % seines Gesamt-Bruttoeinkommens für eine zusätzliche private Altersvorsorge aufwendet (so erstmals schon BGH FamRZ 2005,1817,1821).
Davon macht er allerdings eine Ausnahme, wenn dieser zusätzliche finanzielle Aufwand dazu führt, dass die Leistungsfähigkeit für den Unterhalt soweit absinkt, dass einem minderjährigen Kind der Mindestunterhalt nicht mehr gezahlt werden kann. Vorrangige Verpflichtung der Eltern ist es, wenigstens das Existenzminimum des Kindes sicherzustellen. Hinter diese Verpflichtung müssen Bemühungen um eine angemessene Altersvorsorge zurückstehen.

Im Urteil selbst deutet der BGH aber an, dass es hierzu auch Ausnahmen geben kann, insbesondere dann, wenn die Altersvorsorge bereits abgeschlossen wurde, bevor es zu Unterhalts Verdichtung kam und wenn sie nicht stillgelegt werden kann, ohne dass hierdurch Ansprüche verloren gehen würden, und wenn der Unterhaltspflichtige ohne die zusätzliche Altersvorsorge im Alter sein Existenzminimum nicht decken kann ( Rz. 20 der Entscheidung).


Mittwoch, 1. Mai 2013

Geringfügige Ansprüche im Versorgungsausgleich? Viel Wenig macht nicht ein Viel!

Sind im Versorgungsausgleich mehrere Anrechte auszugleichen und haben einige davon nur einen geringfügigen Kapitalwert, überschreitet jedoch zugleich die Summe dieser geringfügigen Anrechte trotzdem den Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG, führt das noch nicht zwingend dazu, dass wegen dieser Rechte ein Wertausgleich durchzuführen ist. Wenn jedes einzelne der Rechte unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt, hat der Richter immer noch ein Ermessen dahingehend, ob der Versorgungsausgleich durchgeführt werden muss oder nicht; im Rahmen der Sollvorschrift des § 18 Abs. 1 und 2 VersAusglG kann er hier auch zu dem Ergebnis kommen, dass die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht erforderlich ist (Beschluss des OLG Frankfurt vom 11. Juni 2012,4 UF 94/12 = FamRZ 2013,551).

Dienstag, 30. April 2013

Was geschieht mit der Mietkaution bei der Trennung eines Ehepaars?

Dazu hat jetzt das OLG München noch einmal Stellung genommen. In den guten Zeiten hatte der Ehemann für die gemeinsame Ehewohnung Kaution hinterlegt. Dann wurde die Ehe geschieden, und das Familiengericht sprach der Ehefrau die Wohnung zu. Hierauf forderte der Ehemann von der Ehefrau die Kaution heraus. Amtsgericht und OLG lehnten die Forderung ab:
Wer innerhalb einer Ehe eine Kaution auch für den Ehepartner leiste, gewähre ihm dadurch Unterhalt Sinne der §§ 1360,1360a BGB. Die Leistung sei damit seinerzeit nicht rechtsgrundlos erfolgt. Insbesondere aus § 812 BGB bestehe damit kein Auszahlungsanspruch.
Ein Anspruch auf Rückgewähr der Kaution sei vielmehr aufschiebend auf das Ende des Mietverhältnisses und die Rückgabe der Mietsache bedingt und werde erst am Ende des Mietvertrags fällig, woran sich dann auch noch die angemessene Prüfung-und Überlegungsfrist des Vermieters anschließe. Erst ab Fälligkeit stehe dann dem Antragsteller im Innenverhältnis zur Antragsgegnerin ein Ausgleichsanspruch zu.

Allerdings haftet der Ehemann dann nicht mehr für Ersatzansprüche des Vermieters aus dem Mietvertrag. Denn durch die gerichtliche Entscheidung, mit der die Ehewohnung der Ehefrau zugewiesen wurde, ist er aus dem Mietverhältnis ausgeschieden. Wegen der Ersatzansprüche dürfte er einen Freistellungsanspruch haben (OLG München vom 25.10.2012,33 WF 1636/12 = FamRZ 2013,552).


Montag, 29. April 2013

OLG Nürnberg: Sorgerecht geht vor Umgangsrecht.

Die Eheleute leben getrennt. Beide haben die gemeinsame Sorge über die zweijährige Tochter. Die Mutter, gebürtige Irin, will jetzt mit dem Kind nach Irland übersiedeln und beantragt die alleinige Sorge für sich. Der Vater stellt Antrag, im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf ihn zu übertragen; er will die Ausreise nach Irland verhindern.
Das OLG Nürnberg (Beschluss vom 14. März 2012,10 UF 1899/11 = FamRZ 2013,553) wägt zwei Gesichtspunkte gegeneinander ab: einerseits das Interesse des Kindes, bei der bislang schwerpunktmäßig erziehenden Mutter bleiben zu können, andererseits das Interesse des Kindes am Umgang mit dem Vater. Es kommt - bei uneingeschränkter Erziehungsfähigkeit der Mutter - dazu, dass diese das Kind nach Irland mitnehmen kann. Das Umgangsrecht ist im Verhältnis zum Sorgerecht das schwächere Recht (Bezugnahme auf BGH, FamRZ 1990,392). Der Umstand, dass ab jetzt die Umgangskontakte zwischen Vater und Kind erschwert werden, muss hinter dem Interesse des Kindes, bei der Mutter bleiben zu dürfen, zurückstehen.


Freitag, 26. April 2013

Wenn der Schwarzarbeiter den Mund nicht hält... muss er halt mehr Unterhalt zahlen!

Der auf Kindesunterhalt in Anspruch genommene Vater wandte ein, er sei nicht leistungsfähig; er beziehe Hartz IV. Im  Bekanntenkreise brüstete er sich aber damit, dass er diese Bezüge mit Schwarzarbeit aufbessere. Seit "Herbst letzten Jahres" habe er "2400 € monatlich" nebenher, weil er schwarz Bauvorhaben durchführe. Es laufe so gut, dass er schon Hilfe benötige.
Das kam dem Unterhaltsberechtigten zu Ohren, und der trug es bei Gericht vor. Und das OLG Brandenburg (9 UF 292/11 = FamRZ 2013, 631) unterstellte dem Vater tatsächlich den von ihm behaupteten Verdienst. Für die Schwarzarbeit sei so konkret vorgetragen worden, dass es nun am Vater sei, zu beweisen, dass er nicht schwarz gearbeitet habe. Und diesen Beweis führte er nicht.
Allerdings schränkte das OLG die Berücksichtigung von Schwarzgeld in zweifacher Hinsicht ein: Einerseits müsse der Schwarzarbeiter damit rechnen, noch nachträglich mit Steuern und Sozialabgaben belastet zu werden. Bei der  Berechnung der Unterhaltsgrundlagen seien diese Belastungen folglich abzuziehen. Zum anderen sprach das OLG Unterhalt auf der Basis des Schwarzarbeits-Einkommens nur bis zu dem Zeitpunkt zu, in dem der Vater letztmals behauptet hatte, nebenbei schwarz zu arbeiten. Grund: Eine Verpflichtung zur Schwarzarbeit gebe es nicht. Schwarzarbeit dürfe auch bei verschärfter Erwerbsverpflichtung jederzeit eingestellt werden. Damit stelle die letzte Behauptung des Vaters, er arbeite schwarz, auch den letzten nachweisbaren Zeitpunkt für das Vorhandensein des zusätzlichen Verdienstes dar. Sprich: Wer sich verplappert, muss nur für die Zeit davor mehr zahlen, für die Zeit danach aber nicht...


Donnerstag, 25. April 2013

"Ich bringe Dicht um! Du kommst nicht mehr lebend vom Hof !" Das reicht für eine Härtescheidung.

Selten kommt es vor, dass eine Ehe wegen unzumutbarer Härte schon vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden wird, aber hier kam es dazu: Der Ehegatte hatte seine Frau zwar nicht angegriffen, aber mit den oben zitierten Worten bedroht und zu anderer Gelegenheit bekanntgegeben, man habe sich getrennt; er habe alles satt, er werde "das Haus anzünden" und "alle umbringen".
Nach § 1565 II BGB kann eine Ehe vorzeitig geschieden werden, "...wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde." Diesen Härtegrad sah das OLG Dresden erreicht (Urteil vom 16.4.2012 - 23 UF 1041/11 = FamRZ 2013, 627 = NJW-RR 2012 S. 1284). Es sah die Drohungen als schwerwiegend an, zumal der Ehemann dabei auch noch "einen Zimmermannshammer in der Hand" hatte, den er allerdings nicht einsetzte. Schon früher hatte das OLG Brandenburg (FamRZ 2001, 1458) festgestellt, dass Drohungen, den Ehegatten zu töten, eine unzumutbare härte darstellen können, auch wenn sie nur Dritten gegenüber geäußert werden. Dieser Rechtsprechung schloss sich nun das OLG Dresden ausdrücklich an.

Mittwoch, 24. April 2013

Job schon vor der Ehe wegen der Kinder aufgegeben - BGH: Kein Ehebedingter Nachteil!

Wer im Hinblick auf die neue vielversprechende Partnerschaft schon vor der Hochzeit schon mal seinen Job aufgibt, bekommt hinterher Schwierigkeiten, den Verlust seiner Verdienstmöglichkeit als ehebedingten Nachteil zu definieren, wenn die Ehe dann doch schiefgeht und er Unterhalt geltend machen will. Der BGH (XII ZR 120/11 v. 20.03.2013) zum wiederholten Male: 
"Nach der Rechtsprechung des BGH begründen eine Arbeitsplatzaufgabe oder ein Arbeitsplatzwechsel keinen ehebedingten Nachteil, wenn sie geraume Zeit vor der Eheschließung erfolgt sind (vgl. Senatsurteile vom 7. März 2012 XII ZR 25/10 FamRZ 2012, 776 Rn. 19 und vom 20. Februar 2013 XII ZR 148/10  jeweils mwN). Ein ehebedingter Nachteil kann sich dann aber aus der Fortsetzung der Rollenverteilung in der Ehe und dem damit verbundenen Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit ergeben (vgl. Senatsurteile vom 7. März 2012 XII ZR 25/10 FamRZ 2012, 776 Rn. 19 und vom 20. Februar 2013 XII ZR 148/10 jeweils mwN)."

Dienstag, 23. April 2013

Ehebedingter Nachteil - BGH erleichtert Beweislast zugunsten der Unterhaltsberechtigten

Die Ehefrau war vor der Ehe in Tschechien Finanzbuchhalterin gewesen. Einen beruflichen Aufstieg gibt es in diesem Beruf nicht. Man verdient nur mit zunehmender Berufserfahrung mehr Geld.
Unter diesen Umständen stellt der BGH in seiner Entscheidung  XII ZR 148/10 v. 20.03.2013 an die Darlegungslast der Unterhalt fordernden Ehefrau weniger hohe Anforderungen als sonst:
"Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Ehefrau ohne die Eheschließung heute in Tschechien eine Arbeitsstelle als Finanzbuchhalterin mit Berufserfahrung innehaben könnte, entspricht den nach der Senatsrechtsprechung geltenden Maßstäben. Die Ehefrau hat das erzielbare Einkommen mit Hilfe einer Stellenanzeige näher substantiiert. Da die Ehefrau über einen Hochschulabschluss verfügt, es sich um eine in ihr Berufsfeld fallende Tätigkeit handelt und die Höhe des Arbeitslohns nicht von einem vorausgegangenen beruflichen Aufstieg, sondern nur von einer entsprechenden Berufserfahrung abhängig ist (zur Abgrenzung vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 2010 XII ZR 53/09 FamRZ2010, 2059 Rn. 31 ff. und vom 4. August 2010 XII ZR 7/09 FamRZ 2010, 1633 Rn. 39), ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht einen weiteren Vortrag der Ehefrau nicht für erforderlich gehalten hat. Denn unter diesen Umständen sind die mit der Widerlegung einer negativen Tatsache verbundenen spezifischen Schwierigkeiten ausgeräumt und ist die den Ehemann treffende Beweislast nicht mit überzogenen Anforderungen verbunden. Auf ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen konnte dieser sich demnach nicht mehr beschränken."




Montag, 22. April 2013

BGH zur Änderung des § 1578 b BGB: Allein die lange Ehedauer garantiert nach wie vor nicht den ewigen Unterhalt

Mit Wirkung zum 1.3.2013 hat der Gesetzgeber den § 1578b BGB abgeändert. Bei der Begrenzung von Ehegatten-Unterhaltsansprüchen ist nun auch die lange Dauer der Ehe besonders zu berücksichtigen. Im Zusammenhang mit dieser Gesetzesänderung war vielfach darüber spekuliert worden, dass nun eventuell allein eine lange Dauer der Ehe für sich gesehen schon die Begrenzung des Unterhalts hindern kann. Mit anderen Worten: wenn ich erst einmal 15 Jahre verheiratet bin, kann mir niemand mehr den Unterhalt streitig machen, egal wie ich wirtschaftlich sonst aufgestellt bin.

Dem hat sich der BGH jetzt widersetzt,  XII ZR 72/11 v. 20.03.2013. Er hat darauf hingewiesen, dass allein die lange Dauer der Ehe noch nicht ausreicht, ewigen Unterhalt zu garantieren. Hinzukommen müssen entweder ehebedingter Nachteile oder andere Gesichtspunkte, aus denen eine fort geltende nacheheliche Solidarität abgeleitet werden kann. In diesem Zusammenhang hat er ausdrücklich auf Folgendes hingewiesen:

1. Zu seiner bisherigen Rechtsprechung:
" Der Senat hat mehrfach betont, dass auch dann, wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet ist. Es ist Aufgabe des Tatrichters, bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen. In solchen Fällen, in denen die fortwirkende nacheheliche Solidarität den wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet, gewinnt die Ehedauer durch die wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch den Verzicht auf eine eigene Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder wegen der Haushaltsführung eingetreten ist. Schon dieser Gesichtspunkt kann in Fällen, in denen keine ehebedingten Nachteile vorliegen, aus Billigkeitsgründen gegen eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts sprechen (vgl. Senatsurteile vom 11. August 2010 XII ZR 102/09 FamRZ 2010, 1637 Rn. 48 und vom 6. Oktober 2010 XII ZR 202/08 FamRZ 2010, 1971 Rn. 33)."
2. Zur Gesetzesänderung:
"Die vorgenannten, von der Rechtsprechung des Senats entwickelten Grundsätze erfahren auch durch die am 1. März 2013 in Kraft getretene Neufassung des § 1578 b Abs. 1 BGB...keine grundlegenden Änderungen. In der  des § 1578 b Abs. 1 BGB eine (lediglich) klarstellende Funktion erfüllt, um einer dem Willen des Gesetzgebers der Unterhaltsrechtsreform 2008 nicht entsprechenden und auch vom Bundesgerichtshof missbilligten Praxis entgegenzuwirken, beim Fehlen ehebedingter Nachteile automatisch zu einer Begrenzung des Unterhaltsanspruches zu gelangen, ohne bei der Billigkeitsabwägung die sonstigen Umstände des Einzelfalls, darunter insbesondere die lange Ehedauer, zu berücksichtigen (BT-Drucks. 17/11885 S. 5 f.). Aus der Begründung des Gesetzes ergibt sich demgegenüber nicht, dass dem Begriff der "Dauer der Ehe" durch die Aufnahme als selbständiges Billigkeitskriterium in § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB ein anderer Inhalt hätte verliehen werden sollen und der Gesetzgeber den Begriff der Ehedauer abweichend von der in der Gesetzesbegründung ausdrücklich in Bezug genommenen Senatsrechtsprechung zur Berücksichtigung der Ehedauer im Rahmen der nachehelichen Solidarität interpretieren wollte (ebenso Borth FamRZ 2013, 165, 167). Es bleibt daher dabei, dass die Ehedauer ihren wesentlichen Stellenwert bei der Bestimmung des Maßes der gebotenen nachehelichen Solidarität aus der Wechselwirkung mit der in der Ehe einvernehmlich praktizierten Rollenverteilung und der darauf beruhenden Verflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse gewinnt (vgl. auch Born NJW 2013, 561, 562). Weiterhin rechtfertigt eine lange Ehedauer für sich genommen insbesondere dann keinen fortdauernden Unterhalt nach den die eigene Lebensstellung übersteigenden ehelichen Lebensverhältnissen, wenn beide Ehegatten während der Ehe vollschichtig berufstätig waren und die Einkommensdifferenz lediglich auf ein unterschiedliches Qualifikationsniveau zurückzuführen ist, das bereits zu Beginn der Ehe vorlag (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2010 XII ZR 202/08 FamRZ 2010, 1971 Rn. 21).

Die neue Rechtslage in der Übersicht: