Dienstag, 30. Oktober 2012

BGH: Auch nach der Scheidung Ererbtes Vermögen kann für den Unterhalt haften.



Die Ehe wurde 1996 geschieden. 1998 erbte der unterhaltspflichtige Ehemann DM 72.000,00. Er legte das Geld zinsgünstig an. Die unterhaltsberechtigte Ehefrau verlangte, dass die Zinseinnahmen bei der Berechnung des Unterhalts mit berücksichtigt werden.

Der BGH (XII ZR72/10 = Forum Familienrecht 2012, 399) stellte fest, dass solche Zinseinkünfte grundsätzlich mit berücksichtigt werden können und zwar auch dann, wenn der Erbfall erst nach der Scheidung eintritt. Allerdings muss dann schon zu Ehezeiten festgestanden haben, dass der ererbte Betrag sicher in das Vermögen des Unterhaltspflichtigen übergehen würde. Die Erwartung des künftigen Erbes musste also schon während des Bestehens der Ehe so wahrscheinlich sein, dass die Eheleute ihren Lebenszuschnitt vernünftigerweise darauf einrichten konnten und sich auch tatsächlich (etwa durch den Verzicht auf eine an sich angemessene Altersvorsorge und den Verbrauch der dadurch ersparten Mittel zur Erhöhung des ehelichen Lebensstandards) darauf eingerichtet haben.

Waren solche Kapitaleinkünfte in der Ehe nicht angelegt, erhöhen sie den Bedarf nicht sondern können nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden. 

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Montag, 29. Oktober 2012

BGH zur Erwerbspflicht bei Unterhalt: Auch zwei Teilzeitjobs können zumutbar sein.

Die durch Kinderbetreuung nicht mehr an einer Erwerbstätigkeit gehinderte geschiedene Ehefrau hatte bei der Caritas einen (sicheren) 25-Stunden-Job, der sich aber nicht ausweiten ließ. Nebenher arbeitete sie als Pflegerin in einem Privathaushalt und betreute vier Jahre lang einen schwer Pflegebedürftigen. Als dieser starb, fand sie keinen vergleichbaren Ersatzjob. Sie trug vor, das sei ihr nicht anzulasten. Der Job sei ohne ihr Verschulden weggefallen.
Das sah der BGH (XII ZR 72/10 =Forum Familienrecht 2012, 399)nicht so: Wer voll erwerbspflichtig ist, hat sich um einen nachhaltig gesicherten Fulltime-Job zu bemühen. Ist so ein Job beim derzeitigen (Teilzeit-)Arbeitgeber nicht zu bekommen, muss der Job gewechselt werden. Ist das nicht zumutbar, weil der Teilzeit-Job sicher ist, muss man sich um einen weiteren sicheren Teilzeit-Job bemühen. Kann man nicht nachweisen, dass man das über vier Jahre hinweg erfolglos getan hat, muss der Unterhaltspflichtige das Risiko des Wegfalls des unsicheren zweiten Teilzeitjobs nicht mehr mittragen.

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Freitag, 26. Oktober 2012

Wann darf ein Unterhaltsvergleich abgeändert werden? - Die Vereinbarung darüber ist lt.BGH ein weiterer Weg aus der Präklusionsfalle!

Die Parteien hatten "unter Aufrechterhaltung der beiderseitigen Rechtsstandpunkte" vergleichsweise Zahlung von Unterhalt bis Februar 2007 vereinbart. Danach sollte "jede der Parteien Abänderung beantragen" können.
Im anschließenden Abänderungsverfahren stritten sie darum, ob die gesetzlichen Voraussetzung einer Abänderung (Störung der Geschäftsgrundlage, wesentliche Änderung der Verhältnisse) gegeben seien.

Der BGH (XII ZR 72/10 vom 11.07.2012, Rz. 17 ff. = FF 2012, 399/401 f.) war der Meinung, dass die Parteien eines Rechtsstreit die Abänderung eines Vergleichs durch Vereinbarung erleichtern oder erschweren können. Aus der Vereinbarung selbst oder aus dem zu Grunde liegenden Parteiwillen könne sich deshalb ergeben, dass der Vergleich jederzeit, das heißt ohne einen Zusammenhang mit einer Änderung der bei Vergleichsschluss obwaltenden Verhältnisse abgeändert werden kann.
Zwar komme eine solche Auslegung mit Rücksicht auf die von den Parteien typischerweise angestrebte Rechtssicherheit oft nicht in Betracht. Ausgeschlossen sei ein solcher Parteiwille aber nicht,
insbesondere wenn die Parteien wesentliche Streitpunkte des durch Vergleichsabschluss beendeten Verfahrens nicht beilegen konnten und sich für die Zukunft nur im Sinne einer einstweiligen Regelung an den Vergleich binden wollten.

Also: Es bringt etwas, sich im Vergleich vorzubehalten, eine Abänderung auch ohne die üblichen gesetzlichen Voraussetzungen vornehmen zu können. Insbesondere ist dann die Flucht aus der Präklusionsfalle gelungen.

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