Dienstag, 27. Mai 2014

Auch dem befangenen Richter darf man noch Schriftsätze schicken.

Befangene Richter können auch im Zivilprozess abgelehnt werden, § 42 ZPO. Auch wenn sich die Befangenheit nur gegen eine der Parteien richtet, steht das Ablehnungsrecht in diesem Falle beiden Parteien zu.

Eine Partei kann einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit jedoch nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat, § 43 ZPO .

Der BGH hat nun festgestellt, dass durch das Einreichen eines die mündliche Verhandlung nur vorbereitenden Schriftsatzes sich eine Partei noch nicht in eine Verhandlung vor dem als befangen abgelehnten Richters eingelassen hat (Beschluss vom 16.1.2014, XII ZB 377/12). Mit anderen Worten: auch wenn ich den Richter abgelehnt habe, kann ich mich ihm gegenüber noch schriftsätzlich äußern, insbesondere durch vorbereitende Schriftsätze die mündliche Verhandlung vorbereiten und insbesondere gesetzte Frist wahren.

Montag, 26. Mai 2014

BGH zur Wiedereinsetzung bei Versäumung der Beschwerdefrist, wenn zugleich VKH-Antrag gestellt wird.

Wer gegen ein erstinstanzliches Urteil Beschwerde einlegt, deren Durchführung jedoch von der Gewährung von Verfahrenskostenhilfe abhängig machen will, muss innerhalb der Beschwerdefrist einen Verfahrenskostenhilfe-Antrag bei Gericht anbringen. Wird die Verfahrenskostenhilfe nicht vor Ablauf der Beschwerdefrist gewährt, ist diese Frist eigentlich versäumt. Da der Beschwerdeführer aber mangels gewährter VKH an der Einlegung der Beschwerde gehindert war, kann er nach Gewährung der VKH Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen.

Der BGH hat hierzu zusätzlich festgestellt (Beschluss vom 16.1.2014, XII ZB 571/12): Stellt ein Verfahrensbeteiligter in einer Familienstreitsachen vor Einlegung der Beschwerde einen isolierten Verfahrenskostenhilfe Antrag, beginnt die Frist zur Nachholung der versäumten Verfahrenshandlungen (hier: Einlegung der Beschwerde) erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung des Beschwerdegerichts über die beantragte Beiordnung eines Rechtsanwalts.

Freitag, 23. Mai 2014

Begrenzung des Unterhalts nach § 1578 b BGB: OLG Brandenburg sieht Beweislast auch beim Antragsteller.

Nachehelicher Ehegattenunterhalt kann nach § 1578 b BGB der Höhe nach begrenzt oder zeitlich befristet oder beides werden, wenn eine Fortzahlung des Unterhalts unbillig wäre. Für die Frage, wer hier was zu beweisen hat, hat der BGH Regeln aufgestellt. Es liegt am Unterhaltspflichtigen, vorzutragen und grob zu skizzieren, weshalb seine Unterhaltspflicht jetzt zu begrenzen ist. Der Unterhaltsberechtigte hat dann im Detail vorzutragen und zu beweisen, warum der Unterhalt weiter bezahlt werden muss (sogenannte sekundäre Darlegungslast). Ist das geschehen, muss der Unterhaltspflichtige wiederum im Detail vortragen und beweisen, weshalb die Voraussetzungen nicht vorliegen, die eine Fortzahlung des Unterhalts rechtfertigen.

Hiervon scheint das OLG Brandenburg (Beschluss vom 24. 10. 1013, 9 UF 96/13 = NZFam 2014, 140) nun abweichen zu wollen. Berufe sich der Unterhaltspflichtige auf eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts, trage er die Darlegungs-und Beweislast hinsichtlich der hierfür sprechenden Tatsachen, somit auch dafür, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile entstanden sind. Anschließend treffe dann den Unterhaltsberechtigten eine sekundäre Darlegungslast dahingehend, dass er die Behauptung, es sei keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile noch vorhanden sein sollen.
Des OLG nimmt also im Vergleich zum BGH zulasten des Unterhaltspflichtigen eine Verschärfung von dessen Beweislast vor.

Das OLG definiert ferner die Obergrenze des Einkommens, ab dem der Unterhalt nicht mehr nachQuote berechnet sondern ab dem eine konkrete Bedarfsermittlung erforderlich wird. Bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen genüge die Kostenberechnung, erst bei überdurchschnittlichen Einkünften über Euro 5.100,00 monatlich sei eine konkrete Unterhaltsberechnung erforderlich.

Donnerstag, 22. Mai 2014

Scheidung zu früh einreichen wird immer gefährlicher!

Eine der sachlichen Voraussetzungen für eine Scheidung ist, dass die Eheleute mindestens ein Jahr voneinander getrennt leben. Kann man das nicht vortragen, weil man die Scheidung z.B. schon nach acht Monaten Trennung einreicht, ist der Scheidungsantrag eigentlich nicht schlüssig! Die meisten Scheidungsrichter lassen verfrühte Scheidungsanträge trotzdem durchgehen, wenn man davon ausgehen kann, dass das Trennungsjahr verstrichen sein wird, wenn der Scheidungstermin stattfindet, und daher wird die Masse der Scheidungen tatsächlich bereits schon acht Monate nach der Trennung eingereicht.

Das OLG Hamm (Beschluss vom 9. April 2013,1 UF 25/13 = FamRZ 2014, 208) weist aber darauf hin, dass ein verfrühter Scheidungsantrag zwar dem Wunsch der Parteien entgegenkommt, die Sache möglichst schnell zu beenden, jedoch auch unter Umständen unerwünschte Nebenfolgen haben kann. Die verfrühte Einreichung der Scheidung wirkt sich nämlich z.B. auf die Stichtage zum Zugewinn und zum Versorgungsausgleich aus und kann Trennungsunterhaltsansprüche eher wegfallen lassen. Reicht ein Ehegatte die Scheidung ein, um hier dem anderen gegenüber unlautere Vorteile zu erreichen, muss das Gericht reagieren. Wer sich der andere Ehegatte gegen die Scheidung, muss den Scheidungsantrag mangels Schlüssigkeit zurückweisen. Legt der Antragstellerin Beschwerde ein, um Zeit zu gewinnen, und ist dann in der Beschwerdeinstanz das Trennungsjahr versprechen, hilft das dem Antragsteller auch nicht weiter. Nach der Ansicht des OLG Hamm darf auch in diesem Falle dem nun durch Zeitablauf schlüssig gewordenen Scheidungsantrag trotzdem nicht stattgegeben werden, weil ich in die Stichtage unzulässig weit vorverlegt worden sind und diese nachteilige Auswirkungen auf die Ansprüche des Antragsgegners haben würde.

Aus Anwaltssicht muss daher der Mandant, der einen frühzeitigen Scheidungsantrags will, auf die Folgen des frühzeitigen einreichen nachdrücklich hingewiesen werden. Insbesondere muss man prüfen, wer von den beiden Ehepartnern durch die Vorverlegung des Stichtags welche Vorteile und welche Nachteile erleidet und dies dem Mandanten gegenüber thematisieren.

Mittwoch, 21. Mai 2014

BGH: Bei "Mehrverkehr" kann es unbillig sein, dem Vater die gesamten Kosten des Vaterschafts-Feststellungsverfahren zu überbürden.

Die Mutter hatte bereits zu Beginn des Verfahrens "Mehrverkehr" also sexuelle Kontakte zu mehreren Männern innerhalb des Empfängniszeitraums eingeräumt. Sie sei aber sicher, dass der auf Vaterschaftsfestellung verklagte Mann der Vater ihres Kindes sei. Dieser weigert sich unter Hinweis auf den Mehrverkehr, die Vaterschaft anzuerkennen. Ein serologisches Gutachten stellte seine Vaterschaft anschließend fest und das Gericht legt ihm die Verfahrenskosten auf. Seine dagegen eingelegt Beschwerde ist erfolgreich. Der BGH (Entscheidung vom 19.02.2014, Az. XII ZB 15/13) führt aus, angesichts des eingeräumten Mehrverkehrs habe der Mann berechtigte Zweifel an seiner Vaterschaft haben dürfen, und deshalb sei ihm ein sofortige Anerkenntnis nicht zuzumuten gewesen.

Das Gericht habe die Kosten des Verfahrens nach § 81 FamFG den Beteiligten "nach billigem Ermessen" aufzuerlegen, und das OLG habe sein Ermessen nicht billig ausgeübt, indem des den Vater allein in die Kostenpflicht genommen habe. Bei der Kostenverteilung dürfe nie außer Acht gelassen werden, inweifern ein Beteiligter Anlassg für die Durchführung des Verfahrens gegeben habe. Wie hoch der Verursachungsanteil der Ehefrau wegen ihres Mehrverkehrs war, hat der BGH offengelassen. Das OLG jedenfalls habe sein Ermessen fehlerhaft, nämlich gar nicht ausgeübt, in dem es diesen Gesichtspunkt außen vorgelassen habe.

Dienstag, 20. Mai 2014

OLG Hamm: Ausübung des Kapitalwahlrechts kann im Rahmen des Versorgungsausgleichs unzulässig sein.

Inzwischen hat der BGH mehrfach entschieden, dass ein Ehegatte berechtigt ist, im Angesicht des Versorgungsausgleichs ein Versorgungsanrecht, hinsichtlich dessen er ein Kapitalwahlrecht hat, durch die Ausübung desselben dem Versorgungsausgleich zu entziehen, vgl. z.B. BGH XII ZB 22/13  v. 6.11.2013, NZFam 2014, 33. Der Wert des nun nicht mehr in den Versorgungsausgleichs fallenden Anrechts sei jedoch jetzt beim Zugewinnausgleich zu berücksichtigen, so der BGH.

Was jedoch, wenn ein Zugewinnausgleich nicht stattfindet, weil die Eheleute Gütertrennung vereinbart haben? Dann liegt nach OLG Hamm, Entscheidung vom 15.11.2013, Az. 14 UF 107/13 eine illoyale Verfügung i.S.v. § 27 VersAusglG vor. Der Ehemann habe sein Versorgungsvermögen illyoal geschmälert. Das werde insbesondere durch den Zeitpunkt der Ausübung des Kapitalwahlrechts indiziert, denn der Ehegatte hatt die Aktion während des Laufs des Scheidungsverfahrens vorgenommen. Ihm sei bewußt gewesen, dass ein Ausgleich über das Güterrecht nicht stattfinde.

Es komme nicht darauf an, ob durch die Aktion ein wirtschaftliches Ungleichgewicht entsteht, denn sein solches sei nicht Voraussetzung für eine illoyale Verfügung i.S.v. § 27 VersAusglG .

Montag, 19. Mai 2014

OLG Brandenburg: Beim Zugewinn kann Auskunft über einen mehrjährigen Zeitraum nur indirekt verlangt werden

Die Ehefrau verlangt vom Ehemann Auskunft über den Wert von dessen GmbH-Anteil und im Zuge dessen Auskunft über "sein Vermögen der GmbH im Zeitraum von 2006 bis 2008". Der wahre Wert des Firmenanteils lasse sich nur ermitteln, wenn man die Umsatzzahlen der letzte Jahre vor dem Stichtag (Februar 2009) kenne. Das OLG Brandenburg hält fest ( Beschluss v. 28.11.2013, 9 UF 112/13 = BeckRS 2013, 22393): Die Auskunft nach § 1379 I BGB über das Vermögen zu den jeweiligen Stichtagen ist nicht über einen mehrhärigen Zeitraum zu erteilen, da sie stets allein stichtagsbezogen ist. Seinem Sinn und Zweck nach erfasst § 1379 I BGB jedoch auch die Vorlage von Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen samt Anlagen, wenn diese zur Beurteilung der Ertragslage eines Unternehmens oder einer Unternehmensbeteiligung erforderlich sind. Diese Unterlagen können für einen länger zurückliegenden, etwa einen Drei-Jahres-Zeitraum verlangt werden. Grundsätzlich sei die Ertragslage in der Vergangenheit bedeutend, um den Geschäftswert zum Stichtag ermitteln zu können.

Zu weiteren Details vgl. NJW-Spezial, 2014, S.69.

Freitag, 16. Mai 2014

Schwanger trotz Kondom? - BGH: Das muss man immer einkalkulieren.

Er und Sie heirateten am 12.3.2004. Am 21. 04. 2004 wurde ein Sohn geboren. Im Jahre 2008 trennte man sich wieder. Im Juli 2009 ficht die Ehefrau die Vaterschaft des Ehemannes an. Sie habe während der Empfängniszeit auch Geschlechtsverkehr mit einem weiteren Mann gehabt. Tatsächlich stellt sich heraus, dass der Ehemann nicht Vater des Kindes ist.

Der BGH versagt der Mutter die Anfechtung der Vaterschaft, weil sie die Klage nicht innerhalb von 2 Jahren nach der Geburt des Kindes erhoben habe.
Die Mutter habe aufgrund des Geschlechtsverkehrs mit einem weiteren Mann bereits vor der Geburt des Kindes Kenntnis von Umständen gehabt, die die nicht ganz fernliegende Möglichkeit der Abstammung des Kindes von einem anderen Mann ergäben. Daran ändere auch nichts, dass bei diesem Geschlechtsverkehr Kondome verwendet worden seien,  denn das schließe nicht hinreichend sicher aus, dass der das Kondom benutzende man nicht doch Vater des Kindes sein könne. Das ergebe sich aus der recht hohen Versagensquote bei einer Verhütung mit Kondomen.
Insoweit verweist der BGH auf seine frühere Rechtsprechung: Es sei allgemein bekannt, dass die Zuverlässigkeit der Empfängnisverhütung mit Kondomen deutlich geringer sei als die anderer Verhütungsmittel wie etwa der "Pille". Der BGH nimmt Bezug auf den "Pearl-Index", eine Untersuchung, die ergeben hat, dass bei regelmäßiger Verwendung von Kondomen 2-12 % der Frauen innerhalb eines Jahres schwanger werden. Zwar könne die Kenntnis der Größenordnung dieser Versagensquote nicht allgemein vorausgesetzt werden; dass Kondome jedoch nicht hundertprozentig vor Schwangerschaft schützen, zähle zum Allgemeinwissen.
Wenn die Mutter also vor der Ehe mit einem anderen Mann kondomgeschützten Geschlechtsverkehr gehabt habe, habe Sie bereits bei Geburt des Kindes gewusst, dass es die nicht ganz fernliegende Möglichkeit gab, dass das Kind nicht vom Ehemann sondern von eben diesem anderen Mann abstammen könne. Damit habe mit der Geburt des Kindes die Frist des § 1600 b I 1 BGB zu laufen begonnen. Die Frist sei abgelaufen, weshalb eine Anfechtung nun nicht mehr möglich sei.

Urteil vom 11.12.2013, XII ZR 58/12 = NJW 2014,629

Donnerstag, 15. Mai 2014

BGH: Nutzungsvergütung für die Ehewohnung auch bei aufgedrängter alleiniger Nutzung

Gemeinsam mit ihren 4 Töchtern bewohnten die Ehegatten ihr Eigenheim. 1998 übertrugen sie ihr Miteigentum zu gleichen Teilen auf die Kinder und behielten sich ein lebenslanges dingliches Wohnrecht vor. Der Wohnwert des Anwesens betrug unstreitig Euro 1200,00.
2009 trennten sich die Eheleute, und die Ehefrau zog aus. Der Ehemann verblieb mit den 4 Töchtern und einem Enkelkind in der Wohnung. 2012 wurde die Ehe geschieden. 2011 macht die Ehefrau erstmals Nutzungsentschädigung in Höhe von 600 € monatlich geltend. Das OLG sprach der Ehefrau monatlich Euro 250,00 zu, und das goutierte der BGH (Entscheidung vom 18.12.2013, XII ZB 268/13 = Beck RS 2014,01831). Ein Anspruch auf Vergütung für die alleinige Nutzung der Ehewohnung während der Trennung ergebe sich aus § 1361 b Abs. 3 Satz 2 BGB. Nach dem Wortlaut der Vorschrift komme es dabei lediglich auf die tatsächliche Überlassung der Ehewohnung an. Unerheblich sei, ob der ausziehende Ehegatte die Wohnung freiwillig verlassen und damit dem verbleibenden Ehegatten die alleinige Nutzung aufgedrängt habe. Allein die Tatsache, dass die Verpflichtung des bleibenden Ehegatten entfalle, die Nutzung durch den anderen Ehegatten zu dulden, führe zu einem auszugleichenden Vorteil. Die nunmehrige alleinige Nutzungsmöglichkeit begründe unter Umständen sogar einen erhöhten Wohnwert.
Der vom OLG veranschlagte Betrag von Euro 250,00 sei angemessen, da neben den Einkommensverhältnissen der Eheleute auch zu berücksichtigen sei, dass die Wohnung nicht nur durch den Ehemann sondern auch von den 4 Töchtern samt Enkelin genutzt werde. Deshalb sei es angemessen, nur eine Nutzungsvergütung von rund 1/5 des Wohnwertes zuzusprechen.

Mittwoch, 14. Mai 2014

BGH: kein Rentnerprivileg bei Unterhaltszahlung an einen Dritten

Der Ehemann bezieht seit 2009 eine Vorruhestandsrente. Er zahlt Unterhalt an seine bei der Ehefrau lebende Tochter. Er beantragt, die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG auszuschließen, hilfsweise, die Kürzung seiner Rentenbezüge wegen der Unterhaltszahlungen an die gemeinsame Tochter auszusetzen. Diesen Weg geht der BGH (Beschluss vom 11.12.2013, XII ZB 253/13 = Beck RS 2014,02115) nicht mit:
§ 27 VersAusglG sei in diesem Falle nicht einschlägig. Versorgungsbezüge eines Rentners könnten überdies nach § 33 VersAusglG nur dann gekürzt werden, wenn die ausgleichsberechtigte Person Unterhalt durch den Ausgleichsverpflichteten erhalte. Die Vorschrift könne nicht analog auf Sachverhalte angewandt werden, bei denen die Unterhaltszahlung an andere Personen, beispielsweise Kinder erfolge. Die Norm sei nicht einmal analogiefähig, da keine Regelungslücke vorliege.

Dienstag, 13. Mai 2014

OLG Hamm: Dienstwagen führt unterhaltsrechtlich zur Erhöhung des Einkommens

Der Unterhaltspflichtige hatte vom Arbeitgeber einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt bekommen, dessen Nutzungsvorteil laut Gehaltsabrechnung Euro 236,00 betrug. Der Pflichtige war berechtigt, das Fahrzeug auch privat zu nutzen. Der Arbeitgeber übernahm die vollen Kosten für den Pkw, also auch die Benzinkosten. Der Pflichtige trug im Prozess vor, er benutze den Wagen praktisch nicht privat. Er fahre ihn nur dienstlich und hole mit dem Fahrzeug seine Tochter zum Umgang ab. Ansonsten fahre nur Motorrad.
Das OLG Hamm war trotzdem der Meinung, dass die private Nutzungsmöglichkeit das Einkommen des Pflichtigen erhöhe und deshalb beim Unterhalt zu berücksichtigen sei. Der Pflichtige habe zumindest in Form von Fahrten mit seiner Tochter eine anteilige Privatnutzung eingeräumt und spare deine eigene Aufwendungen. Im übrigen habe er das Verhältnis zwischen privater und beruflicher Nutzung nicht dargelegt. Komme der Arbeitgeber für sämtliche Unterhaltungskosten des Fahrzeugs auf, könnten dann auch keine berufsbedingten Aufwendungen in Abzug gebracht werden und zwar wieder konkret noch pauschal.
OLG Hamm, 10.12.2013, II-2 UF 216/12 = Beck RS 2014,01439

Im Umkehrschluss lässt sich aus dieser Entscheidung ableiten, dass möglicherweise zusätzliche berufsbedingte Aufwendungen abgezogen werden können, wenn man hierzu nur schlüssig und ausführlich vorträgt. Zahlt insbesondere der Arbeitnehmer sein Benzin selbst und Schlüssel der die Quote zwischen privaten und beruflichen Fahrten aus, wird jedenfalls ein Abzug für berufsbedingte Aufwendungen infrage kommen.

Montag, 12. Mai 2014

OLG Stuttgart: Vermögensbildung kann bei Unterhalt berücksichtigt werden

Die Ehegatten streiten um Trennungsunterhalt. Streitig und insbesondere um die Frage, ob der Unterhaltspflichtige, obwohl er nach der Trennung Unterhalt zahlen muss, weiter Vermögen bilden darf und ob der hierfür angemessene Betrag bei der Berechnung des Unterhalts mit berücksichtigt werden kann.
Das OLG Stuttgart hält fest: Nach § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Unterhaltsberechtigte den nach den ehelichen Lebensverhältnissen angemessenen Unterhalt verlangen. Dabei bestimmen sich die Lebensverhältnisse nach den für die während des Zusammenlebens für die allgemeine Lebensführung verfügbaren Einkünfte. Bleiben Einkommensteile der Vermögensbildung vorbehalten, dienen Sie nicht der Befriedigung der laufenden Lebensverhältnisse. Sie sind damit grundsätzlich der Unterhaltsbemessung entzogen. Damit kann grundsätzlich die schon in der Ehe betriebene Vermögensbildung auch nach dem Getrenntleben fortgesetzt werden. Die hierfür aufgewendeten Beträge sind bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen.
Das OLG weist jedoch auch darauf hin, dass sowohl bei der Bemessung des Trennungsunterhalts als auch des nachehelichen Unterhalts ein objektiver Maßstab anzulegen ist. Es ist derjenige Lebensstandard entscheidend, der nach dem vorhandenen Einkommen vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters angemessen erscheint. Hat man in der Ehe übertrieben gespart, um möglichst viel Vermögen zu bilden (dürftige Lebensführung), bleibt das ebenso außer Betracht wie eine während der Ehe geführten verschwenderische Lebensweise, die nun Platz machen muss für eine vernünftige Sparpolitik.
Grundsätzlich soll der Unterhalt nur der Bedarfsdeckung dienen und nicht zu einer Vermögensteilhabe des Unterhaltsberechtigten führen.

OLG Stuttgart, 20.06. 2013,16 UF 285/12 = Beck RS 2013,22503

Freitag, 9. Mai 2014

BGH zum Ehegattenunterhalt: Auch ein betriebsbedingter Verlust des Arbeitsplatzes kann einen ehebedingten Nachteil auslösen.

Der Ehegatte, der ehebedingt nicht oder weniger gearbeitet hat und deshalb jetzt nicht mehr das berufliche Level erreichen kann, dass er ohne Ehe hätte, hat einen ehebedingten Nachteil, der ihn in aller Regel zum Bezug von nachehelichen Ehegattenunterhalt berechtigt.
Der BGH sieht jedoch genau hin. Er unterscheidet, worauf das niedrigere Job-Level zurückzuführen ist. Ist der Ehegatte nur deshalb arbeitslos, weil er betriebsbedingt gekündigt wurde, dann hat das mit der Ehe normalerweise nichts zu tun. Er ist dann nur dem normalen Risiko ausgesetzt, das auf dem Arbeitsmarkt besteht. Seine schlechtere Beschäftigungsituation stellt dann keinen ehebedingten Nachteil dar.
Deshalb galt bislang die etwas pauschale Regel, dass betriebsbedingte Kündigungen eines Arbeitsverhältnisses generell keinen ehebedingten Nachteil auslösen. Das hat der BGH jetzt richtig gestellt. Mit Beschluss vom 26.03.2014, Az. XII ZB 214/13 hat er festgestellt, dass sich auch bei einem betriebsbedingten und damit nicht ehebedingten Verlust des Arbeitsplatzes ein ehebedingter Nachteil ergeben kann und zwar daraus, dass sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung zunächst nur in einem eingeschränkten Radius und später gar nicht mehr um eine Stelle beworben hat, die seiner beruflichen Qualifikation und seinen Fähigkeiten entspricht.

In der gleichen Entscheidung weist er jedoch noch einmal auf die Beweislastverteilung und insbesondere die sekundäre Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten hin. Der Unterhaltsberechtigte hat im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert zu bestreiten und seinerseits darzulegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sind. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile dann vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.

Donnerstag, 8. Mai 2014

Telefonat unter Anwälten - BGH: Nur Vergleichsgespräche lösen die Gebühr des VV 3104 aus!

Gespräche über Verfahrensabsprachen, mit deren Befolgung eine Beendigung des Verfahrens nicht verbunden ist, wie etwa Gespräche über eine bloße Zustimmung zum Ruhen des Verfahrens, lösen eine Terminsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Halbsatz 1 Fall 3 VV RVG nicht aus. Das hat der BGH jetzt entschieden (Entscheidung vom 6.3.2014, VII ZB 40/13). 

Die beteiligten Rechtsanwälte hatten sich im Telefonat auf ein Ruhen des Verfahrens verständigt, nicht aber auf dessen Beendigung. Das Telefonat war auch in keiner Weise auf die Beendigung ausgerichtet. Unter diesesn Bedingungen spricht der BGH die Terminsgebühr der VV-RVG 3104 nicht zu. Denn in der oben zitierten Vorbemerkung heißt es ausdrücklich: "Die Gebühr für außergerichtliche Besprechungen entsteht für ... die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind..." Im Klartext: Der Anwalt wird nur dort mit dem Anfall der Terminsgebühr belohnt, wo er sich Mühe gibt, dem Richter Arbeit zu ersparen. Also: Wenn man sich auf das Ruhen des Verfahrens einigt oder sonst irgendetwas besprechen will, sollte man - und sei es auch nur kurz - immer die Möglichkeit eines Vergleichs ausloten und sich vor Beginn des Telefonats einen entsprechenden Vorschlag zurecht gelegt haben...
 
 

Mittwoch, 7. Mai 2014

Streit ums Kindergeld - BGH: Streitwert nur 300,00 €

Die Eltern streiten darum, wer das Kindergeld von der Kindergeldkasse beziehen darf. Derzeit bekommt es die Mutter. Den Antrag des Vaters, dies zu ändern, weist das Amtsgericht zurück und setzt den Streitwert auf 300,00 € fest. Der Vater wendet ein, der Streitwert sei erheblich höher. Schließlich habe die Tatsache, wer das Kindergeld bezieht, erheblichen Einfluss auf die Bemessung des Kindesunterhalts. Ferner habe er beantragt, die Bezugsberechtigung rückwirkend ab dem Jahr 2003 zu ändern.

Der BGH (Entscheidung vom 29.01. 2014, XII ZR 555/12) gibt dem Amtsgericht recht. Bei der Bestimmung des Bezugsberechtigten gehe es vorwiegend um die Modalitäten der Auszahlung des Kindergelds, nicht aber um die Frage, wem dieses zusteht. Damit könne nicht auf den Auszahlungsbetrag an sich abgestellt werden. Vielmehr sei der Mindestbeschwer-Wert des § 61 Abs. 1 FamFG zugrundezulegen.

Das Ganze habe auch nichts mit der Streitfrage hinsichtlich der Bemessung des Unterhalts zu tun. Dieser Streit sei im Unterhaltsprozess zu klären. Für die Prüfung, in wessen Obhut sich das Kind befinde, sei die Familienkasse zuständig. Die Frage, ob die Kasse richtig entschieden habe, sei wiederum Gegenstand eines finanzgerichtlichen Verfahrens und ebenfalls vom Amtsgericht hier nicht zu prüfen.

Dienstag, 6. Mai 2014

OLG Hamm: Wer seinen Ex unberechtigt verdächtigt, die gemeinsame Tochter missbraucht zu haben, verwirkt seinen Unterhaltsanspruch

Die Ehefrau behauptete nach der Trennung im Rahmen familiengerichtlicher Auseinandersetzungen, der Ehemann habe die gemeinsame Tochter sexuell missbraucht. Das Gericht erholte ein Gutachten und kam zu dem Ergebnis, dass es für einen Missbrauch keine Anhaltspunkte gebe. Trotzdem stellte die Mutter die Behauptung weiter auf, und zwar gegenüber der Vermieterin des Ehemanns (" Kinderschänder"); auch gegenüber der neuen Lebensgefährtin des Ehemanns äußerte sie, ihr Mann habe pädophile Neigungen. Zudem machte sie auch dem Jugendamt gegenüber entsprechende Äußerungen.

Unter Bezugnahme auf diese ungerechtfertigten Vorwürfe wollte der Ehemann keinen nachehelichen Unterhalt mehr zahlen, § 1579 Nr. 7 BGB, und das Familiengericht und nun auch des OLG Hamm (Entscheidung vom 3.12.2013, Aktenzeichen 2 UF 105/13 = Beck RS 2014, 01438) gaben ihm Recht. Das OLG sah den Nachscheidungsunterhalt als verwirkt an. Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs sei über Jahre hinweg zu Unrecht erhoben und auch nach Vorlage des Sachverständigengutachtens weiter aufrecht erhalten worden. Insbesondere die Äußerungen gegenüber unbeteiligten Dritten stellten ein schwerwiegendes, eindeutig bei der Ehefrau liegendes Fehlverhalten dar, das objektiv geeignet gewesen sei, den Ehemann in der Öffentlichkeit nachhaltig verächtlich zu machen und seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Existenz zu zerstören. Die Vorwürfe seien objektiv so schwerwiegend, dass es nicht darauf ankomme, ob sie von der Ehefrau im Zustand der Schuldunfähigkeit erhoben worden seien. Die Beeinträchtigungen seien so schwer und so nachhaltig, dass es die nacheheliche Solidarität nicht mehr gebiete, Unterhalt zu gewähren, auch wenn der Ehegatte schuldlos gehandelt habe.

Montag, 5. Mai 2014

Sorgerecht für den nichtehelichen Vater - So geht's jedenfalls nicht!

Viele nichteheliche Väter wollen die gemeinsame elterliche Sorge - und die meisten treffen dafür auch die richtigen Maßnahmen. Zumindest lassen sie sich wenigstens beraten, was sie tun müssen, um ihre Chancen für die Erlangung des Sorgerechts zu optimieren.

Wie man es falsch anfängt und was man alles nicht machen sollte, das hält das Amtsgericht Gießen in seinem Beschluss vom 1.12.2013, Aktenzeichen 243 F1052/13 fest. Wichtige Auszüge aus diesem sehr lehrreichen Beschluss finden Sie auf dem Beck-Blog im Posting von Hans-Otto-Burschel v. 15.04.2014.

Lesenswert!

Freitag, 2. Mai 2014

OLG Zweibrücken: Auch bei Zwischenvergleichen entsteht eine Einigungsgebühr.

Familiensachen, speziell Umgangsverfahren ziehen sich manchmal länger hin. Bevor man zu einer endgültigen Regelung kommt, müssen gelegentlich Gutachten erholt werden, die dann die Basis für eine solche Regelung bieten, und das dauert.

Im Hinblick auf die Interessen der Kinder es ist aber zwingend notwendig, den Umgang auch für die Zeit bis zur endgültigen Lösung schon in irgendeiner Form verbindlich zu regeln. Deshalb kommt es, damit der Umgang überhaupt aufrechterhalten werden kann, häufig zu Zwischenvergleichen. Das OLG Zweibrücken (Beschluss vom 6.3.2014 - 6 WF 16/14 = BeckRS 2014, 07129) hat nun festgehalten, dass auch durch eine Zwischeneinigung über das Umgangsrecht eine Einigungsgebühr ausgelöst wird und das auch dann, wenn von vornherein feststeht, dass mit dieser Zwischeneinigung keine Dauerlösung erzielt wird.
Teile der Rechtsprechung hatten sich gegen den Anfall einer Einigungsgebühr in diesem Fall mit dem Argument gewehrt, es könnten dann ja in derselben Angelegenheit mehrere Einigungsgebühren anfallen. Das räumt das OLG Zweibrücken auch ein, gibt aber zu bedenken, dass dieser Tatsache durch eine angemessene Festsetzung des Verfahrenswerts für die Teilvereinbarung Rechnung getragen werden könne.