Freitag, 16. Mai 2014

Schwanger trotz Kondom? - BGH: Das muss man immer einkalkulieren.

Er und Sie heirateten am 12.3.2004. Am 21. 04. 2004 wurde ein Sohn geboren. Im Jahre 2008 trennte man sich wieder. Im Juli 2009 ficht die Ehefrau die Vaterschaft des Ehemannes an. Sie habe während der Empfängniszeit auch Geschlechtsverkehr mit einem weiteren Mann gehabt. Tatsächlich stellt sich heraus, dass der Ehemann nicht Vater des Kindes ist.

Der BGH versagt der Mutter die Anfechtung der Vaterschaft, weil sie die Klage nicht innerhalb von 2 Jahren nach der Geburt des Kindes erhoben habe.
Die Mutter habe aufgrund des Geschlechtsverkehrs mit einem weiteren Mann bereits vor der Geburt des Kindes Kenntnis von Umständen gehabt, die die nicht ganz fernliegende Möglichkeit der Abstammung des Kindes von einem anderen Mann ergäben. Daran ändere auch nichts, dass bei diesem Geschlechtsverkehr Kondome verwendet worden seien,  denn das schließe nicht hinreichend sicher aus, dass der das Kondom benutzende man nicht doch Vater des Kindes sein könne. Das ergebe sich aus der recht hohen Versagensquote bei einer Verhütung mit Kondomen.
Insoweit verweist der BGH auf seine frühere Rechtsprechung: Es sei allgemein bekannt, dass die Zuverlässigkeit der Empfängnisverhütung mit Kondomen deutlich geringer sei als die anderer Verhütungsmittel wie etwa der "Pille". Der BGH nimmt Bezug auf den "Pearl-Index", eine Untersuchung, die ergeben hat, dass bei regelmäßiger Verwendung von Kondomen 2-12 % der Frauen innerhalb eines Jahres schwanger werden. Zwar könne die Kenntnis der Größenordnung dieser Versagensquote nicht allgemein vorausgesetzt werden; dass Kondome jedoch nicht hundertprozentig vor Schwangerschaft schützen, zähle zum Allgemeinwissen.
Wenn die Mutter also vor der Ehe mit einem anderen Mann kondomgeschützten Geschlechtsverkehr gehabt habe, habe Sie bereits bei Geburt des Kindes gewusst, dass es die nicht ganz fernliegende Möglichkeit gab, dass das Kind nicht vom Ehemann sondern von eben diesem anderen Mann abstammen könne. Damit habe mit der Geburt des Kindes die Frist des § 1600 b I 1 BGB zu laufen begonnen. Die Frist sei abgelaufen, weshalb eine Anfechtung nun nicht mehr möglich sei.

Urteil vom 11.12.2013, XII ZR 58/12 = NJW 2014,629