Mittwoch, 18. Januar 2017

OLG Nürnberg: Wenn der Ehemann das Rudel verlässt...

Wenn zwei sich trennen - wir bekommt dann den Hund? Diese Frage beschäftigt die Gerichte immer wieder. Sie tierfreundliche Gesichter sind, desto eher suchen Sie nach einer "sorgerechtlichen" Lösung. Das allerdings geht schlicht am Gesetz vorbei.
Denn Tiere sind zwar nicht mehr wie früher einfach nur Sachen. Trotzdem hält § 90a BGB ausdrücklich fest, dass auf Sie die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.Und das bedeutet, dass im Falle einer Scheidung auf Haustiere nicht die sorgerechtlichen Vorschriften des BGB sondern die Vorschriften über die Haushaltssachen, also § 1361a und § 1568a BGB anzuwenden sind. Zu diesem Ergebnis kommt auch das OLG Nürnberg in seiner aktuellen Entscheidung (vom 07.12.2016, Az. 10 UF 1429/16, hier die Pressemeldung). 
Hunde werden also verteilt wie Haushaltssachen. Dabei ist die für diese Sachen übliche Prüfungsreihenfolge maßgeblich:

  •  Steht das Alleineigentum eines Ehegatten fest, dann ist er der vorrangig Berechtigte
  • Ist das Tier während der Ehe angeschafft worden, dann steht es im Zweifel im Eigentum beider Ehegatten.
  • Ist einer der beiden Ehegatten auf das Tier besonders angewiesen (Beispiel: psychische Erkrankung, zu deren Behandlung der Besitz eines Haustieres beiträgt)
  • Gibt es ein besonderes Affektions-Interesse eines der beiden Ehegatten an dem Tier?
  • Wenn all das nicht der Fall ist - gibt es sonstige Faktoren, die für die Entscheidung maßgeblich sein können?
Und erst beim letzten Punkt landet das OLG Nürnberg - richtigerweise - beim Tierschutz (also quasi beim "Kindeswohl").

Hier war es so, dass die Ehefrau mit sechs Hunden ausgezogen war. Zwei davon waren kurz darauf verstorben. Wegen der übrigen vier stritten die Eheleute. Der Ehemann wollte zwei haben. Für die Verteilung der Tiere gab keines der oben genannten vorrangigen Kriterien den Ausschlag, weshalb letztlich das Tierwohl entschied. Die Presseerklärung dazu:
" Maßgeblich für die Entscheidung war letztlich, dass bei einer Zuweisung von zwei Hunden an den Ehemann das Rudel erneut auseinandergerissen würde. Die Hunde hatten sich in den vergangenen Monaten durch den Auszug aus dem ehelichen An-wesen, den Tod eines Teils der Tiere, den Verlust des Ehemanns als „Rudelmitglied“ und das Kennenlernen des Lebensgefährten der Ehefrau an zahlreiche neue Umstände gewöhnen müssen. Ein erneuter Umgebungswechsel und die Trennung von der seit einem dreiviertel Jahr maßgeblichen Bezugsperson ist den Hunden nach Auffassung des Familiensenats nicht zumutbar."

Dienstag, 17. Januar 2017

BGH: Namensänderung des Kindes nur, wenn für das Wohl des Kindes erforderlich

Die nichtehelichen Eltern des 2007 geborenen Kindes sind gemeinsam sorgeberechtigt. Das Kind hat nach der Geburt mit Zustimmung der Mutter den Nachnamen des Vaters als Geburtsnamen erhalten.

Nach dem Ende der Partnerschaft möchten Mutter und inzwischen sechsjähriges Kind, dass das Kind den Namen der Mutter trägt. Der Vater, mit dem sich der Sohn regelmäßig trifft,  ist jedoch mit der Namensänderung nicht einverstanden. Die Mutter beantragt, ihr die Entscheidungsbefugnis zur Namensänderung allein zu übertragen. Das Amtsgericht lehnt das ab, das OLG räumt ihr die Befugnis ein und der im Rahmen der Rechtsbeschwerde angerufene BGH hebt die Entscheidung des OLG wieder auf.

Begründung: Bei der Änderung des Familiennamens handelt es sich um eine Angelegenheit  von  erheblicher  Bedeutung  für  das  Kind,  ber  die  bei  gemeinsamer Sorge – in Abgrenzung zu Angelegenheiten des täglichen Lebens nach § 1688 BGB – von  den sorgeberechtigten  Eltern  grundsätzlich  nur  gemeinsam  entschieden  werden  kann  (OLG  Brandenburg  StAZ  2016,  111;  OLG  Karlsruhe FamRZ 2015, 1723; Palandt/Götz BGB 75. Aufl. § 1628 Rn. 7 mwN). Die Kompetenz zur Entscheidung darf nur dann auf einen übertragen werden, wenn feststeht, dass die von ihm geplante Maßnahme dem Wohle des Kindes entspricht und eine entsprechende Antrag bei der Behörde auch hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Bei der Namensänderung eines Kindes ist Voraussetzung hierfür, dass sie zum wohl des Kindes erforderlich ist.

Das war im vorliegenden Falle nicht so. Der BGH hielt die von der Mutter angeführten Gründe für die Namensänderung des Kindes für nicht ausreichend. Zwar habe das Kind nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen kontinuierlich den Wunsch geäußert, den Nachnamen der Mutter zu tragen, habe aber zugleich verneint, besonderen Belastungen durch die bisherige Namensführung ausgesetzt zu sein (etwa Hänseleien durch gleichaltrige Kinder). Zwar hätten auch Mutter, Jugendamt und Verfahrensbeistand sich für die Namensänderung ausgesprochen. Auch dies rechtfertige aber die Änderung noch nicht. Eine Namensverschiedenheit zwischen Eltern und Kindern oder zwischen zusammen aufwachsenden Kindern ist heutzutage nicht ungewöhnlich. Sie rechtfertigt für sich gesehen die Namensänderung nicht, ebenso wenig, dass der vom Kind getragene Nachname ein "ausländischer" sei.

Beschluss vom 9.11.2016 - XII ZB 298/15

Freitag, 13. Januar 2017

Ehescheidung: Wer kriegt das Auto? OLG Koblenz: Die Ehefrau muss es herausgeben und 7.366,00 Euro Nutzungsausfall zahlen!

Eine Frage, die häufig so einfach gar nicht zu beantworten ist: Wer kriegt bei der Scheidung das Auto? Die Rechtsprechung geht inzwischen davon aus, dass von Ausnahmen abgesehen ein PKW mit zu den Haushaltssachen gehört und dementsprechend bei Trennung gemäß § 1361 a BGB und nach der Scheidung gemäß § 1568 b BGB zu behandeln ist. Wurde das Fahrzeug also während der Ehe angeschafft, wird es so behandelt, wie wenn es im gemeinsamen Eigentum beider Ehegatten steht. Daran ändert auch nichts, wenn der Kaufvertrag nur auf einen lautet und dieser im Fahrzeugbrief steht, denn § 1568 b Abs. 2 BGB geht als lex spezialis der Eigentumsvermutung des § 1006 BGB vor.

Anders ist es, wenn das Fahrzeug definitiv im Eigentum eines der beiden Ehegatten steht, und so war es wohl im dem vom OLG Koblenz am 15.6.2016 zu entscheidenden Fall (Aktenzeichen 13 UF 158/16 = FamRZ 2016, 1770 = NJW 2016, 2892).

Gestritten wurde um einen Ford Galaxy, den unstreitig der klagende Ehemann 2010 allein als "Familienkutsche" angeschafft hatte, den aber die beklagte Ehefrau praktisch allein gefahren hatte, weil der Ehemann sich beruflich häufig im Ausland aufhielt und zusätzlich einen Dienstwagen zur Verfügung hatte.

Im Rahmen des Scheidungsverfahrens verlangte der Ehemann nun die Herausgabe des Fahrzeugs sowie eine Nutzungsentschädigung für den Zeitraum ab August 2015; zu diesem Zeitpunkt hatte er die Ehefrau aufgefordert, den Wagen herauszugeben.

Das OLG Koblenz stellt sich auf den Standpunkt, die Eigentumsvermutung des § 1568 b BGB gelte hier nicht, da der Ehemann unstreitig das Fahrzeug allein erworben habe. Mithin sei die Ehefrau verpflichtet, den Wagen herauszugeben. Die Kinderschutzklausel, die die Herausgabe sowohl nach § 1568 b Abs. 1 als auch (für den Zeitraum des Getrenntlebens) nach § 1361 a BGB hätte hindern können, greife hier nicht. Zwar leben die gemeinsamen Kinder im Haushalt der Ehefrau. Sie sind allerdings bereits volljährig und nicht mehr in der allgemeinen Schulausbildung, so dass die Ehefrau das Fahrzeug schon deshalb nicht mehr dringend benötige, um die Kinder durch die Gegend zu kutschieren. Das OLG setzte eine Nutzungsentschädigung von 29,00 € täglich fest, und zwar für insgesamt 254 Tage; denn ab August 2015 sei sie mit der Herausgabe des Fahrzeugs in Verzug gewesen. Folglich hatte die Ehefrau das Fahrzeug herauszugeben und Euro 7.366,00 zu zahlen.

Donnerstag, 12. Januar 2017

BGH: Die Zwangsversteigerung der Ehewohnung wird nicht deshalb eingestellt, weil das Wohl eines Pflegekindes gefährdet ist.

Die Eheleute waren rechtskräftig geschieden. Die Ehefrau lebte zusammen mit einer Schwerbehindertenpflege Tochter im ehelichen Anwesen. Der Ehemann beantragte die Zwangsversteigerung. Die Ehefrau wendete sich dagegen und beantragte nach § 180 II ZVG deren Einstellung, da durch die Versteigerung das Wohl der Schwerbehinderten Pflegetochter gefährdet sei.

Das Amtsgericht stellt die Zwangsversteigerung für zwei Jahre ein. Das Landgericht hebt die Einstellung auf, und dabei bleibt es auch im Rahmen der Beschwerde zum BGH. Der BGH argumentiert:

" Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kommt auch eine einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung nach § 180 Abs. 3 Satz 1 ZVG nicht in Betracht. Wie das Beschwerdegericht zutreffend erkannt hat, besteht diese Möglichkeit nur bei gemeinschaftlichen Kindern, nicht aber bei einem gemeinsamen Pflegekind." Und er erläutert im Folgenden, dass die Vorschrift des § 180 Abs. 3 ZVG auch nicht entsprechend auf Pflegekinder anzuwenden ist. Die Vorschrift greift demnach nur ein, wenn es um den Schutz eines Kindes geht, zu dem beide geschiedene Eheleute ein Verwandtschaftsverhältnis haben.

BGH · Beschluss vom 22. März 2007 · Az. V ZB 152/06

Mittwoch, 4. Januar 2017

Aktuell examensrelevante Rechtsfrage: Eigentumslage an gestrandeten Überraschungseiern

Winter-Urlaub auf Langeoog - und plötzlich mittendrin im examensrelevanten Sachverhalt: Plötzlich macht ein Gerücht die Runde: Heute Nacht hat im Sturm vor der Insel ein Schiff Teile seiner Ladung verloren. Und tatsächlich: Mittags bei auflaufender Flut sind sie plötzlich da: Überraschungseier! Tausende - Hunderttausende bunte runde Plastikbälle schwemmen zusammen mit Seetang an den Strand. Und hunderte von großen und kleinen Sammlern mit Rucksäcken und Plastiktüten stehen bereit, um Beute zu machen. Praktischerweise kommen die Behälter ohne die unnötige und im Salzwasser ohnehin ungenießbare Schokolade daher. Eilig werden erste Plastikkugeln aufgeschraubt, und siehe da; Alle "Beipackzettel" sind in russischer Sprache!
Und damit erhebt sich die Frage: Kann man die Eier einfach so einschieben? Wem gehören Sie? Der Firma Ferrero? Wladimir Putin (wg. der Beipackzettel), der Reederei, dem Frachtversicherer (womöglich Sumitomo inTokio)? Oder sind sie Fundstücke, die auf dem im Zweifel auf dem Festland befindlichen und damit sicherlich  überforderten Fundbüro abgeliefert werden müssen? Oder was? Fragen über Fragen, die durchaus examensrelevant sind, denn schon geht der Vorfall durch die Medien: http://www.ndr.de/nachrichten/nicht iedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Nach-dem-Sturm-Ue-Eier-Alarm-auf-Langeoog,inseln212.html

Und irgendein "humorvoller" Prof wird Wind von der Sache bekommen und daraus eine sachenrechtliche Frage fürs nächste mündliche Examen stricken. Seid gewappnet, Ihr cand. jur.'s draußen im Lande!