Dienstag, 10. Dezember 2013

Kindesunterhalt: Verpflichteten zum Jugendamtstitel auffordern oder gleich klagen?

Der Vater behauptete, nicht einmal den Mindestunterhalt leisten zu können und reagierte auch auf Hinweise der Kindsmutter nicht, er sei seinem minderjährigen Kind gegenüber verschärft erwerbspflichtig.

Diese forderte ihn nun gar nicht mehr auf, einen Unterhaltstitel beim Jugendamt zu erstellen, sondern stellte gleich VKH-Antrag für ein gerichtliches Unterhaltsverfahren.
Normalerweise sehen die Gerichte das als mutwillig an. Erst wenn man den Pflichtigen aufgefordert hat, einen Jugendamtstitel zu erstellen und er dem in angemessener Frist nicht nachgekommen ist, darf das Gericht mit Kindesunterhaltsforderungen belästigt werden. Kommt man vorher damit daher, ist das mutwillig, und es gibt keine Verfahrenskostenhilfe.

Das gilt allerdings nicht im oben geschilderten Fall, wie das OLG Hamm, Beschluss vom 10.10.2013 - II-2 WF 213/13 = BeckRS 2013, 18762 entschieden hat. Es führt aus:
"Die Verfahrenskostenhilfe ist vorliegend auch nicht wegen Mutwilligkeit zu versagen. Eine Rechtsverfolgung ist dann mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Zöller, ZPO, 29. Auflage, § 114 ZPO Rn. 30 m. W. N.).
Danach kann hier eine Mutwilligkeit nicht deswegen angenommen werden, weil die Antragstellerin es versäumt hat, den Antragsgegner zur Erstellung einer kostenfreien Jugendamtsurkunde aufzufordern. Nach den vorprozessualen Ausführungen des Antragsgegners hält dieser sich nur in Höhe von monatlich gerundet 83 € für leistungsfähig. Wegen des Differenzbetrages von monatlich (222 - 83 =) 142 € müsste also ohnehin der Rechtsweg beschritten werden. Vor diesem Hintergrund würde eine nicht hilfsbedürftige Partei den Pflichtigen ebenfalls sogleich in voller Höhe auf gerichtlichem Wege in Anspruch nehmen."

(C) Foto: S. Hofschlaeger  / pixelio.de

Montag, 9. Dezember 2013

BGH zu "vergessenen" Anrechten im Versorgungsausgleich

Werden im Versorgungsausgleich Anrechte übersehen, vergessen oder verschwiegen, wirft dies erhebliche Probleme auf. Nach einer aktuellen Entscheidung des BGH (vom 24.7.2013, XII ZB 340/11 = FamRZ 2013,1662) können solche Anrechte auch dann nicht im Wege des Abänderungsverfahrens nach § 51 VersAusglG nachträglich ausgeglichen werden, wenn das Abänderungsverfahren wegen der Wertänderung eines anderen, in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts eröffnet ist.

Zwar sei einerseits demjenigen, der im Versorgungsausgleich zu kurz gekommen sei, ein gewisses Rechtsschutzinteresse an eine Abänderung der Entscheidung zuzubilligen. Jedoch habe auch im vorliegenden Falle das Prinzip Vorrang, nachdem die Rechtskraft einer Entscheidung nur in Ausnahmefällen durchbrochen werden dürfe. Dass sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebende Prinzip der Rechtssicherheit habe hier mehr Gewicht als das Interesse an einer Fehlerkorrektur ein Versorgungsausgleich.

Freitag, 6. Dezember 2013

BGH: Berechtigter muss auch beim Trennungsunterhalt in Ausnahmefällen seinen Vermögensstamm verwerten.

Der unterhaltsverpflichtete Ehemann war unbegrenzt leistungsfähig und verfügte über erheblich höheres Vermögen als seine unterhaltsberechtigte Ehefrau. Diese hatte aus der Veräußerung eines gemeinsamen Anwesens ebenfalls Barvermögen erworben.

Des Verwertung zum Zwecke der Bedarfsdeckung lehnte der BGH im konkreten Fall ab. Er schloss sich dem OLG an, das entschieden hatte, zur Verwertung des Vermögensstammes sei die Klägerin im Rahmen des Trennungsunterhalts noch nicht verpflichtet, weil die Unterhaltsberechnung das Ziel habe, der Klägerin den in der intakten Ehe erworbenen Lebensstandard zu sichern und dies auch hinsichtlich des aus der Veräußerung erzielten Erlöses gelte, weil der Beklagte über ein deutlich höheres Vermögen verfüge und unbegrenzt leistungsfähig sei.

Merke: Der Ehemann war hier noch erheblich vermögender als die unterhaltsberechtigte Frau und überdies aus dem laufenden Einkommen unbegrenzt leistungsfähig; man befand sich also im Bereich der konkreten Bedarfsbemessung.
Das legt nahe, dass der BGH zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre, wenn die Eheleute im wesentlichen ein gleich hohes Vermögen gehabt, das Einkommen des Verpflichteten nicht unbegrenzt weit gereicht hätte und im Übrigen durch Trennung von Wohnsitz und Vermögen schon während der Trennungszeit zwischen den Eheleuten eine wirtschaftliche Entflechtung stattgefunden hätte, die die Verhältnisse während der Trennungszeit an diejenigen nach Rechtskraft der Ehe angeglichen hätte.

BGH XII ZR 177/09 = FamRZ 2012, 514, Rz. 14 und 36

Mittwoch, 4. Dezember 2013

OLG Brandenburg zur Beiordnung eines Anwalts im Abstammungsverfahren

In Abstammungsverfahren ist nicht nur dem Vater, sondern auch allen weiteren Beteiligten  in der Regel ein Anwalt beizuordnen. Bei der nach § 78 II FamFG vorzunehmenden Güterabwägung "...sei zu berücksichtigen, dass in kaum einem anderen Verfahren als dem Vaterschaftsfeststellungsprozess eine Partei gehalten sei, ihre Privat- und Intimsphäre zu offenbaren, weshalb es nachvollziehbar und verständlich mache, dass sie sich einer Person ihres Vertrauens, nämlich ihres Verfahrensbevollmächtigten, bedienen möchte..." so OLG Brandenburg vom 10.10.2013, Az.: 3 WF 116/13 = BeckRS 2013, 18145.

Wie vernünftig ist DAS denn...?  :-))

(C) Foto: Stephanie Hofschlaeger  / pixelio.de

Dienstag, 3. Dezember 2013

OLG Saarbrücken: Was der Richter beachten muss, wenn er den Umgang regelt:

In einem amtlichen Leitsatz von bisher nicht gekannter Länge legt das OLG Saarbrücken (6 UF 128-13 v. 11.10.2013 = Beck RS 2013, 18509) fest, was der Amtsrichter bei einer Umgangsregelung alles beachten muss, will er nicht in die Falle einer unzulässigen Teilentscheidung tappen:
"Wird ein Umgang nicht konkret, vollständig und vollstreckbar nach Art, Ort und Zeit des Umgangs geregelt oder - soweit es das Kindeswohl erfordert - konkret eingeschränkt oder ausgeschlossen (sog. Konkretheitsgebot), so liegt eine unzulässige Teilentscheidung vor. Die Regelung des Umgangs darf nur soweit in die Hände eines Dritten gelegt werden, wie das Gesetz diese Möglichkeit ausdrücklich eröffnet. Letzteres ist jedenfalls hinsichtlich der Frage, ob die Umgangskontakte begleitet oder unbegleitet stattfinden, bei der Umgangspflegschaft nicht der Fall. Die Vollstreckbarkeit einer periodischen Umgangsregelung setzt voraus, dass der erste Umgangstermin kalendermäßig genannt ist. Im Rahmen des Umgangsrechts nach § BGB § 1684 Abs. BGB § 1684 Absatz 1 BGB ist grundsätzlich die Einräumung von Ferienumgang angezeigt. Wenn das Gericht hiervon absieht, stellt dies jedenfalls bei einem Kind im Alter von acht Jahren grundsätzlich keine Umgangsregelung nach § BGB § 1684 Abs. BGB § 1684 Absatz 1 BGB mehr dar, sondern eine Umgangseinschränkung i. S. d. § BGB § 1684 Abs. BGB § 1684 Absatz 4 S. 1 oder 2 BGB. Die Anordnung einer Umgangspflegschaft ist auf Fälle beschränkt, in denen es der betreuende sorgeberechtigte Elternteil ist, der seine § BGB § 1684 Abs. BGB § 1684 Absatz 2 S. 1 BGB entspringende Loyalitätspflicht dauerhaft oder wiederholt verletzt (Anschluss BGH FamRZ 2012, 533, juris Rz. 19). Da die Umgangspflegschaft einen erheblichen Sorgerechtseingriff bedeutet, müssen ihre Voraussetzungen strikt beachtet werden. Sie ist kein Allheilmittel, so dass der Umstand, dass die Sachverständige, der Verfahrensbeistand, das Jugendamt und die Eltern mit ihrer Einrichtung einverstanden sind, das Familiengericht nicht von der gründlichen Prüfung ihrer Voraussetzungen enthebt, zumal durch sie erhebliche Kosten entstehen. Beruht hinsichtlich eines von mehreren beteiligten Kindern das Umgangsrecht nur auf § BGB § 1685 Abs. BGB § 1685 Absatz 2 BGB, so kommt die Einrichtung der Umgangspflegschaft insoweit wegen § BGB § 1685 Abs. BGB § 1685 Absatz 3 S. 2 BGB nur bei Vorliegen der Voraussetzungen von § BGB § 1666 BGB in Betracht. Die Formulierung "ab dem 4. Lebensjahr" des Kindes bedeutet in Abwesenheit gegenteiliger Anhaltspunkte ab Vollendung seines 3. Lebensjahres. (amtlicher Leitsatz)."

Puuhh! Welcher Richter würde da nicht ultimativ und heftig auf den Abschluss eines Vergleichs drängen :-))

(C) Foto: Maryline Weynand  / pixelio.de

Montag, 2. Dezember 2013

OLG Brandenburg: Wie man im VKH-Verfahren für eine Sorgerechtsübertragung schlüssig vorträgt...

"Wer die alleinige elterliche Sorge im Rahmen des § 1671 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 BGB beansprucht, braucht im Rahmen des Verfahrens der Verfahrenskostenhilfe nur substantiiert vorzutragen, dass zwischen den beteiligten Eltern die Kooperationsfähigkeit fehlt, zum Wohle des Kindes die notwendigen Entscheidungen von erheblicher Bedeutung gemeinsam zu treffen. Allein der Umstand, dass ein Elternteil den anderen bei der Entscheidung über wichtige Angelegenheiten des Kindes gewähren lässt, rechtfertigt aber die Aufhebung der gemeinsamen Sorge grundsätzlich nicht. Gleiches gilt für unterschiedliche Auffassungen zur Gestaltung des Umgangsrechts. (amtlicher Leitsatz)", so OLG Brandenburg, 3 WF 115/13 v. 15.10.2013 = BeckRS 2013, 18887.

(C) Foto: Helene Souza  / pixelio.de