Mittwoch, 25. November 2020

Corona schlägt unbarmherzig zu - VG Schleswig verbietet Anwesenheit von Eltern und Trauzeugen auf dem Standesamt

 Völlig klar - die Reduktion sozialer Kontakt muss sein, wenn die Pandemie die Ansteckungszahlen so in die Höhe schnellen lässt, wie das derzeit der Fall ist. Aber manchmal tun die daraus resultierenden Konsequenzen schon wirklich weh: 

Die veröffentlichte Version der Gerichtsentscheidung des VG Schleswig sagt uns nicht, wo sich das ganze zugetragen hat. Fest steht nur, dass es in Schleswig-Holstein war und man sich zumindest dort (wahrscheinlich aber auch im ganzen Bundesgebiet) darauf einstellen muss, als Hochzeiter in Pandemie-Zeiten mutterseelenallein vor den Standesbeamte treten zu müssen - ohne moralische Schützenhilfe von Eltern, Schwiegereltern und Trauzeugen. Denn dieser Personenkreis gehört nach geltendem Eheschließungsrecht nicht zu den " für die Eheschließung zwingend notwendigen Personen". 

Deswegen waren Bürgermeister und Standesbeamte  der Gemeinde - so weist es die Begründung des VG Schleswig aus - zu folgendem Schluss gekommen: "Die Standesbeamtinnen und Standesbeamten des Standesamtsbezirks A-Stadt hätten entschieden und mit dem Bürgermeister der Antragsgegnerin abgestimmt, dass zu den Eheschließungen im November nur noch der für die Eheschließung notwendige Personenkreis zugelassen werde. Sie verweist auf das Inkrafttreten der aktuellen Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes-Schleswig-Holstein am 02.11.2020". Und eben diese Verordnung sieht eine weitestgehende Reduktion aller sozialen Kontakte vor. Und bei deren konsequenter Anwendung müssen bei einer Eheschließung halt eben auch Trauzeugen und Eltern des Hochzeitspaars draußen vor der Tür bleiben.

Immerhin dürfen sie anschließend noch mit Reis werfen.

Im Moment darf  wenigstens das Brautpaar selbst an der Zeremonie noch teilnehmen - denn es gehört ja zum "zwingend notwendigen Personenkreis". Aber wir werden sehen: Wenn die Pandemie noch lange dauert, wird unter Umständen bei uns die mittelalterliche Handschuh-Ehe vielleicht wieder eingeführt - möglicherweise sogar in verschärfter Form: Dann würde die Vorlage jeweils eines Handschuhs von Braut und Bräutigam ausreichen, damit der Standesbeamte die Eheschließung vornehmen kann. Stimmungsvolle Teilnahme per Zoom-Übertragung sollte natürlich möglich sein.

Aber dann wird's natürlich schwierig mit dem Reis....

Oh Lord! Lass Impfstoff regnen! 

VG Schleswig Beschl. v. 6.11.2020 – 3 B 132/20, BeckRS 2020, 29931


Hoher Gegenstandswert bei Antrag auf Zustimmung zur Kündigung der Ehewohnung

Streitigkeiten rund um die Ehewohnung haben normalerweise recht.niedrige Gegenstandswerte. § 48 FamGKG  sieht für Wohnungszuweisungsverfahren bei Getrenntleben bzw. im Rahmen des Scheidungsverfahrens Gegenstandswerte von Euro 3000,00 und Euro 4000,00 vor. Wenn es sich um eine einfache Angelegenheit handelt oder aber die Sache auf den Antrag hin unstreitig beendet werden kann, neigen die Gerichte zum Teil sogar dazu, aus dem Grundgedanken des § 41 FamGKG heraus einen Gegenstandswert von nur Euro 1500,00 anzunehmen. Höhere Werte seien "nicht angemessen".

Von diesem Grundprinzip macht das OLG Bremen nun eine gewichtige Ausnahme, wenn es darum geht, gerichtlich die Zustimmung zur Kündigung der Ehewohnung zu erzwingen. Es urteilt:

1. Bei einem Antrag auf Zustimmung des getrennt lebenden Ehepartners zur Kündigung des gemeinsam geschlossenen Wohnraummietvertrages handelt es sich um eine Familienstreitsache im Sinne von § 266 Abs. 1 Nr 3 FamFG.

2. Der Verfahrenswert richtet sich in einem solchen Verfahren in der Regel nach der Jahresnettomiete.

Und das, obwohl die Vorinstanz hier wirklich von 1500,00 € ausgegangen war.


OLG Bremen Beschl. v. 12.11.2020 – 4 WF 67/20, BeckRS 2020, 31056


OLG Brandenburg zur Verfahrenskostenhilfe - Höherwertige fahrzeuge müssen vewertet werden.

OLG Brandenburg Beschl. v. 17.11.2020 – 13 UF 134/20, BeckRS 2020, 31585

Der OLG hat bei Anragstellenden mit höherwertigen Fahrzeugen wenig Einsehen. sie müssen sie verkaufen und sich geringerwertige Autos zulegen. Die Differenz ist für die Prozessfinanzierung zu verwenden.  Der Leitsatz des OLG:

Das Eigentum an einem PKW mit einem Fahrzeugwert von 15.000 € steht einer Hilfsbedürftigkeit nach § ZPO § 115 ZPO entgegen. Werden Autos beruflich nicht benötigt, so sind sie unabhängig von Größe und Wert zu berücksichtigende Vermögensbestandteile; bei beruflicher Notwendigkeit sind höherwertige Fahrzeuge im Austausch mit günstigeren einzusetzen (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 05. Januar 2006 -  9WF35805 9 WF 358/05 -, Wittenstein in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl. 2017,  § 115 ZPO).