Mittwoch, 30. November 2011

OLG Oldenburg: Das Vaterschaftsgutachten zahlt in der Regel der Vater

Die Kindsmutter hatte angegeben, im gesetzlichen Empfängniszeitraum (nur) mit dem Antragsgegner verkehrt zu haben. Den Verkehr hatte der Antragsgegner auch eingeräumt, jedoch Zweifel daran erhoben, dass er der einzige gewesen sei. Daraufhin hatte das Jugendamt als Beistand für das Kind ein Vaterschaftsfeststellungs-verfahren betrieben, in dem ein Gutachten erholt wurde. Danach stand fest, dass der Antragsgegner vielleicht nicht der einzige Sexualpartner der Mutter war, jedoch der Vater des Kindes.

Nun erhob sich die Frage, wer das Gutachten zu bezahlen hatte. Das Amtsgericht ging nach § 81 FamFG vor und sah keinen Grund, die Verfahrenskosten nach § 81 Abs. 2 FamFG ganz oder teilweise dem Vater aufzuerlegen. Es halbierte die Kosten daher zwischen Kindsvater und Kindsmutter (denn einem minderjährigen Beteiligten können die Kosten nicht auferlegt werden, § 81 Abs. 3 FamFG).

Dem wollte das OLG Oldenburg (Beschluss vom 18.11.2011, Az 13 UF 148/11 = Beck RS 2011, 26736) nicht folgen: Zwar lägen die Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 FamFG nicht vor; insbesondere habe der Vater nicht durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben. Allerdings führe die Billigkeitsklausel des § 81 Abs. 1 FamFG dazu, dass ihm die Kosten des Verfahrens doch im Wesentlichen ganz zu übertragen seien (jedenfalls der größte Kostenfaktor, nämlich das Gutachten). Denn er sei der Einzige, von dem es abgehangen habe, ob das Gutachten nun erstellt wurde oder nicht. Selbst wenn seine Zweifel berechtigt gewesen wären, führe die Billigkeitsklausel des § 81 Abs. 1 FamFG trotzdem noch dazu, dass er die Kosten des Gutachtens quasi veranlasst habe und sie deshalb auch tragen müsse, wobei es auf sein Verschulden gar nicht ankomme.

Im Übrigen müsse er, wenn er außergerichtlich ein Vaterschaftsgutachten erstellt hätte, für diese Kosten ja auch alleine aufkommen, weil er keine Regressmöglichkeit gegenüber der Mutter habe.

Hinweis: Ficht der Vater seine Vaterschaft an, gilt für die Kostenverteilung die Sonderregelung des § 183 FamFG. Auch bei erfolgreicher Anfechtung ist der Vater hier mit der Hälfte der Kosten dabei.


Fokus-Familienrecht Schnell-Info zum Urteil ( zum Vergrößern anklicken):


Dienstag, 29. November 2011

Norwegischer Massenmörder Breivik nicht zurechnungsfähig.

Soeben melden die Nachrichten-Medien, dass der norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik für die Tötung von 77 Menschen am 22.07.2011 auf der Insel Utöya bei Oslo wahrscheinlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. Ein rechtspsychologisches Gutachten ergab, dass Breivik nicht zurechnungsfähig ist.
Breivik bezeichnet sich selbst in Verhören als Kommandeur einer rechtsextremistischen "Widerstandsbewegung" gegen Muslime.
Zu den Details  vgl. http://www.tagesschau.de/ausland/breivik104.html

OVG Lüneburg: Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch nach Rücknahme oder Verfahrens-Erledigung.

Oft steht man als Familienrechtler vor dem Problem, bis zum Ende des Verfahrens nicht sämtliche Unterlagen für die Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe beigebracht zu haben. Das Gericht gewährt dem Mandanten dann nach Abschluss des Verfahrens häufig diese staatliche Hilfe nicht mehr, sondern verweist auf die gängige Rechtssprechung in Zivilsachen, nach der ein erst nach Abschluss der Instanz bei Gericht eingehender VKH-Antrag vom Gericht grundsätzlich nicht mehr bearbeitet werden darf, da Verfahrenskostenhilfe nur für eine „beabsichtigte Rechtsverfolgung“ gewährt werden dürfe, § 114 ZPO.

Montag, 28. November 2011

Vorsicht! Schriftliche Vergleiche vor Gericht ersetzen nicht die notarielle Form!

Wer sich vor Gericht z.B. über Scheidungsfolgen einigt und dabei Vereinbarungen trifft, die eigentlich der notariellen Form bedürfen, kann diese Form durch den den vom Gericht nach § 127 a BGB protokollierten Vergleich ersetzen.Das erfordert aber - siehe Wortlaut der Vorschrift -, dass man sich bei Gericht überhaupt sehen lässt. Wer sich darauf einlässt, die Vereinbarung nur durch Austausch von Schriftsätzen nach § 278 VI ZPO zustande zu bringen, der läuft Gefahr, die notwendige Form nicht eingehalten zu haben.

Dienstag, 22. November 2011

Israel: Knesset will Pressefreiheit faktisch abschaffen

Folgende Nachricht kam heute um 10:00 in den Nachrichten des Radiosenders Bayern 2:
"Jerusalem: Das israelische Parlament hat ein umstrittenes Gesetz gegen üble Nachrede in erster Lesung angenommen. Der Entwurf verschärft die Strafen für Autoren, die "diffamierende" Texte verfassen, sei es in Printmedien, im Rundfunk oder im Internet. Für Journalisten ist eine Maximalstrafe in Höhe von umgerechnet knapp 60-tausend Euro vorgesehen - ohne dass ein Klageführer nachzuweisen hätte, dass ihm Schaden entstanden ist. Oppositionsführerin Livni sagte, es solle absichtlich jenen geschadet werden, die die Führung des Landes kritisierten. Am Sonntag hatten hunderte Journalisten in Tel Aviv gegen das Mediengesetz demonstriert. Sie fürchten, dass die Pressefreiheit beschnitten wird."
Auf der Internetseite des bayerischen Rundfunks findet sich inzwischen kein Hinweis mehr auf diese Meldung. Auch die sonstigen großen deutschen Medien berichten nicht darüber. Die israelische Pressefreiheit scheint hier kein Thema zu sein und die bedingungslose Unterstützung von allem, was die jeweilige israelische Regierung tut, nach wie vor bei uns zur Staatsräson zur gehören.

Immerhin findet sich auf den Seiten der Jerusalem Post ein Bericht über den Protest der israelischen Journalisten am Sonntag.

Mittwoch, 2. November 2011

OLG Hamm: Das Prinzip der Waffengleichheit von Arm und Reich gilt auch bei der Frist des § 137 II FamFG. Es reicht, einen VKH-Antrag einzureichen.

In der Scheidungssache war Termin auf den 31.5.11 anberaumt. Am 21.4.2011 reichte die Antragsgenerin ein VKH-Gesuch für einen Antrag auf nachehelichen Unterhalt ein. Bis zum Termin genehmigte das Gericht die VKH nicht. Im Termin stellte sich der Richte rauf den Standpunkt, der nacheheliche Unterhalt sei nicht rechtshängig gemacht und damit nicht Bestandteil des Verbundes. Er sprach die Scheidung aus, ohne über den nachehelichen Unterhalt zu entscheiden.