Donnerstag, 28. November 2013

BGH: Fehlverhalten in der Trennungszeit rechtfertigt Ausschluss des Versorgungsausgleich nur im Ausnahmefall

Das tunesische Ehepaar ließ sich scheiden. Während der Trennungszeit "...veröffentlichte die Ehefrau unter einem Pseudonym ein mit Unterstützung einer Journalistin verfasstes Buch, in dem sie im Stil einer Autobiographie ihre zwölfjährige Ehe mit dem Ehemann als Zwangsehe beschreibt, in deren Verlauf der Ehemann ihr die Kinder entzogen und sie laufend misshandelt und vergewaltigt habe..."
Der entrüstete Ehemann meinte nun, damit habe die Ehefrau ihr Recht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verwirkt.

Dem folgte der BGH (XII ZB 176/12 v. 16.10.2013 = BeckRS 2013, 19687) nicht: "Das persönliche Fehlverhalten eines Ehegatten in der Zeit nach der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft rechtfertigt den Ausschluss des Versorgungsausgleichs, der die verfassungsrechtlich geschützte Teilhabe an dem während der Ehe gemeinsam geschaffenen Versorgungsvermögen gewährleisten soll, nur ausnahmsweise und nur dann, wenn das Fehlverhalten besonders krass ist oder sonst unter den Ehepartnern besonders belastenden Umständen geschieht und die Durchführung des Versorgungsausgleichs unerträglich erscheint...".
Zwar habe der Ehemann "...ein allgemeines Interesse daran, dass Einzelheiten des Zusammenlebens der Ehegatten nicht gegen oder ohne seinen Willen in der Öffentlichkeit ausgebreitet werden, sondern innerhalb der Abgeschlossenheit der Ehe verbleiben. Dabei käme es nicht einmal darauf an, ob die von der Ehefrau geschilderten Verhaltensweisen des Ehemanns zutreffend geschildert wurden oder nicht..."
Allerdings habe das OLG trotzdem richtig geurteilt, wenn es die Durchführung des Versorgungsausgleichs zugelassen habe: Es komme nämlich maßgeblich darauf an, inwieweit das Verhalten der Ehefrau den Ehemann tatsächlich beeinträchtigt habe. Insoweit dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Frau das Buch unter einem Pseudonym veröffentlicht und im Buch die Klarnamen der Eheleute nicht erwähnt habe. Aus der Tatsache, dass der Ehemann vom Ganzen erst drei Jahre nach Veröffentlichung des Buchs erfahren habe, ergebe sich, dass sein Ruf auch im näheren Bekanntenkreis, der Rückschlüsse aus der Story auf die Beteiligten hätte ziehen können, nicht gelitten habe. Daher sei auch in diesem Fall der Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht gerechtfertigt.


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