Freitag, 20. Juli 2012

Krähenfuß? Oder doch eine Unterschrift? Das aktuelle Sauklauen-Urteil des BGH.

Der geschätzte Kollege M. hatte so unterschrieben, wie er das immer macht - seit Jahrzehnten. Plötzlich war das OLG damit nicht mehr zufrieden und meinte, das unter der Berufung befindliche Kunstwerk sei mangels Lesbarkeit gar keine Unterschrift. Und daher sei die Berufung nicht unterschrieben und damit nicht wirksam eingelegt.

In der Tat: Jahrzehnte hinterlassen Spuren an einer Unterschrift, wie der BGH (VII ZB 36/10 v. 26.04.2012 = FamRZ 2012, 1133, Ls.) treffend ausführt:
"Sie (die Unterschrift) besteht, wie die vom Beklagten zur Akte gereichten Schriftproben zeigen, nach einem jahrzehntelangen, sukzessiven Abschleifungsprozess nur noch aus den stilisierten Überbleibseln einer Reihenfolge von Buchstaben, aus denen sich der Vor- und Nachname Rechtsanwalt M.s zusammensetzt."
Allerdings...
"...weist der vom Berufungsgericht zutreffend als Abfolge aus Strichen, Punkten und Haken beschriebene Schriftzug starke individuelle Merkmale auf, die insbesondere wegen der ungewöhnlichen Kombination der Schriftzeichen keinen ernsthaften Zweifel daran aufkommen lassen, dass es sich um eine von ihrem Urheber zum Zwecke der Individualisierung und Legitimierung geleistete Unterschrift handelt. Rechtsanwalt M. unterschreibt, wie er durch seine ebenso unterzeichnete eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht hat, seit Jahren in dieser Weise. Auch dem Berufungsgericht liegen aus anderen Verfahren Schriftstücke vor, welche seine gleich geartete Unterschrift tragen, ohne dass dies beanstandet worden wäre. "
Und das veranlasste den BGH schließlich zu folgendem - jeden Zweifel ausschließenden - Leitsatz:
 "Ein aus unleserlichen Zeichen bestehender Schriftzug am Ende einer Berufungsschrift stellt jedenfalls dann eine Unterschrift im Sinne des § 130 Nr. 6 ZPO dar, wenn seine individuellen, charakteristischen Merkmale die Wiedergabe eines Namens erkennen lassen und aufgrund einer Gesamtwürdigung aller dem Berufungsgericht bei Ablauf der Berufungsfrist zur Verfügung stehenden Umstände die Identifizierung des Ausstellers ermöglichen (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 17. November 2009 XI ZB 6/09, NJW-RR 2010, 358)."
Jawoll!

Gezeichnet
(Rechtsanwalt)