Dienstag, 24. Juli 2012

BGH: Stufenklage auf Zugewinnausgleich hemmt die Verjährung, auch wenn der Stichtag falsch angegeben ist.

Die Parteien hatten in einem Notarvertrag den Stichtag für den Zugewinnausgleich abweichend vom Gesetz festgelegt auf den 4.7.1994. In einer Stufenklage auf Auskunft und Zahlung von Zugewinnausgleich, erhoben am  06.02.2002 hatte die Ehefrau jedoch als Stichtag den gesetzlichen (Zustellung de Scheidungsantrags, § 1384 BGB), nämlich den 28.5.1998 angegeben. Von der Rechtskraft der Scheidung erfuhr sie im Laufe des März 1999.

  • Nach aktuellem Recht verjähren Zugewinnausgleichsansprüche nach den allgemeinen Regeln, also nach §§ 194 ff BGB.
  • Nach § 199 BGB beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis erlangt hat oder erlangen musste.
  • Nach § 1378 III BGB entsteht die Zugewinnausgleichsforderung mit der Beendigung des Güterstands, also mit Rechtskraft der Scheidung (lediglich berechnet wird sie bezogen auf den Tag der Zustellung des Scheidungsantrags, § 1384 BGB).
Die Verjährung wäre somit am 31.12.2002 eingetreten. An sich hemmt die vorher erhobene Klage die Verjährung.
Im Stufenantrag gab die Ehefrau jedoch einen - für die Berechnung des Zugewinnausgleichs natürlich wesentlich maßgeblichen - falschen Stichtag an. Der Ehemann berief sich deswegen auf Verjährung. Dem erteilte der BGH (IX ZR 168/11 = NJW 2012, 2180, Rz. 16 ff.) eine Absage, und zwar mit folgender Begründung:

"Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 BGB wird die Verjährung durch die Erhebung einer Leistungsklage gehemmt. Dem liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass der Gläubiger durch aktives Betreiben seines Anspruchs seinen Rechtsverfolgungswillen so deutlich macht, dass der Schuldner gewarnt wird und sich auf eine Inanspruchnahme auch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist einstellen muss... Eine Klage, welche die Geltendmachung des Anspruchs nur vorbereitet, hemmt hingegen die Verjährung dieses Anspruchs nicht, insbesondere auch nicht eine Klage, deren Ziel sich in der Erteilung der Auskunft und gegebenenfalls Rechnungslegung erschöpft."
Letzterer Fall lag hier nicht vor, da wir es ja mit einen Stufenklage, also einer Klage auf Auskunft und Leistung zu tun haben. Eine reine Auskunftsklage reicht also nicht, jedoch...

"...löst eine wirksame wenn auch mit Fehlern behaftete Klageschrift die Hemmung aus, gleich ob sie unzulässig oder unbegründet ist (BGH, Urteile vom 26. März 1981 und vom 5. Mai 1988, aaO; MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 204 Rn. 21 ff, Erman/ Schmidt-Räntsch, BGB, 13. Aufl., § 204 Rn. 3). Denn auch eine unzulässige oder unschlüssige Klage macht für den Schuldner den Rechtsverfolgungswillen des Gläubigers deutlich."
Mochte die Forderung der Klägerin also auch teilweise unbegründet sein, weil sie ihren Zugewinnausgleich bezogen auf einen falschen Zeitpunkt geltend machte. Jedenfalls machte sie auch mit einer fehlerhaften Klage ihren Rechtsverfolgungswillen deutlich. Und das reicht, um die Verjährung zu hemmen.