Die in Colorado/USA ansässige Leihmutter hatte "...ihre Gebärmutter zum Austragen von Embryonen
für die Antragsteller zur Verfügung gestellt". Vereinbart wurde für die Austrägerin
ein Grundentgelt von 23.000,00 $, bei Bestätigung einer Schwangerschaft
ein weiteres zu zahlendes Entgelt von 300.000,00 $ und bei
Zwillingsschwangerschaft ein Entgelt von 500.000,00 $ vereinbart.
Zusätzlich waren während der Schwangerschaft ein monatlicher Unterhalt
von 3.000,00 $ nebst pauschalen Aufwandsentschädigungen für z.B. Fahrt-
und Kleidungskosten, Haushaltshilfe, Massagen und Yogakurse zu leisten sowie unterschiedliche Beträge für die physischen
und psychischen Belastungen durch Hormonbehandlungen,
Embryonenuntersuchungen oder Fötenreduzierungen, Abtreibungen und für
die Geburt je nach Art der Entbindung.
Mit Urteil des District Court Boulder vom 15.09.2011 wurde verfügt, dass unverzüglich nach der Geburt der von
der Leihmutter ausgetragenen zwei Kinder die Antragstellerin zu 2. zu deren
rechtlicher Mutter und der Antragsteller zu 1. zu deren rechtlichem
Vater bestimmt seien, mit allen Rechten und Pflichten für ehelich
geborene Kinder. Dabei hat das Gericht unter anderem festgestellt, nach dem
Uniform Parental Act/dem Gesetz zur einheitlichen Elternschaft nach §
19-4-101ff der Colorado Revised Statutes sei die Elternschaft der
Antragsteller zu bestimmen. Die rechtliche Elternschaft folge nach dem
Recht von Colorado nicht ausschließlich der Genetik, sondern könne sich
nach dem Interesse der Kinder richten. Angesichts der Absicht der
Vertragsparteien, dass die beabsichtigte Mutter und der beabsichtigte
Vater die Eltern der ungeborenen Kinder sein sollten, diene es deren
Interesse am besten, die Eheleute H. mit der Geburt der Kinder zu deren
rechtlichen Eltern zu erklären.
Die am 14.11.2011
vom Colorado Department of Public Health and Environment ausgestellten
Certificates of Live Birth/Geburtsurkunden der am ... geborenen Kinder
männlichen Geschlechts weisen den Antragsteller zu 1.
als Vater und die Antragstellerin zu 2. als Mutter aus.
L. und O. sind am 27.11.2011 mit den
Antragstellern nach Deutschland eingereist und leben seitdem durchgehend
in deren Haushalten in B., H. und B. G.; Besuche bei der Leihmutter in
den USA finden nach Angaben der Antragsteller regelmäßig statt.
Das Jugendamt der Stadt B. hat mit Bericht vom 11.07.2013 Stellung
genommen. Danach sei bei Hausbesuchen am 27.01.2012 und 21.06.2013
festgestellt worden, dass beide Kinder altersgerecht entwickelt,
ausgeglichen und bei den Antragstellern beheimatet seien. Diese seien im
Umgang mit den Jungen liebevoll, zugewandt und sicher, stellten
mittlerweile die Hauptbezugspersonen für die Kinder dar und nähmen die
Erziehungs- und Betreuungsverantwortung zuverlässig wahr. Aus Sicht des
Jugendamtes sei es deshalb unbedingt erforderlich, den Verbleib der
Kinder im Haushalt der Familie ... nachhaltig sicherzustellen und
hierfür zeitnah den erforderlichen rechtlichen Rahmen zu schaffen.
Die Beschwerden der Antragsteller und die der betroffenen Kinder L. und O. sind gemäß §
zulässig, aber nicht begründet. Das Amtsgericht Braunschweig hat den
Antrag auf Anerkennung der Entscheidung des District Court, County of
Boulder vom 15.09.20111 zu Az. 11 SV 32 Division 14 nach OLG Braunschweig zu Recht
zurückgewiesen. 58 FamFG
Die Anerkennung der Entscheidung des District Court Boulder ist "... nach § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG
ausgeschlossen, da dies zu einem Ergebnis führen würde, das mit
wesentlichen Grundsätzen des nationalen Rechts offensichtlich
unvereinbar ist." Das OLG führt unter anderem aus:
"Dieses bewusste Nutzen der Rechtsordnung eines anderen Staates, um unter
Umgehung der Verbotstatbestände des nationalen Embryonenschutzes Rechte
an Kindern zu erlangen, steht der nachträglichen Zuerkennung eines dem
deutschen Recht entsprechenden Elternstatus entgegen. In derartigen
Fällen des sogenannten Fortpflanzungstourismus ist Auftraggebern, die
sich ihren Kinderwunsch unter Umgehung des Willens des deutschen
Gesetzgebers erfüllt haben, die Anerkennung der Elternschaft wegen des
damit verbundenen Ordre-public-Verstoßes grundsätzlich zu versagen.
Vorliegend kommt hinzu, dass sich die Antragsteller nach eigenen Angaben
zudem noch nicht hinsichtlich der Nutzung der verbliebenen,
eingefrorenen Embryonen entschieden haben. Damit halten sie sich - neben
der Möglichkeit, diese zu veräußern oder als Genreserve zu nutzen -
auch deren Austragung offen. Im Hinblick auf die dann zukünftig
geborenen Kinder käme die Anerkennung der rechtlichen Elternschaft der
Antragsteller für L. und O. daher einem Aushebeln der gesetzlichen
Grenzziehung zur Leihmutterschaft gleich. Wenn Antragsteller von
vornherein die Grundlagen der nationalen Gesetzgebung missachten,
besteht auch nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte kein Anlass für die nationalen Gerichte,
dieses Handeln nachträglich zu legitimieren..."
Entscheidung vom 12.04.2017 - Aktenzeichen 1 UF 83/13 = BeckRS 2017, 107276
Hochinteressant ist das weitere Bemühen der "Bestell-Eltern" auf der Vaterschafts-Anerkennungs-Schiene:
Ausweislich eines vom Antragsteller zu 1. (Bestellvater) am 07.02.2012 beauftragten Abstammungsgutachtens des Universitätsklinikums H.-E. vom 09.02.2012 ist seine Vaterschaft mit einem Plausibilitätsgrad von W = 99,99% als praktisch erwiesen anzusehen, sofern kein naher Verwandter als Erzeuger in Frage kommt. Unter Bezugnahme auf dieses Gutachten beantragt der Ehemann der amerikanischen Leihmutter (vermuteter Vater nach § 1592 Nr. 1 BGB) mit Schriftsatz vom 16.02.2017 beim Amtsgericht Braunschweig in dem dortigen Verfahren zu Az. Aktenzeichen 247 F 36/17 AB die Feststellung, dass nicht er, sondern der Antragsteller zu 1. der Vater der Zwillinge L. und O. ist. Diesem Verfahren hat sich der Antragsteller zu 1. mit Schriftsatz vom 06.04.2017 mit dem Antrag angeschlossen festzustellen, dass er der Vater der am ... geborenen Zwillinge L. und O. ist.
Über diese Schiene lässt sich nach Feststellung der Vaterschaft zunächst im vereinfachten Verfahren nach § 1626a II BGB ein Sorgerecht des"Bestellvaters" erreichen. Die entsprechenden Erklärungen der amerikanischen Mutter werden einfach zu bekommen sein.
Ist der Bestellvater dann erst einmal sorgeberechtigt, ist schon mal das Jugendamt weitgehend außen vor.
Als Anschlussmaßnahme kommt dann eine Adoption durch die "Bestellmutter" in Frage, die aber wegen der Leihmutterkonstellation schwierig durchzusetzen ist, § 1741 I S.2 BGB. Die Adoption muss aus Sicht des Kindes "erforderlich" sein, was wohl kaum gegeben sein dürfte.
Aber auch hier wird sich der "ordre public" langsam wandeln - auch wenn es einem davor vielleicht gruselt. Die nächsten Jahre werden zeigen, wohin die Reise geht.