Mittwoch, 30. November 2016

Erdogan! Dein Land ist nicht sicher! Und deshalb darf man mit Kindern da nicht so einfach hinfahren...

... sagt das OLG Frankfurt (Entscheidung vom 21.07.2016, 5 UF 206/16).

Die Eltern hatten das gemeinsame Sorgerecht inne. Die Kindsmutter beabsichtigte, vom 23. 07. bis zum 05.08.2016 einen Badeurlaub in der Türkei zu machen. Der Kindsvater stimmte wegen der allgemeinen Gefährdungslage in der Türkei nicht zu.
Das Amtsgericht Offenbach gestattete der Mutter, die Reise durchzuführen. Anderer Ansicht war das OLG Frankfurt. Auf die Beschwerde des Kindsvaters hin senkte es den Schlagbaum Richtung Türkei  und argumentierte:

"Der Senat teilt die Auffassung des Familiengerichts, dass eine Urlaubsreise in die Türkei unter den derzeitigen Umständen keine Angelegenheit des täglichen Lebens ist, über die trotz des bestehenden Mitsorgerechts die Kindesmutter als die Obhut ausübender Elternteil gem. § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB alleine entscheiden kann, sondern dass es der Zustimmung des mitsorgeberechtigten Kindesvaters bedarf. Einer solchen Zustimmung zu Urlaubsreisen bedarf es zwar nicht generell. Wenn jedoch Umstände vorliegen, nach denen eine Reise besondere Gefahren mit sich bringt, die mit dem Reiseziel zusammenhängen und die über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehen, ist die Durchführung einer solchen Reise nicht mehr von der Alleinentscheidungsbefugnis aus § 1687 Abs. 1 S. 2 BGB gedeckt.
Hier liegen solche besonderen, mit dem Reiseziel zusammenhängenden Risiken vor. Die Türkei war in letzter Zeit mehrfach Ziel terroristischer Anschläge. Auch die Region von Antalya war im Jahr 2015 bereits von solchen Anschlägen betroffen. Schon vor Monaten wurde in den Medien berichtet, dass es Drohungen extremistischer Gruppen mit Anschlägen in der Touristenregion gibt. Diese Gefahrenlage schließt zwar Urlaubsreisen in diese Region nicht aus, weshalb sich Eltern weiterhin dafür entscheiden können, mit ihren Kindern dort ihren Urlaub zu verbringen. Wenn die Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben, setzt dies aber voraus, dass die Entscheidung von beiden Eltern getragen wird."

Anmerkung: Obwohl die Entscheidung des OLG vom 21. 7.2.2016 stammt, sind die Ereignisse rund um den Militärputsch in die Türkei offensichtlich vom OLG noch gar nicht berücksichtigt worden. Der Putschversuch war am 15./16.7.2016. Nicht auszudenken, wie das OLG angesichts der präsidialen Machtergreifung Erdogans jetzt argumentieren würde ...