Die Tochter bestand im Juni 2005 ihr Abitur mit einem
Notendurchschnitt von 2,6. Mit Schreiben vom 21.07.2005 informierte sie
den Vater über ihre Absicht, ein Studium der Zahnmedizin
aufzunehmen und auch darüber, dass sie für den Fall der Versagung eines
Studienplatzes durch die ZVS vorab am 01.10.2005 eine
studienvorbereitende Ausbildung antreten werde. Tatsächlich
erhielt die Tochter trotz jährlicher Bewerbungen bei der ZVS
erst zum Wintersemester 2010/11 einen Zahnmedizin-Studienplatz.
In der Zwischenzeit absolvierte sie bis zum
13.07.2007 wie angekündigt eine Ausbildung zur zahnmedizinischen
Angestellten und arbeitete danach bis zur Zulassung zum Studium in
diesem Beruf; mit verringerter Stundenzahl ist sie auch jetzt neben dem
Studium im erlernten Beruf tätig. Während der Zeit bis zum Beginn des
Studiums hat sie vom Vater keinen Unterhalt verlangt oder
bekommen.
Erst mit Schreiben vom 6.03.2011 hat sich die Tochter an
den Vater gewandt und ihn gebeten, sich an ihrem
Unterhalt zu beteiligen.
Weil der Vater keine Zahlungen leistete, hat die Tochter gerichtlich Unterhalt geltend gemacht und diesen -
nach Anrechnung ihres neben dem Studium erzielten Eigeneinkommens -
nach Quoten berechnet und den Anteil des Vaters mit 230 €/Monat
beziffert.
Das OLG Hamm gab der Tochter Recht, und das mit folgender Begründung: Der vom Bundesgerichtshof geforderte zeitliche Zusammenhang zwischen der
Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten und dem
Zahnmedizinstudium sei im Streitfall gegeben. Das liege
allerdings nicht von vorneherein auf der Hand, weil die Antragstellerin
eben nicht unmittelbar nach dem erfolgreichen Abschluss ihrer Ausbildung
am 13.07.2007 das Studium angetreten habe, sondern erst knapp drei Jahre später.
Diese durchaus beachtliche „Zeitlücke“ sei allerdings nicht von der
Antragstellerin zu vertreten und ihr unterhaltsrechtlich nicht
vorzuwerfen. Die Verzögerung beruhe allein darauf, dass die
Antragstellerin trotz regelmäßiger Bewerbung von der ZVS keinen
Studienplatz zugewiesen erhielt. Sie habe nach Aktenlage alles ihr
Zumutbare getan, um zeitnah studieren zu können. Sie habe nachgewiesen,
sich durchgängig und ortsoffen bei der ZVS beworben zu haben. Darüber
hinaus habe sie nachweislich - erfolglos - versucht, im angrenzenden
Ausland einen Studienplatz zu erhalten. Sie habe die Zeit zwischen dem
Ende der Ausbildung und dem Studienbeginn nicht tatenlos verstreichen
lassen, sondern im erlernten Beruf gearbeitet und damit das in der
Ausbildung Erarbeitete weiter ausgebaut. Gerade auch die durchgehende
Beschäftigung der Antragstellerin in dem studienvorbereitenden Beruf der
zahnmedizinischen Fachangestellten schlage nach Auffassung des Senats
eine Brücke zwischen Lehre und Studium und führt dazu, dass der
zeitliche Zusammenhang im Streitfall (noch) zu bejahen sei.
OLG Hamm, Beschluss vom 12.03.2012 - II-4 UF 232/11 BeckRS 2012, 11811