Mittwoch, 16. November 2016

OLG Thüringen: Kein Wechselmodell, wenn ein Elternteil nicht zustimmt.

Auch das Thüringer OLG hat sich noch einmal dagegen ausgesprochen, das Wechselmodell gegen den Willen der Eltern anzuordnen.

Es legt fest, dass insbesondere auch § 1671 Abs. 1 Satz zwei Nr. 2 BGB als Rechtsgrundlage nicht herangezogen werden könne.

Grundvoraussetzung funktionierender gemeinsamer Sorge sei nach nahezu einhelliger Auffassung in Praxis und Lehre sowohl die objektive Kooperationsfähigkeit als auch die subjektive Kooperationsbereitschaft der Eltern (Hinweis auf BVerfG FamRZ 2003,285, 286; BGH NJW 2008, 662, 664). Die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setze danach eine tragfähige soziale Beziehung, gelingende Kommunikation und ein Mindestmaß an Übereinstimmung voraus. Das OLG wird ganz deutlich:

"Gemessen an den relativ strengen Voraussetzungen einer (partiellen) Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge sowie den Kriterien hinsichtlich der Übertragung (des Teils) der elterlichen Sorge auf einen Elternteil, ist nicht erkennbar, wie eine alternierende Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts mit diesen Maßstäben in Einklang zu bringen wäre. Für das kindgerechte Funktionieren eines Wechselmodells dürfte häufig nicht einmal ein „Mindestmaß“ an elterlicher Übereinstimmung genügen. Wegen der aus dem ständigen Aufenthaltswechsel des Kindes nahezu zwangsläufig resultierenden engen Überschneidung der jeweiligen elterlichen Lebensbereiche erscheint vielmehr ein Konsens in wesentlichen Erziehungs- und Betreuungsfragen sowie die Bereitschaft zu wiederholter, kindeswohlgemäßer Anpassung bei Änderung der Umstände unverzichtbar. Eine solche Kooperation ist aber bei Uneinigkeit der Eltern schon über das Wechselmodell als solches in aller Regel nicht zu erwarten".

OLG Jena, Beschluss vom 12.09.2016 - Aktenzeichen 4 UF 678/15 = BeckRS 2016, 105868