Montag, 7. November 2016

OLG Hamm zur Verfahrenskostenhilfe: Im Sorgerechtsverfahren praktisch immer ausreichende Erfolgsaussichten

Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe setzt gewisse Erfolgsaussichten voraus. Die Faustregel dafür: Die nach § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht liegt vor, wenn die summarische Prüfung des Vorbringens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass sich der Antragsteller mit seinem Anspruch bzw. der Antragsgegner mit seiner Rechtsverteidigung durchsetzen wird, BGH NJW 1994,1161. Dabei darf das Gericht die Anforderungen an die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht überspannen, BVerfG FamRZ 1993, 664. 665. es reicht aus, dass nach den vorgelegten Unterlagen ein Erfolg wenigstens rechtlich möglich erscheint.

Diese ohnehin nicht sehr hohe Hürde hat das OLG Hamm für Sorgerechtsverfahren noch weiter abgesenkt:

Im  Beschluss vom 16.8.20162 WF 46/16, BeckRS 2016, 16744 stellt das OLG im Leitsatz fest:

1. Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (§ 76 I FamFG iVm § 114 ZPO) in einem vom Amtsermittlungsgrundsatz (26 FamFG) beherrschten Sorgerechtsverfahren ist bereits dann gegeben, wenn das Familiengericht auf Grund des eingeleiteten Verfahrens den Sachverhalt zu ermitteln hat, ggf. eine Regelung treffen muss und sich nicht darauf beschränken kann, den Antrag ohne Weiteres, also ohne jede Ermittlung und ohne jede Anhörung der Beteiligten, zurückzuweisen.
2. Eine Entscheidung des Familiengerichts, die den Antrag der Kindeseltern auf Rückübertragung der elterlichen Sorge ohne ausreichende Darlegung, weshalb das Kindeswohl im Falle der Rückkehr des Kindes in den mütterlichen Haushalt gefährdet ist, zurückweist, wird den strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Trennung des Kindes von seinen Eltern nicht gerecht (im Anschluss an BVerfG, FamRZ 2016, Seite 439 Rn F13 ff. mwN. = BeckRS 2016, 41341)
3. Die Erziehungseignung von nicht mehr sorgerechtsberechtigten Kindeseltern und eine mögliche Gefährdung für das Wohl des Kindes bei dessen Herausnahme aus der Pflegefamilie können regelmäßig nicht schon im Verfahren auf Prüfung der Verfahrenskostenhilfe abschließend beurteilt werden. (Leitsätze des Gerichts)

Im kurzen Worten: Reicht der vorgetragenen Sachverhalt aus, das Gericht dazu zu veranlassen, von Amts wegen den Sachverhalt aufzuklären, muss auch Verfahrenskostenhilfe gewährt werden. 

OLG Hamm vom 16.8.20162 WF 46/16, BeckRS 2016, 16744