Dienstag, 14. Juni 2011

Fristwahrung per Telefax – BGH: Nicht vorschnell aufgeben, sonst keine Wiedereinsetzung

Die Situation ist uns allen bekannt. Man hat den fälligen Schriftsatz erst am Tage des Fristablaufs diktiert und er ist erst nachmittags geschrieben worden. Anschließend versucht die Kanzlei, ihn ans Gericht zu faxen. Aber: Er „geht nicht durch“. In solchen Fällen kann es bei Fristversäumnis Wiedereinsetzung geben, allerdings nur, wenn man sich an gewisse Regeln gehalten hat.
Grundsätzlich darf man natürlich mit der Einreichung eines Schriftsatzes bis zum letzten Tage der Frist abwarten. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn man den Schriftsatz dann per Telefax einreicht. Ist das eigene Fax in Ordnung, hat man die richtige Nummer eingegeben und die Verbindung zum Gericht so rechtzeitig hergestellt, dass unter normalen Umständen mit dem Abschluss der Sendung noch vor 24 Uhr zu rechnen ist, gibt es in der Regel Wiedereinsetzung, wenn etwas nicht klappt (BGH vom 20.12.2007 = III ZB 73/07 vom 01.02.2001 = V ZB 33/00 = NJW-RR 2001 916).

Ist mit dem Empfangsgerät bei Gericht etwas nicht in Ordnung und kann die Übermittlung deshalb nicht bis 24 Uhr erfolgen, ist jedenfalls Wiedereinsetzung zu gewähren. In diesem Fall liegt nämlich die entscheidende Ursache für die Fristversäumnis in der Sphäre des Gerichts, BGH vom 11.01.2011 = VIII ZB 44/10.

Ist aber das Gerichtsfax nur einfach besetzt, funktioniert es also eigentlich ordnungsgemäß, liegt die Ursache in der Fristversäumnis in der Sphäre des Absenders. Denn dieser muss damit rechnen, dass Gerichtsfaxe besetzt sind und genügend Zeit einplanen, um den Ermittlungsvorgang so oft wiederholen zu können, dass der Schriftsatz bis Mitternacht tatsächlich „durchgeht“, so BGH XII ZB 701/10. Das Gleiche gilt, wenn aufgrund von vom eigenen Fax gesendeten Fehlermeldungen (im vorliegenden „Code 01: Teilnehmer antwortet nicht“) unklar ist, ob mit dem Gerichtsfax etwas nicht in Ordnung ist oder ob es nur einfach besetzt ist. In diesem Falle darf der Versender nicht einfach vermuten, das Gerichtsfax sei „schuld“, BGH VIII ZB 44/10.

Ist das Gerichtsfax besetzt, bzw. ist nicht feststellbar, ob die fehlgeschlagene Übermittlung auf einen Fehler des Gerichtsfaxes zurück zu führen ist, bleibt dem Versender nur, die Versendung immer wieder zu probieren (und dies auch im Rahmen der Wiedereinsetzung durch zahlreiche Sendeprotokolle nachzuweisen). Ob man das bis 24 Uhr durchhalten muss, lässt der BGH leider offen. Im vorliegenden Fall hatte die Anwaltskanzlei ihre Bemühungen bereits um 17.30 Uhr eingestellt und war (zu Unrecht) davon ausgegangen, das Gerichtsfax sei defekt.

In der Praxis wird man also so verfahren müssen (Grafik zum Vergrößern anklicken):