...so kommentiert heute die Süddeutsche Zeitung eine aktuelle Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte EGMR. Dem zugrundeliegenden Bericht lässt sich folgender Sachverhalt entnehmen: Eine verheiratete Frau und Mutter von drei Kindern verliebt sich in einen nigerianischen Asylbewerber.
Sie führen zwei Jahre lang eine Beziehung, wobei sich die Frau aber nicht scheiden lässt. Dann wird sie schwanger, trennt sich aber von ihrem Freund und geht zum Mann zurück. Die Kinder (Zwillingsgeschwister) des nigerianischen Vaters kommen also ehelich zur Welt. Gesetzlicher Vater ist damit der deutsche Ehemann. Mit ihrem tatsächlichen Vater leben die Kinder nie zusammen.Gleich nach der Geburt verlangt der leibliche Vater ein Umgangsrecht mit den Zwillingen, das ihm das Amtsgericht auch zusprach, denn gerade wegen der teilweisen afrikanischen Herkunft sei es für die Kinder wichtig, Kontakt zum Vater zu haben: "Um ein gesundes Selbstbewußtsein zu entwickeln, müssen die Kinder auf ihre Herkunft stolz sein können".
Das OLG Karlsruhe kippte diese Entscheidung: Nach deutschem Recht hätten leibliche, aber juristisch nicht anerkannte Väter nur dann ein Recht auf Umgang, wenn sie eine Zeit lang mit den Kindern zusammen gelebt, also eine "sozial-familiäre" Beziehung aufgebaut hätten.
Dieses Urteil wiederum kassiert nun der EGMR: Auch in solchen Fällen müssen Vater und Kinder - wenn dies dem Kindeswohl dient - ein Recht und die Chance auf Umgang haben. Zur Pressemeldung des Gerichts kommen Sie hier.
Heribert Prantl von der "Süddeutschen" geht mit der Entscheidung hart ins Gericht: Das Urteil sei ein Sprengsatz für zehntausende von Familien, in denen Kinder leben, mit denen der leibliche Vater nie etwas zu tun haben wollte. Hier werde zwischen Leuten, die nichts voneinander wollen, eine familiäre Beziehung herbeigezwungen.
Dem ist entgegen zu halten, dass bei allem - und so will es auch der EGMR - immer das Wohl des Kindes im Vordergrund steht. Einen Umgang, der das Kind übermäßig belastet, weil er sich auf seine familiäre Situation katastrophal auswirkt und der deshalb seinem Wohl nicht entspricht, wird es auch weiterhin nicht geben. Das Einzige, was sich ändert, ist, dass solche Fälle nun nicht mehr pauschal über einen Kamm geschoren werden können, sondern dass jeweils im Einzelfall beurteilt werden muss, was für die Kinder das Beste ist. Und das kann per se nicht schlecht sein. Ggf. wäre das Gesetz zu ändern, wenn der geltende § 1685 BGB eine solche Flexibilität nicht ermöglicht - etwas, worüber unsere Justizministerin wohl bereits nachdenkt.
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