Montag, 14. März 2011

OLG Saarbrücken: Umgang systematisch hintertrieben - trotzdem keine gewaltsame Durchsetzung.

Dem Vater war das Aufenhaltsbestimmungsrecht über den nun 13jährigen Sohn zugesprochen worden. Den Umgang mit der Mutter hintertrieb der Vater systematisch, in dem er den Sohn gegen die Mutter aufbrachte; der Sohn wollte deshalb die Mutter nicht sehen - so der selbst erklärte Wille des Kindes.
In seinem Urteil vom  24.1.2011, 6 UF 116/10 betonte das OLG Saarbrücken nochmals: "Dem Obhutselternteil obliegt es, auf das Kind erzieherisch dahin einzuwirken, dass psychische Widerstände des Kindes gegen den Umgang mit dem anderen Elternteil abgebaut werden und das Kind eine positive Einstellung dazu (zurück-) gewinnt. Er hat Kontakte zum anderen Elternteil nicht nur zuzulassen, sondern positiv zu fördern, um dem Kind mögliche Loyalitätskonflikte zu ersparen. Die Wohlverhaltensklausel verbietet dem Obhutselternteil jede negative Beeinflussung des Kindes gegen den Umgangsberechtigten, und zwar auch in mittelbarer Weise dergestalt, dass sich das Kind scheinbar aus eigenem Entschluss gegen den Umgang wendet. Hiermit korrespondiert freilich die Verpflichtung des Umgangsberechtigten, das Kind weder gegen den sorgeberechtigten Elternteil einzunehmen noch dessen Erziehungsanstrengungen zu vereiteln oder zu beeinträchtigen oder auch nur seine Erziehungsautorität in Frage zu stellen."

So weit so gut: Aber dann kommt es dick für die umgangsberechtigte Mutter: Umgang könne gleichwohl nicht angeordnet werden. Zwar boykottiere der Vater, bei dem sich er Sohn befinde, ersichtlich den Umgang und vorstoße damit gegen die aufgestellten Grundsätze.  Das bedeute aber vor allem, dass angesichts der in der Vergangenheit gescheiterten Versuche, den Sohn dauerhaft zu freiwilligem Umgang mit seiner Mutter zu bewegen, der Umgang zwangsweise gegen den Vater durchgesetzt werden müsse. Wollte man – auf dem Umweg über solche Zwangsmaßnahmen – den Willen des Sohnes brechen, der angesichts seines Alters von inzwischen fast 13 Jahren erhebliches Gewicht mit Blick auf sein zunehmendes Bedürfnis nach Selbstbestimmung hat, so beeinträchtigte dies zum einen sein Selbstwertgefühl stark, was seine Persönlichkeitsentwicklung gefährdete, und vergrößere den emotionalen Abstand zwischen Mutter und Sohn nochmals. Daher ordnete das Gericht keinen - auch keinen begleiteten Umgang an.

Praxistipp: Ähnlich das OLG Brandenburg
Wird allerdings der Umgang systematisch hintertrieben, können dadurch Zweifel an der Sorgefähigkeit des obhutsberechtigten Elternteils begründet werden. Es gilt also in solchen Fällen, den Hebel direkt bei der elterlichen Sorge anzusetzen, um dann wenigstens den Umgang zu erreichen.

Fokus-Familienrecht Schnell-Info zum Urteil ( Zum Vergrößern Anklicken):



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