Freitag, 18. März 2011

Auch nach Rücknahme der Berufung können beim Gegner noch Gebühren anfallen

Die Berufung war bereits begründet, als sich der Berufungsführer entschloss, sie zurückzunehmen. Nach Eingang der Rücknahme bei Gericht, jedoch vor Zustellung des Rücknahmeschriftsatzes an den Gegner verfasste dieser seine Berufungserwiderung und reichte sie bei Gericht ein. Frage: hat der Anwalt des Berufungsbeklagten die 1,6 Gebühr nach VV 3200 noch verdient und muss der Berufungsführer sie erstatten? Das OLG München sagt: JA!
Es argumentiert für den Anfall der Gebühr zunächst mit dem Wortlaut des VV 3201 Anm Nr. 1 VV-RVG: Der Anwaltsauftrag des Berufungsbeklagten an seinen Anwalt lief noch. Trotz Rücknahme des Rechtsmittels war er noch nicht beendet, da die Rücknahme noch nicht bekannt war und vor Ende des Auftrags der Schriftsatz mit Anträgen und Sachvortrag eingereicht wurde.
Und weil der Berufungsbeklagte erst, nachdem er seinen Schriftsatz eingereicht hatte, von der Rücknahme der Berufung Kenntnis erhielt, ist die Gebühr auch erstattungsfähig, weil er bis dahin nicht wusste bzw. nicht wissen musste, dass er nicht mehr aktiv zu werden brauchte. Hierzu enthält das Urteil des OLG München vom 22.10.2010, Az. 11 W 1560/09 = ZfS 2011, 169 = BeckRS 2010, 27585 zahlreiche Rechtsprechungsnachweise.
Fazit: wer eine Berufung zurücknimmt, sollte den Schriftsatz dem Gegner immer direkt zustellen, am besten vorab per Fax. Das packt das Übel an der Wurzel.

Foku-Familienrecht Schnell-Info zum Urteil ( zum Vergrößern anklicken):



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