Wie oft bekommen wir ein Schreiben des gegnerischen Kollegen, in dem steht: " Bitte beachten Sie, dass ich für eine Klage zustellungsbefugt bin"? Ein alltäglicher Vorgang. Und ein erhebliches Haftungsrisiko. Denn was ist, wenn der Kollege nicht wirklich eine "Zustellungs-Vollmacht" hat und ich trotzdem an ihn zustellen lasse? Der BGH sagt mir, dass ich dann das Risiko selber trage, wenn die Zustellung nicht wirksam möglich ist und durch dann verspätete Zustellung etwa der Anspruch verjährt.
Schon das BVerfG hatte das im Jahre 2007 ( NJW 2007, 3486) so postuliert, und der BGH (Urteil vom 06.04.2011, Az. VIII ZR 22/10) hat das jetzt wieder bestätigt: Gibt der Kläger in seiner Klageschrift an, für den Beklagten sei ein Anwalt prozessbevollmächtigt, dann muss das Gericht zwingend an diesen Anwalt zustellen. Hat er dann keine Prozessvollmacht, ist die Zustellung dort nicht wirksam, was im Hinblick z.B. auf Stichtage im Scheidungsrecht oder auf Verjährungen erhebliche Auswirkungen haben kann.
Beide Entscheidungen ergingen zwar in Situationen, in denen die Gegnerkanzlei gerade nicht angegeben hatte, zustellungsbevollmächtigt zu sein. M.E. ist aber das Risiko genauso hoch, wenn es einen schriftlichen Hinweis der Gegnerkanzlei gibt: Denn im Zweifel wird die Gegnerkanzlei in dem Moment, in dem sie "Zustellungsbevollmächtigung" behauptet, noch keine Prozessvollmacht haben, schon im Hinblick auf VV-RVG 3101. Erst, wenn die Klageschrift im Posteinlauf ist, wird sich deshalb der Gegneranwalt darum bemühen, den Auftrag auch für das gerichtliche Verfahren zu bekommen. Bekommt er dann keinen Auftrag ( z.B., weil er darauf hinweist, dass bei fehlgeschlagener Zustellung der Anspruch verjährt wäre), trifft das Risiko den Klägervertreter allein! Der Beklagtenvertreter mag zwar standeswidrig gehandelt haben, als er sich als "zustellungsbevollmächtigt" bezeichnete; ob sich daraus aber Schadensersatzansprüche gegen ihn ableiten lassen, wage ich zu bezweifeln. Stichwort: Überholende Kausalität - Wer gutgläubig ist, ist selber schuld...
Daher gilt: Im Zweifel in einer Klageschrift den Beklagtenvertreter nicht als Prozessbevollmächtigten angeben!
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