Ein weiteres Mal hat der BGH zur Frage Stellung genommen, wer was beweisen muss, wenn es darum geht, Unterhalt nach § 1578 b BGB zeitlich und/oder der Höhe nach zu begrenzen. Nun lässt er für die Frage, welcher Verdienst der Unterhaltsberechtigte ohne Ehe haben könnte, Schätzungen nach § 287 ZPO zu.
Noch im Urteil XII ZR 146/08 vom 14.10.2009 hatte er sich auf den Standpunkt gestellt, es liege beim Unterhaltsberechtigten, nicht nur darzulegen, sondern auch zu beweisen, was er jetzt verdienen könnte, hätte er seinerzeit nicht geheiratet und seinen Lebensplan nicht entsprechend angepasst.
Mit Urteil vom 24.03.2010, Az XII ZR 175/08 wich er unter ausdrücklicher Aufgabe seiner Rechtsprechung vom letzten Herbst von dieser Strengbeweis-Regel ab und nahm eine Beweislastverteilung nach dem Prinzip der negativen Darlegungslast vor:
Der Unterhaltspflichtige ist an sich beweispflichtig dafür, dass der Unterhaltsberechtigte keine relevanten ehelichen Nachteile mehr hat und der Unterhalt daher begrenzt werden kann. Weil der Beweis solcher negativer Tatsachen, die auch noch aus der Sphäre des Prozessgegners kommen, aber sehr schwierig ist, muss er in der ersten Verfahrensstufe nur vortragen, dass ehebedingte Nachteile nicht mehr existieren.
Nun liegt der Ball im Spielfeld des Unterhaltsberechtigten. Er muss diese Behauptung bestreiten und seinerseits konkret unter Angabe von nachprüfbaren Tatsachen darlegen, welche ehelichen Nachteile ihm verblieben sind, warum also eine Begrenzung des Unterhalts nicht oder wenigstens nicht im verlangtem Umfang in Frage kommt. Diese Darlegungen müssen so konkret sein, dass dem Unterpflichtigen ggf. möglich ist, sie zu widerlegen.
Nun ist in der dritten Stufe wieder der Unterhaltspflichtige an der Reihe. Er muss nun darlegen, dass die vom Unterhaltsberechtigen vorgetragenen Tatsachen nicht richtig sind oder jedenfalls keinen ehebedingten Nachteil darstellen. Und diesen Sachvortrag muss er nun streng beweisen.
Und hier justiert der BGH aktuell im Urteil XII ZR 7/09 vom 04.08.2010 seine Rechtsprechung ein weiteres Mal, und zwar, wenn es um die Frage geht, wie viel der Unterhaltsberechtigte verdienen würde, hätte er nicht geheiratet. Es müssen nur noch Tatsachen vorgetragen werden, die es dem Gericht ermöglichen, die Höhe dieses fiktiven Einkommens nach § 287 ZPO zu schätzen. Fündig wird man hier häufig in Tarifverträgen einerseits und in den Berechnungsunterlagen zum Versorgungsausgleich andererseits.
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