Montag, 6. September 2010

Zwei "Scheidungsprofis" geben dem BGH Gelegenheit, in nur einer Entscheidung zu einer Anzahl von Unterhalts-Problemen Stellung zu nehmen.

Wenn die Parteien schon öfter geschieden sind, sich mit den Problemen rund um die Scheidung also auskennen und frühzeitig entsprechende Fallstricke für den Ehepartner ins Eheleben einbauen, dann kann gerade auch ein Unterhaltsprozess auf allerhöchstem juristischem Niveau geführt werden. Und das war in dem Verfahren, in dem der BGH am 04.08.2010 unter dem Az. XII ZR 7/09 entschied, offensichtlich der Fall:
Zum Sachverhalt:

1. Rahmendaten:
Eheschließung März 1995.
Er: 58 Jahre alt, zweite Ehe
Sie: 54 Jahre alt, dritte Ehe
Er ging im August 1996 mit 59 Jahren in Rente.
Sie war während der Ehe nicht berufstätig und ist seit September 2000 in Rente.
Trennung im Juni 2006, Scheidung rechtskräftig Oktober 2008.

2. Er hat im Wege der vorweggenommenen Erbfolge (mit ihrer Genehmigung) sein Wohnanwesen auf ein Kind übertragen, sich jedoch den lebzeitigen Nießbrauch einräumen lassen, zugleich aber die Erhaltungskosten für das Anwesen übernommen. Anschließend hat er ein Darlehen zur Dachsanierung aufgenommen. Bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts will er nicht nur Zinsen, sondern auch die Tilgung abziehen mit der Begründung, er bilde durch die Darlehensrückzahlung kein Vermögen. Sie trägt vor, wenn er bedingt durch das Darlehen ihr keinen ordentlichen Unterhalt mehr zahlen könne, sei er " verarmt" im Sinne von § 528 BGB und müsse das übertragene Anwesen zurückfordern.

3. Sie hatte sich gleich zu Beginn der Ehe bei ihrem Arbeitgeber gemeldet und darum gebeten, " gehen zu dürfen". Daraufhin hat der Arbeitgeber gekündigt. Vor Gericht trägt sie vor, sie habe das getan, weil zwischen den Eheleuten verabredet gewesen sein, sie solle sich um die Ferien-Pensionen des Ehemannes kümmern. Er bestreitet das, gibt an, für die Führung der Pensionen hätte er keine Hilfe benötigt. Vielmehr habe sie aus Krankheitsgründen ihren Job aufgegeben.

4. Mit Rücksicht auf den Umstand, dass sie während der Ehe gar keine und er nur für ein Jahr Altersversorgungsansprüche erworben hat, will sie länger und mehr nachehelichen Unterhalt. Durch die Versorgungslücke sei ihr ein ehelicher Nachteil entstanden. Er wendet ein, eheliche Nachteile bei der Altersversorgung würden regelmäßig durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen, und der sei durchgeführt.

Dieser Sachverhalt gab dem BGH Gelegenheit, gleich zu vier Rechtsproblemen Stellung zu nehmen:


In den nächsten Tagen werden wir an dieser Stelle in weiteren Postings die Lösungsansätze des BGH zu diesen einzelnen Rechtsproblemen erläutern.