Zum Sachverhalt:
1. Rahmendaten:
Eheschließung März 1995.
Er: 58 Jahre alt, zweite Ehe
Sie: 54 Jahre alt, dritte Ehe
Er ging im August 1996 mit 59 Jahren in Rente.
Sie war während der Ehe nicht berufstätig und ist seit September 2000 in Rente.
Trennung im Juni 2006, Scheidung rechtskräftig Oktober 2008.
2. Er hat im Wege der vorweggenommenen Erbfolge (mit ihrer Genehmigung) sein Wohnanwesen auf ein Kind übertragen, sich jedoch den lebzeitigen Nießbrauch einräumen lassen, zugleich aber die Erhaltungskosten für das Anwesen übernommen. Anschließend hat er ein Darlehen zur Dachsanierung aufgenommen. Bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts will er nicht nur Zinsen, sondern auch die Tilgung abziehen mit der Begründung, er bilde durch die Darlehensrückzahlung kein Vermögen. Sie trägt vor, wenn er bedingt durch das Darlehen ihr keinen ordentlichen Unterhalt mehr zahlen könne, sei er " verarmt" im Sinne von § 528 BGB und müsse das übertragene Anwesen zurückfordern.
3. Sie hatte sich gleich zu Beginn der Ehe bei ihrem Arbeitgeber gemeldet und darum gebeten, " gehen zu dürfen". Daraufhin hat der Arbeitgeber gekündigt. Vor Gericht trägt sie vor, sie habe das getan, weil zwischen den Eheleuten verabredet gewesen sein, sie solle sich um die Ferien-Pensionen des Ehemannes kümmern. Er bestreitet das, gibt an, für die Führung der Pensionen hätte er keine Hilfe benötigt. Vielmehr habe sie aus Krankheitsgründen ihren Job aufgegeben.
4. Mit Rücksicht auf den Umstand, dass sie während der Ehe gar keine und er nur für ein Jahr Altersversorgungsansprüche erworben hat, will sie länger und mehr nachehelichen Unterhalt. Durch die Versorgungslücke sei ihr ein ehelicher Nachteil entstanden. Er wendet ein, eheliche Nachteile bei der Altersversorgung würden regelmäßig durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen, und der sei durchgeführt.
Dieser Sachverhalt gab dem BGH Gelegenheit, gleich zu vier Rechtsproblemen Stellung zu nehmen:
- Die sekundäre Darlegungslast bei § 1578 b BGB. Hier hat der BGH seine neue Rechtsprechung noch weiter präzisiert. Wenn es um das Einkommen des Unterhaltsberechtigten geht, das dieser ohne Ehe haben würde, sind Schätzungen nach § 278 ZPO möglich.
- Ehebedingte Nachteile, die durch Einbußen bei der Altersversorgung entstehen, werden nicht zwingend immer durch den Versorgungsausgleich egalisiert.
- Auch bei der Bemessung nachehelichen Unterhalts können unter gewissen Umständen Tilgungsraten eines Darlehens zu berücksichtigen sein.
- Die im Gesetz niedergelegten Tatbestandsmerkmale des § 1578 b BGB sind nicht abschließend.
In den nächsten Tagen werden wir an dieser Stelle in weiteren Postings die Lösungsansätze des BGH zu diesen einzelnen Rechtsproblemen erläutern.