Freitag, 12. August 2011

BGH: Der wöchentliche Zeitaufwand einer Mutter für einen Haushalt mit zwei noch nicht schulpflichtigen Kindern beträgt 60 Stunden

Würde man ein paar Grundsätze des Schadensrechts auf das Unterhaltsrecht, speziell § 1570 BGB anwenden, käme man zu überaschenden, um nicht zu sagen revolutionären Ergebnissen. Gerade bearbeite ich einen Haushaltsführungsschaden für eine ledige Mutter, die einen Fahrradunfall erlitten hat. Was muss ich da lesen, was Rechtsprechung und Lehre für Arbeitszeiten im Haushalt zugrunde legen?
"Für eine Hausfrau soll bei einem Vier-Personen-Haushalt ein Richtwert von 48 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit gelten, bei zwei nicht schulpflichtigen Kindern 60 Stunden, BGH NJW 1982, 2866; NJW 1979, 1501, 1502; weitere Einzelheiten bei Pardey, Rn 2441 ff; Steffen/Pardey S. 59 ff; Pardey/Schulz-Bork DAR 2002, 289, 290ff; Pardey, DAR 2006, 671; Ludwig, DAR 1991, 401)" (zitiert nach Bamberger/Roth, § 843, Rz. 18).

Also: Eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern im Alter von 5 und 3 Jahren braucht 60 : 4 x 3 = 45 Stunden wöchentlich für Haushalt und Kinder. Nebenher ist sie unterhaltsrechtlich noch mindestens zu einer Teilzeittätigkeit verpflichtet bzw., wenn man den aktuellen Presseveröffentlichungen glauben schenkt (was man nicht tun sollte), sogar zu einer vollschichtigen Tätigkeit. Wenn sie die Kinder ganztags im Hort unterbringen kann, fällt zwar die reine Betreuung flach; was aber bleibt ist Kochenputzenwaschenbügeln, Kinder bringen und holen, Arztbesuche, Elternabende etc.pp.

Öhmm... Ist es sehr frech, an dieser Stelle die Entscheidungen des BVerfG (FamRZ 2003, 661; 2007, 273; 2008, 1403) in Erinnerung zu bringen, nach denen auch der verschärft unterhaltspflichtige Vater nicht mehr als 48 h wöchentlich erwerbstätig sein muss - anderfalls würde die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit nach § 3 ArbeitszeitG überschritten? Und am Wochenende muss er gar nicht ran, denn da muss er seiner Umgangsverpflichtung seinen minderjährigen Kindern gegenüber nachkommen, § 1684 BGB. Zwar nur jedes zweite Wochenende, aber Nebenjobs, bei denen man nur jedes andere zweite Wochenende arbeiten muss, die gibt's praktisch nicht...

Dürfen Väter nach 48 Stunden schon abwinken, während Mütter nach 45 Stunden erst richtig loslegen müssen? Wie war das mit dem Gleichheitsgrundsatz?

(C) Foto: Rainer Sturm auf www.pixelio.de

2 Kommentare:

  1. Was mich bei solchen Anschauungen generell unglaublich nervt, ist die Grundannahme, dass die Mutter alleinerziehend ist und der Vater nur der unterhalts-/umgangspflichtige Geldgeber. Sorry ... aber die Ungerechtigkeit ist keineswegs einseitig und soll Ihren Standpunkt keineswegs abwerten. Unsinnig bliebe das von Ihnen Geschilderte schließlich auch, wenn man die Geschlechterverteilung umdrehen würde.

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  2. Da gebe ich Ihnen recht. Leider haben wir hier immer noch ein Verhältnis von 90 : 10 zu Lasten der Mütter. Sie sind nach einer Trennung nach wie vor in aller Regel die, die die Kinder schwerpunktmäßig betreuen. Umgekehrt wird natürlich genauso ein Schuh draus.

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