Lange Zeit herrschte Unklarheit darüber, wer was beweisen muss, wenn es daran geht, nachehelich geschuldeten Ehegattenunterhalt nach § 1578 b BGB zu kürzen. Nun hat der BGH in seiner Entscheidung XII ZR 175/08 hierfür Regeln aufgestellt:
1. Grundsätzlich muss der Unterhaltsschuldner beweisen, dass der Unterhaltsgläubiger keine ehebedingten Nachteile mehr hat und deshalb die Voraussetzungen für eine Unterhaltskürzung nach § 1578 b BGB vorliegen.
2. Weil der Schuldner damit jedoch eine negative Tatsache beweisen muss, also etwas, das es gar nicht gibt, und weil dieser Beweis nur schwer zu führen ist, trifft den Unterhaltsgläubiger eine "sekundäre Darlegungslast". In der Praxis bedeutet das, dass der Schuldner nur substantiiert behaupten und vortragen muss, dass die Voraussetzungen des § 1578 b BGB vorlegen. Tut er das, dann liegt es beim Gläubiger, dieser Behauptung substantiiert entgegen zu treten und seinerseits im Detail darzulegen, warum nach wie vor ehebedingte Nachteile vorhanden sind.
3. Tut der Gläubiger das, dann ist der Schuldner gehalten, diesem Sachvortrag wiederum substantiiert entgegen zu treten. Die nun aufgestellten Behauptungen, warum ein ehebedingter Nachteil nicht mehr vorliegen soll, muss er nach den allgemeinen Regeln, also "streng" beweisen.
4. Beispiel: Der zahlende Ehemann trägt vor, die unterhaltsbeziehende Ehefrau habe keine ehebedingten Nachteile mehr. Sie arbeite vollschichtig. Das reicht für die erste Beweisstufe. Nun ist es an der Ehefrau, vorzutragen, dass trotzdem noch ehebedingte Nachteile vorliegen, etwa, dass sie nicht in ihrem alten Job arbeitet und, wenn sie diesen ohne Ehe durchgezogen hätte, dort mehr verdienen könne. Nun liegt der "schwarze Peter" wieder beim Ehemann, der nun etwa vortragen und streng beweisen muss, dass die Ehefrau auch in ihrem alten Job unterkommen könnte.
Diese Entscheidung führt dazu, dass das Risiko eines "non liquet" nun bei der Ehefrau liegt, weshalb die Entscheidung auch nicht unumstritten ist, vgl. vor allem Born, NJW 2010, 1793. Ob die Instanzgerichte dieser Entscheidung in letzter Konsequenz folgen, bleibt abzuwarten. Sie kann nämlich dadurch unterlaufen werden, dass das Gericht an die sekundäre Darlegungslast der Ehefrau keine allzu strengen Anforderungen stellt, in der dritten Beweisstufe beim Ehemann dafür aber die Schrauben eng anzieht.
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