Donnerstag, 19. August 2010

BGH zur Begrenzung von Krankheitsunterhalt nach § 1578 b BGB

 Auch der Bundesgerichtshof hat zur Frage, inwieweit nach § 1578 b BGB Krankheitsunterhalt begrenzt (also befristet oder der Höhe nachbeschränkt) werden kann, noch einmal zusammengefasst Stellung genommen, vergleiche XII ZR 140/08 = FamRZ 2010, 629 ff. er hat ausgeführt:


Eine Krankheit ist in der Regel nicht durch die Ehe bedingt, sondern schicksalhaft und stellt daher für sich gesehen keinen ehebedingten Nachteil dar.

Allenfalls kann der erkrankte Ehegatte ehebedingt benachteiligt seien, wenn er wegen der Rollenverteilung in der Ehe (z.B., weil er die Erziehung der Kinder übernommen hat) nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorsorgen konnte.
Auch das gilt allerdings nicht, wenn anlässlich der Scheidung zwischen den Ehegatten für den Zeitraum der Minder-Einzahlung der Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Durch diesen gelten diese ehebedingten Nachteile als ausgeglichen, da nach durchgeführtem Versorgungsausgleich die Nachteile in der Versorgungsbilanz dann von beiden Ehegatten hälftig getragen werden.

Der Gesetzgeber hat mit Einführung des § 1572 BGB (Krankheitsunterhalt) ein besonderes Maß an nachehelicher Solidarität zum erkrankten Ehegatten festgeschrieben. Dieser Aspekt ist bei der Begrenzung des Unterhalts nach § 1578b BGB besonders zu berücksichtigen und zwar im Lichte der sonst in dieser Vorschrift genannten Aspekte. Beispielsweise fällt eine lange Ehedauer bei der Begrenzung von Krankheitsunterhalt stärker ins Gewicht als bei der Begrenzung von Aufstockungsunterhalt. Je länger die Ehe dauerte und je länger der berechtigten des Krankheits-Unterhaltsanspruchs Kinder betreute, desto umfangreicher ist auch nacheheliche Solidarität geschuldet.

Zur Ermittlung des angemessenen Lebensbedarfs (also desjenigen, der Maßstab des herabgesenkten Unterhalt ist) kann beim Krankheitsunterhalt nur auf das Einkommen abgestellt werden, dass der Kranke Unterhaltsberechtigten ohne Ehe und Kindererziehung (aber mit Krankheit) haben würde.

Ist er krankheitsbedingt zu keiner Erwerbstätigkeit mehr in der Lage, kann nicht auf ein fiktives Einkommen eines Gesunden abgestellt werden. Der angemessene Lebensbedarf ergibt sich dann aus der Höhe der Erwerbsunfähigkeit-Rente. Ist der Berechtigte noch teilweise erwerbsfähig und hat er (neben den krankheitsbedingten Nachteilen auch) ehebedingte Nachteile, können diese im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu Gunsten des Berechtigten berücksichtigt werden.

In jedem Falle darf der Bedarf an das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten nicht unterschreiten. Dieses darf pauschaliert werden auf den notwendigen Selbstbehalt eines nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen, also derzeit auf 770,00 €.

Hat der Unterhaltsberechtigte Einkünfte, die den angemessenen Unterhaltsbedarf erreichen, kann der Krankheitsunterhalt befristet werden (angemessene Übergangszeit!). Unterschreiten die Einkünfte jedoch den angemessenen Unterhaltsbedarf, scheidet eine Befristung regelmäßig aus. Jedoch kann der Unterhalt dann der Höhe nach auf die Differenz zwischen erzieltem (oder erzielbaren) Einkommen und den angemessenen Bedarf herabgesetzt werden.

Beim Setzen von Übergangsfristen ist zu berücksichtigen, inwieweit sie vor oder nach Änderung der Rechtslage absolviert wurden. Denn vor Änderung der Rechtslage durfte der Unterhaltsberechtigte auf den Fortbestand seines Anspruchs vertrauen. Erst danach musste er sich auf eine Begrenzung einrichten.

Hat die Ehe länger als 20 Jahre gedauert und war die Rollenverteilung so, dass der Unterhaltsberechtigte auf weitere ständige Unterstützung vertrauen durfte, ist eine Befristung von Krankheitsunterhalt in der Regel abzulehnen.