Mittwoch, 2. Februar 2011

BVerfG: Im Sorgerechtsverfahren darf den Eltern nicht auferlegt werden, eine Psychotherapie zu absolvieren

Das OLG Frankfurt (Urteil vom vom 6. Mai 2010 - 3 UF 350/08) hatte der Mutter, der das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder entzogen war, auferlegt, „die bereits begonnene Psychotherapie bis zu dem Zeitpunkt fortzusetzen, den das Jugendamt – in Abstimmung mit dem jeweiligen Therapeuten – als erforderlich ansieht“. Darin sah das BVerfG einen Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht gem Art 2 GG.
Mit Urteil 1 BvR 1572/10 vom 01.12.2010 stellte das BVerfG fest: "Eine psychotherapeutische Behandlung erfordert regelmäßig eine stete Analyse der seelischen Verfassung und persönlichen Denkweisen des Patienten durch den Therapeuten und verlangt vom Patienten seinerseits eine intensive Auseinandersetzung mit sich selbst. Sie berührt damit den höchstpersönlichen, durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Lebensbereich des Betroffenen. Dieser umfasst auch den Willen und die Entscheidung des Einzelnen, sich einer psychotherapeutischen Einflussnahme auf die eigene Persönlichkeit zu unterwerfen oder aber dies nicht zu tun.
Wird jemand kraft gerichtlicher Anordnung verpflichtet, sich einer Psychotherapie gegebenenfalls auch gegen seinen Willen zu unterziehen, greift dies in das Recht auf Achtung seiner Privatsphäre ein".
Zwar erlaube § 1666 BGB Eingriffe in die elterliche Sorge, wenn das Kindeswohl gefährdet ist und die Eltern in ihrer Schutzfunktion ausfallen.Die Anordnung, dass sich ein Elternteil selbst einer psychiatrischen Therapie zu unterziehen hat, lasse sich jedoch keinem der in Absatz 3 beispielhaft aufgeführten Maßnahmen zuordnen oder sei ihnen vergleichbar.Damit stellt § 1666 BGB keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Anordnung einer solchen Maßnahme dar.

Fokus-Familienrecht Schnell-Info zum Urteil ( zum Vergrößern anklicken):



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