Mittwoch, 20. Oktober 2010

OLG Stuttgart: Der Besitz eines Daimlers ist für eine angemessene Lebensführung nicht zwingend notwendig

Wer ein Oberklassen-Fahrzeug von einigem Wert - im vorliegenden Fall einen Mercedes 280 - sein Eigen nennt, der ist grundsätzlich verpflichtet, es zur Prozessfinanzierung zu veräußern, ein kostengünstigeres Fahrzeug anzuschaffen und von der Differenz seinen Anwalt zu bezahlen. Das hat das OLG Stuttgart jetzt entschieden.
Der Antragsteller hatte PKH beantragt und geltend gemacht, er könne seinen Wagen nicht entbehren; er brauche den Mercedes, um seine Kinder in die Schule zu fahren, außerdem einmal wöchentlich seine jüngste Tochter zum Vereinssport. Das ließ das OLG Stuttgart in seinem Beschluss vom 09.04.2010, Az. 13 W 17/10 = FamRZ 2010, 1685 nicht gelten. Der Verlust des Fahrzeugs stelle keine unzumutbare Härte i.S.v. § 90 Abs. 3 SGB XII dar. Die angemessene Lebensführung werde für den nicht wesentlich erschwert, der keinen Mercedes 280 mehr sein Eigen nenne.
Weder habe der Antragsteller schlüssig dargetan, warum Schulweg und Weg zum Sport nicht auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden können, noch sei ersichtlich, warum es nicht möglich sein solle, den Wagen zu verkaufen, ein kleineres Fahrzeug anzuschaffen und von der Differenz den anstehenden Prozess zu finanzieren.

Auf eine Entscheidung des OLG Koblenz v. 16.02.2004, Az. 13 WF 88/04 hingewiesen, äußerte das OLG Stuttgart, irgendwie habe das OLG Koblenz es damals für notwendig gehalten, die Kinder mit einem 9.700,00 € teuren Wagen zur Schule zu fahren. Hier sehe das Gericht die Notwendigkeit nicht.

Anmerkung: Geißler kommentiert dieses Problem im Handbuch des Fachanwalts Familienrecht dahingehend, dass der Verkauf älterer Fahrzeuge möglichst nicht verlangt werden solle, vgl. Gerhardt/Geißler, 16 Kap. Rz. 80, Stichwort "PKW". Was "älter" ist, definiert er nicht.

Fokus-Familienrecht Schnell-Info zum Urteil (zum Vergrößeren Anklicken):




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