Der Anwalt hatte seine Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil versehentlich beim falschen Landgericht eingelegt - allerdings so frühzeitig, dass das unzuständige Gericht die Berufung noch rechtzeitig an das zuständige Gericht hätte weiterleiten können. Das zuständige Gericht war auch einfach zu ermitteln, da das Erstgericht in der Berufungsschrift dreimal genannt worden und überdies das Ersturteil in Kopie beigefügt war.
Trotzdem leitete der unzuständige Vorsitzende die Berufungsschrift nicht weiter, sondern stellte an den Berufungsgegner zu und wies erst drei Monate später auf die Unzuständigkeit hin. Der Berufungsführer nahm die Berufung zurück, legte sie beim zuständigen Gericht ein und beantragte Wiedereinsetzung, die das Landgericht nicht gewährte, der BGH im Rahmen der Rechtsbeschwerde mit Urteil vom 20.04.2011, Az. VII ZB 78/09 jedoch schon ( Leitsatz vgl. FamRZ 2011, 1052).
Er hielt fest, dass die Berufung so rechtzeitig eingelegt worden war, dass das unzuständige Gericht die rechtzeitige Einlegung beim zuständigen Gericht noch hätte veranlassen können. Insoweit bestand ausnahmsweise eine Fürsorgepflicht des unzuständigen Richters, weil die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts "ohne weiteres" und "leicht und einwandfrei" zu erkennen war. Es wäre mit einfachen Mitteln möglich gewesen, die Berufungsschrift im Rahmen des normalen Geschäftsgangs an das zuständige Gericht weiter zu leiten. Geschah dies nicht, waren die Rechte des Berufungsführers auf ein faires Verfahren verletzt und die vorangegangene Pflichtverletzung des Anwalts ( § 85 II ZPO) wirkte sich nicht mehr aus.
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