Mittwoch, 6. Juli 2011

Nichtehelicher Vater verstorben - Feststellung der Vaterschaft (und des Pflichtteilsrechts) auch post mortem gegen den Willen der Verwandten möglich.

Der vermutliche Vater war bereits verstorben und feuerbestattet worden. Nun wollte der nichteheliche Sohn die Vaterschaft festgestellen lassen, um an den Pfichtteil zu kommen.

Der Putativ-Vater hatte praktisch zwei Familien: Eine mit der Frau, mit der er verheiratet war, und dort gab es eine Tochter; und eine mit einer weiteren Frau, mit der er einen Sohn, den Kläger hatte. In beiden Familien ging er als Familienvater ein und aus, was auch sämtlichen Beteiligten bekannt war.

Dem nichtehelichen Sohn versprach er, ihn im Testament zu berücksichtigen und dadruch klarzustellen, dass er sein Vater sei. Daher ließ der Sohn zu Lebzeiten die Vaterschaft nicht feststellen, um kein böses Blut in die Gemengelage der zwei Familien zu bringen. Der Vater jedoch machte kein Testament sondern einen Ehevertrag mit seiner ihm angetrauten Frau, in dem er seinen Nachlass unter Ausschluss des Sohnes regelte.

Nun wollte der in zwischen 23-jährige post mortem Sohn die Vaterschaft festgestellt haben, um wenigstens an den Pflichtteil zu kommen.
Das Gericht ordnete an, die eheliche Tochter habe zum Zwecke des Erbgutvergleichs für eine Blutentnahme zur Verfügung zu stehen. Diese weigerte sich mit dem Hinweis, die Maßnahme sei nicht zumutbar i.S.v. § 178 I FamFG: Der Sohn habe mit der Feststellung zu lange gewartet und man könne ihr nicht zumuten, als Beweismittel gegen ihre Mutter zur Verfügung zu stehen, die als Alleinerbin nun plötzlich den Pflichtteil auszahlen müsse.

Das sah das OLG München (Urteil vom 27.06.2011, Az.: 33 UF 942/11 = BeckRS 2011, 17483) anders. Es folgte den Argumenten der Tochter nicht.Grundsätzlich habe der Kläger ein Recht auf Feststellung seiner familiären Verhältnisse. Da eine Blutentnahme die sicherste Möglichkeit der Feststellung sei, sei sie auch zumutbar, wenn für ihre Unzumutbarkeit nicht konkrete Tatsachen vorgetragen würden. Vermögensnachteile, die aus der geänderten Erbfolge entstehen, seien bei der Zumutbarkeitsabwägung grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Der Schutz der Ehe müsse im Übrigen hinter dem ebenso verfassungrechtlich garantierten Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung zurückstehen.